Der Kaiser und der Titel: „Dann wird’s halt ein anderer“

Während Klubchef Karl-Heinz Rummenigge weiter die Meisterschaft als Ziel des FC Bayern ausgibt, nimmt Franz Beckenbauer die Krise ungewohnt locker.


FRANKFURT Torwandschießen soll eine Männerdomäne sein? Weit gefehlt. Nicht mal die absurden Varianten nach Beckenbauer’scher Art, etwa vom Weißbierglas aus wie anno 1994 erfolgreich praktiziert. Was ein Kaiser kann, kann seine Gemahlin schon lange. Seine Ehefrau Heidi Burmester trat am Samstagabend mit weißen Stöckelschuhen an. Wer ko, der ko.

Beim 29. Sportpresseball in der Alten Oper in Frankfurt wurde Franz Beckenbauer – nun auch offiziell, wenn’s denn das noch in dieser Form gebraucht hat – zur „Legende des Sports“ ernannt. Er steht laut Jury nun in einer Reihe mit Handball-Bundestrainer Heiner Brand, Tennis-Ikone Boris Becker und Ex-Nationalkeeper Oliver Kahn. „Ich bin stolz auf diese Auszeichnung, sagte Beckenbauer, „für mich sind aber Pele, Muhammad Ali und Jack Nicklaus die größten Sportlegenden.“


Dass sein FC Bayern am Nachmittag beim 3:3 in Mönchengladbach den Sieg leichtfertig-dilettantisch verschenkt hatte? Dem Franz war’s offenbar einerlei. „Ein Unentschieden ist zu wenig. Gegen Gladbach musst du gewinnen“, meinte er, erwiderte aber auf die Frage, ob es dies nun gewesen sei mit der Meisterschaft: „Dann wird's halt ein anderer. So schlimm ist das nicht. Der FC Bayern hat die letzten Jahrzehnte so viel geleistet, da kann auch mal ein anderer Meister werden.“

Na also: Geht doch. Die Leichtigkeit des Nicht-Meister-Seins. Freie Fahrt für Borussia Dortmund oder wer auch immer möchte – der Segen vom Franz ist da. Der Ehrenpräsident gibt sich generös, was die Schale betrifft. Bitte, liebe Konkurrenten, nach ihnen. Sätze, die den Bayern-Bossen um Präsident Hoeneß oder den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge nie über die Lippen kommen würden. Ob man denn nun das Saisonziel Meisterschaft korrigieren müsse? Rummenigge im ZDF: „Wir werden nichts korrigieren. Wir werden versuchen, uns in den nächsten Wochen in der Tabelle nach oben zu hangeln. Es sollte sich keiner da oben zu sicher fühlen.“ Als er dies aussprach, presste er die Lippen heftig aufeinander. Der Titel in der Liga, das betonen die Verantwortlichen immer wieder, sei der wichtigste und ehrlichste Titel – außerdem geht es ja um die Qualifikation für die Champions League, also mindestens Platz drei. Da hört der Spaß dann auf.

Beckenbauer amüsierte sich unterdessen beim Sportpresseball in Frankfurt unter dem Motto „Ballzauber – vom Slalom zum Doppelpass“ am Tisch mit Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg und seiner Ehefrau Stephanie. Das Tanzparkett aber betrat Beckenbauer nicht. „Ich bin ein Ballgänger, aber kein Balltänzer.“ Seine Frau Heidi wusste es besser: „Er kann tanzen – dank mir.“

Einer, der eine gute Ausrede fürs Nicht-Tanzen hatte, war Michael Ballack. Er wurde als „Sportler mit Herz“ geehrt, weil er sich als Sonderbotschafter des UN-Programms UNAIDS engagiert. Ballack: „Meine Physiotherapeutin würde Purzelbäume schlagen, wenn ich hier tanzen würde.“ Der Ex-DFB-Kapitän laboriert an einem Bruch des Schienbeinköpfchens, immerhin kann er seit zwei Tagen ohne Krücken gehen.