Verkaufen!

Seltsam: Bayern-Trainer van Gaal plädiert dafür, dass Schweinsteiger den Klub verlässt – wenn er nicht vorzeitig verlängert: „Wir können nicht einfach 30 Millionen Euro ins Wasser kippen.“


MÜNCHEN Passiert ist am Freitagvormittag folgendes: Trainer Louis van Gaal rät dem FC Bayern, Bastian Schweinsteiger schon nächsten Sommer zu verkaufen – sollte der demnächst signalisieren, seinen Vertrag nicht über 2012 hinaus verlängern zu wollen.

Die Erklärung hat einen kaufmännischen Aspekt: 2012 wäre Schweinsteiger ablösefrei, ein Jahr zuvor könnte der Verein eine spektakulär-hohe Ablösesumme erzielen. Als Aussteller des Überweisungsträgers dürften sich überbieten: Inter Mailand, Real Madrid, der FC Barcelona und Manchester United. Van Gaal sagt: „Fußball ist ein Geschäft, der FC Bayern ein Unternehmen. Wir können nicht einfach 30 Millionen Euro ins Wasser kippen.“


Seine Botschaft war folgende: „Ich habe verlängert. Und ich hoffe, dass er auch verlängert. Das habe ich ihm auch gesagt.“ Wenn er aber nicht die Absicht habe, dann: bye, bye, Schweinsteiger! „Wenn ich Vorstand wäre, würde ich ihn verkaufen. Aber ich bin nicht Vorstand, sondern Trainer.“

Ob das seine späte Rache war? Eine Retourkutsche für die Attacken von Uli Hoeneß vor drei Wochen, die van Gaal mehr getroffen haben als er zugegeben hat? Trotz der eiligst vom Vorstand herbeigeführten Unterredung samt Friedensschluss ist etwas hängen geblieben. Dort die Chefs, hier der Trainer: Zwei Welten.

Oder war es schlicht der Ausdruck der bedingungslosen Überzeugung seiner selbst? „Meine Vereine haben immer viel Geld verdient, ich habe immer auch so gedacht“, betonte van Gaal, „die meisten haben ausgeführt, was ich gemacht habe.“ In seiner ersten Ära bei Ajax Amsterdam zwischen 1991 und ’97 wurden Bergkamp (zu Arsenal) und Seedorf (Milan) sowie Kanu (Inter) gewinnbringend vor Ablauf ihrer Verträge verkauft, in Barcelona von 1997 bis 2000 brachten Ronaldo (Inter), de la Pena (Lazio) und Anderson (Lyon) Millionen.

Bei Bayern lehnte er jegliche Neu-Verpflichtungen im Sommer resolut ab, zum Unbehagen des Vorstands. Doch warum sollte er sich nun um die Finanzen des Vereins sorgen? Zumal er ja mit Schweinsteiger bis Minimum 2012 – so lange läuft auch der Vertrag des Trainers – zusammenarbeiten könnte. Dass der Holländer nun den Druck auf den Mittelfeldspieler erhöht, liegt an seinem ganzheitlichen Prinzip. Alles beeinflusst, alles lenkt ab – Wechselgedanken, Beratergespräche, Verhandlungen, Nachfragen der Presse. Van Gaal will Klarheit.

Und die Bosse etwas ärgern? Kürzlich hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge klipp und klar erklärt: „Ich habe der Schweinsteiger-Seite gesagt, dass wir ihn auf keinen Fall 2011 abgeben. Egal, welche Summen geboten werden. Das ist unser letztes Wort.“ Der Spieler will sich Zeit lassen, 2011 entscheiden. Van Gaal ist das zu spät. Die Bosse dürften darüber wenig amüsiert sein.

Was ihn selbst über 2012 bei Bayern halten könne, wurde van Gaal gefragt: „Die Spieler. Wenn sie mir das Gefühl geben, dann bleibe ich.“ Als ob der Vorstand da nichts zu sagen hätte.

Quelle: AZ