Bayern München
Grätschen und granteln
Das Lazarett beim FC Bayern lichtet sich. Ribéry, Contento, Breno und van Bommel kehren vor dem Duell mit Nürnberg am Sonntag (17.30 Uhr) zurück. Vor allem der Niederländer steht in München gleich im Mittelpunkt der Debatten.


14. November 2010

Karl-Heinz Rummenigge genoss in diesen Tagen die Mittagspausen. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München setzte sich in der Kantine an einen der Tische an der großen Fensterfront und beobachtete das Training der Profimannschaft. Er sah dabei Spieler, denen er zuletzt meist nur auf der Tribüne der Münchner Arena oder auf der Geschäftsstelle begegnet war, aber die schon lange nicht mehr im Trikot auf dem Fußballplatz standen.

In dieser Woche meldete sich ein Großteil der Verletzten wie Mark van Bommel, Franck Ribéry, Diego Contento und Breno zurück. Nur Holger Badstuber und Miroslav Klose sowie die Langzeitverletzten Arjen Robben und Ivica Olic fehlen noch im Mannschaftstraining. Es sei „unglaublich engagiert zur Sache gegangen“, stellte Rummenigge erfreut fest. „Das heißt, dass für das Spiel gegen Nürnberg am Sonntag etwas Optimistisches zu erwarten ist.“


Den Trainingsstreber gab dabei van Bommel. Der Kapitän, der nach vierwöchiger Pause wegen eines Faszienrisses zurückkehrte, ließ die Kollegen gleich mal spüren, wer der Chef auf dem Platz ist. Zuerst war Anatoli Timoschtschuk, gegen Mönchengladbach sein guter Stellvertreter im defensiven Mittelfeld, dran. Der Ukrainer hatte es gewagt, sich über ein Foul des Kapitäns zu beschweren. Es kam zu einem Gerangel und einem Wortgefecht zwischen den beiden.
„Sie sind medizinisch fit, aber nicht spielfit“

Dann grätschte van Bommel Ribéry ab. Der Franzose reagierte allerdings im Gegensatz zu Timoschtschuk ganz gelassen. Schließlich monierte van Bommel im Trainingsspiel noch ein Foul an einem Kollegen, worauf ihn Louis van Gaal abkanzelte: „Ich bin hier der Trainer, nicht Sie.“


Es dürfte aber wohl kaum mit van Bommels übertriebenem Trainingseinsatz zu tun haben, wenn er an diesem Sonntag nicht von Anfang an dabei sein sollte. Van Gaal gefiel das Engagement seines Kapitäns ebenso wie das der Kollegen. „Das Training war so aggressiv, es war schön anzuschauen.“ Wer den Holländer kennt, weiß, dass er die Spieler nach längeren Pausen behutsam aufbaut, und das gilt für den Kapitän ebenso wie für Ribéry, Contento und Breno.

Die drei gehören zum Kader für das Duell mit den Franken (17.30 Uhr / FAZ.NET-Bundesliga-Liveticker), dürfen aber höchstens mit einem Kurzeinsatz rechnen. „Sie sind medizinisch fit, aber nicht spielfit“, sagt der Trainer. „Sie können noch nicht 90 Minuten spielen.“ Ribéry kennt den van Gaalschen Integrationsprozess schon. In der vergangenen Saison hatte ihm noch das Verständnis für die stufenweise Eingliederung nach Verletzungen gefehlt, jetzt weiß er, dass er sich erst einmal hinten anstellen muss. Es sei zunächst wichtig, zu trainieren, verkündete er im vereinseigenen Fernsehen brav.
„Ich würde ihm empfehlen, nicht hinzugehen“


An diesem Sonntag werden wohl deshalb zunächst jene elf Spieler antreten, die eine Woche zuvor in Gladbach den Trainer in der zweiten Halbzeit so erzürnt hatten. Aber „es tut der Mannschaft gut“, sagt Bastian Schweinsteiger, dass sich der Kader wieder fülle. Obwohl das zunächst für den ein oder anderen mit Schmerzen und Debatten verbunden war. Es spricht noch etwas anderes dafür, dass sich van Gaal vor allem bei van Bommel genau überlegt, ob er ihn bringt - und wenn, wie lange. Der Kapitän wurde für das Länderspiel der holländischen Nationalmannschaft am kommenden Mittwoch gegen die Türkei nominiert, und das, noch ehe feststand, ob van Bommel überhaupt fit werden würde bis dahin.

Der Spieler müsse selbst entscheiden, „ob er zur Nationalelf fährt“, sagte Rummenigge. „Ich würde ihm empfehlen, nicht hinzugehen.“ Auf ein Entgegenkommen des niederländischen Fußballverbandes dürfen die Münchner nicht hoffen, denn die Verantwortlichen sind wegen des Streits um Robbens Verletzung ohnehin nicht gut zu sprechen auf Rummenigge und den FC Bayern. Im Gegensatz zu seinem Chef unterstützt Trainer van Gaal einen Einsatz van Bommels für sein Land. „Da bekommt er Spielminuten, die er am Sonntag noch nicht bekommen kann. Und das ist vielleicht ganz gut für ihn.“