FC Bayern Applaus für alle

Bei der Hauptversammlung des FC Bayern regiert die Harmonie. Trainer Louis van Gaal wird bejubelt, die Basketballer ebenfalls - und sogar für Christian Lell gibt es Applaus.

Uli Hoeneß spricht noch nicht sehr lange, aber jetzt hat er erstmal Pause. Denn es brandet starker Applaus auf in der Olympiahalle, die meisten der 2807 Besucher erheben sich, nicht wenige rufen den Vornamen des Mannes, der nun ebenfalls aufsteht und winkend in den Saal grüßt: "Louuuis!" Es ist also so gekommen, wie Louis van Gaal das vorhersagte, man werde ihm und seinen Spielern zujubeln, hatte der niederländische Fußballlehrer vor der Hauptversammlung des FCBayern gemutmaßt.


Der Versammlungsleiter Hoeneß schaut vorn am Rednerpult über seine Lesebrille hinweg und sieht sich das an, wie van Gaal mehr als wohlwollend empfangen wird nach der namentlichen Begrüßung des Präsidenten, der sich zuletzt mit dem Trainer angelegt hatte.

Damit ist der Trend früh vorgegeben für das alljährliche Familientreffen der Bayern. Brisante Punkte standen nicht auf der Tagesordnung, doch auf die Zwischentöne ist sicher auch Hoeneß gespannt gewesen angesichts der Probleme und Spannungen, mit denen sich der Double-Gewinner und Champions- League-Finalist durch das erste Drittel der neuen Saison geschleppt hat. Zuletzt haben sich die Charakterköpfe aus der Führungscrew und der von der Trainerbank ausgesprochen und wieder angenähert; dass auch die Klubbasis van Gaals Arbeit goutiert, obwohl die Mannschaft momentan nur Tabellenfünfter ist, dürfte die Lage weiter entspannen.


In diesem Sinne sind auch die Einlassungen von Karl-Heinz Rummenigge zu verstehen, der Chef der FC BayernAG bedankt sich "ausdrücklich" bei van Gaal für die zurückliegende Erfolgssaison. Die aktuelle Lage nennt er betont "eine Momentaufnahme", dann widmet er sich dem Trainer. Ein außergewöhnlicher Coach sei das, "aber auch ein besonderer Charakter mit hoher Emotionalität, und manchmal macht das die Dinge auch nicht ganz einfach mit ihm". Die Leute schmunzeln.

Doch Günter Netzer habe neulich betont, fährt Rummenigge fort, "dass die schwierigen Trainer die erfolgreicheren sind" - und auch er bevorzuge diese Kategorie. "Als Feierbiest hat man natürlich die Verantwortung, dass auch im nächsten Jahr wieder gefeiert wird, dementsprechend: Leg' los!", ergänzt Rummenigge, ohne seinen launigen Grundton zu vernachlässigen. Er sei sich ganz sicher, "dass wir mit Louis noch viele Titel gewinnen werden."

Vorweihnachtliche Harmonie, so geht das den ganzen Abend. Applaus für die für die Schachspieler, Kegler und Kunstturner, für die Sekretärin, die das Protokoll führt, für die Basketballer um Trainer Dirk Bauermann, die vollzählig anwesend sind, vor allem aber für den Verkauf des Profifußballers Christian Lell an Hertha BSC; nichts trübt die heile Bayern-Welt. Pfiffe gibt es nur, als im Einspielfilm der frühere Spieler und Trainer Klinsmann zu sehen ist und als der Name eines Münchner Zweitligaklubs fällt, über den Rummenigge sagt, man habe diesem seit 2006 neun Millionen Euro Mietminderung für die Arena gewährt: "Für ihre finanziellen Probleme sind die Löwen selber verantwortlich."


Damit war der Weg endgültig bereitet für Hoeneß, der erstmals seit nach seinem Wechsel vom Managerposten ins Ehrenamt als Sitzungsleiter fungiert und nach zwei Stunden seine programmatische Rede hält. Die Lesebrille lässt er am Tisch zurück, Hoeneß spricht frei. Der Präsident streift all jene Themen, die auch Rummenigge aufgriff, aber mit seinem emotionalen Ton trifft er den Nerv des Vereinsvolks.

Der erste Jubelsturm bricht los, als er sich Bastian Schweinsteiger zuwendet, den sie hier vor einem Jahr noch ausgebuht haben und der inzwischen zu den begehrtesten Objekt des Transfermarktes zählt. "Für den Verein ist es unglaublich wichtig, dass du bei Bayern München bleibst!", ruft er dem umworbenen Nationalspieler zu, der van Gaal und mit den anderen Teamkapitänen Mark van Bommel und Philipp Lahm ganz vorne in Reihe eins sitzt. Jubel, Applaus, alles erhebt sich.

Auf van Gaal lässt Hoeneß diesmal nichts kommen, "wir werden dir alle Unterstützung geben", sagt er und ermuntert den Coach und dessen Männer, "auch in dieser scheinbar aussichtslosen Situation nicht aufzugeben und bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen", um den Titel. Sollte es anders kommen, wird auch Hoeneß damit leben, nur eines gibt er vor: "Wir müssen uns für die Champions League qualifizieren, egal wie", schließlich finde das Finale 2012 in München statt, "da müssen wir dabei sein." Donnernder Applaus, schon wieder.


Danach sind van Gaal und die Spieler entlassen, aber Hoeneß lässt es sich nicht nehmen, sich in große Gefahr zu begeben, um den Schulterschluss zu demonstrieren: Hoeneß beugt sich hinunter vom Podium, er hat etwas Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Aber dann findet er sie, van Gaals Hand.


Quelle: SZ