Bundesliga: FC Bayern Die Reservisten des Generals

Beim FC Bayern gibt es unter Trainer Louis van Gaal eine strikte Hierarchie. Die Ersatzspieler Miroslav Klose und Breno äußern nun überraschend deutlich ihren Unmut über diese Einteilung.

Die Rückennummer 13 hat im deutschen Fußball eine besondere Bedeutung. Max Morlock trug sie beim Wunder von Bern, Gerd Müller erzielte mit dieser Zahl auf dem Trikot das 2:1 im WM-Finale 1974. Rudi Völler spielte ebenso mit dieser Nummer wie Michael Ballack und in diesem Sommer der WM-Torschützenkönig Thomas Müller. Dass die Nummer auch mal auf den Hemden von Uwe Reinders und Karl-Heinz Riedle zu sehen war, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.


Beim FC Bayern trägt derzeit kein Akteur diese Rückennummer. Es mag Zufall sein, könnte aber auch daran liegen, dass es für einen Spieler unter dem Trainer Louis van Gaal kein schlimmeres Schicksal gibt, als die Nummer 13 zu sein. Denn während Stammkräfte wie Philipp Lahm, Mario Gomez und Franck Ribéry nach dem Sieg gegen Hoffenheim bestens gelaunt Interviews gaben und gar übereinander scherzten (Ribéry zu Gomez: "Heute schöne Scheiße gespielt!"), schlurften jene Akteure, denen van Gaal das Vertrauen entzogen hat, relativ trostlos an den Reportern vorbei. Zu motzen begannen sie erst später.

"Es ist keine einfache Situation für mich", sagte Klose dem Kicker. "Im Training habe ich gezeigt, dass ich mitspielen und der Mannschaft helfen kann." Der Stürmer wurde gegen Hoffenheim nicht eingewechselt, obwohl die Partie längst entschieden war und der 32-Jährige gerne Spielpraxis und Selbstvertrauen bekommen hätte. "Die Entscheidung trifft der Trainer, ich muss damit umgehen können", sagte Klose und fügte an, dass er dennoch frustriert sei. Noch deutlicher wurde sein Ersatzbank-Nachbar Breno in der tz. "Ich habe keine Lust mehr. Ich habe keine Chance zu spielen. So gefällt mir das nicht." Der 21-Jährige stand lediglich zum Rückrundenauftakt gegen den VfL Wolfsburg in der Startelf des FC Bayern. In den folgenden vier Ligaspielen kam der Innenverteidiger auf lediglich 14 Minuten Einsatzzeit. Louis van Gaal begründete die Degradierung damit, dass Aushilfs-Innenverteidiger Anatolij Timoschtschuk besser beim Spielaufbau sei. Mit einer ähnlichen Begründung übrigens hatte van Gaal Timoschtschuk in der Vorsaison das Vertrauen im defensiven Mittelfeld entzogen.


Es ist für viele Akteure des FC Bayern derzeit keine einfache Situation, weil Trainer Louis van Gaal seinen Kader strikt einteilt in Stammspieler und jene, die nur dann eine Chance auf Einsatzzeit haben, wenn sich ein anderer verletzt. Einzige Ausnahme scheint derzeit Hamit Altintop zu sein, der sich zwar nicht als Stammkraft fühlen darf, aber am Samstag immerhin eingewechselt wurde. Der Türke durfte oft spielen, weil Robben und Ribéry verletzt waren - nun ist er unabhängig von seinen Leistungen wieder Ersatzspieler. Altintop ist quasi die Nummer zwölf in der Hierarchie des holländischen Übungsleiters, alle anderen dahinter die Nummer 13.

Diese strikte Einteilung kann durchaus sinnvoll und erfolgversprechend sein, wenn die Stammelf eingespielt ist und das Vertrauen des Trainers spürt - wie die Rückrunde der vergangenen Saison zeigte. Mit einem von Verletzungen verschontem Kader und einer kaum veränderten Startelf gelang dem FC Bayern eine beeindruckende Siegesserie, die zum Gewinn der deutschen Meisterschaft und des DFB-Pokals führte und dem Verein auch den Einzug ins Champions-League-Finale bescherte.

Die Gefahren dieses hierarchischen Denkens wurden bereits in der Hinserie dieser Saison offenkundig. Aufgrund von Verletzungen tauschte Louis van Gaal nicht nur Spieler aus, sondern schob sie auch in der taktischen Anordnung auf dem Feld umher, dass immer jene elf Spieler auflaufen konnten, die in seiner Hierarchie gerade oben standen. Das führte dazu, dass Timoschtschuk plötzlich Innenverteidiger war, Schweinsteiger offensiver Mittelfeldspieler und Thomas Müller Flügelspieler.

Erschwerend kam hinzu, dass jene Spieler, die in dieser Spielzeit die Stammkräfte zu ersetzen hatten, ohne Selbstvertrauen auf dem Platz standen - wie Präsident Uli Hoeneß schon im Herbst bemerkte. Der Niederländer habe Akteure aus der zweiten Reihe zu lange nicht stark gemacht. Es gebe vier, fünf Spieler, "die hier permanent falsch eingeschätzt werden", sagte Hoeneß damals dem Sender Sky.


Beim FC Bayern gibt es mit Breno, Klose, Daniel Van Buyten, Jörg Butt und Andreas Ottl derzeit zahlreiche unzufriedene Spieler, wenn die verletzten Ivica Olic, Toni Kroos und Diego Contento in den Kader zurückkehren, wird sich Zahl noch erhöhen - und es darf durchaus bezweifelt werden, dass Louis van Gaal für die restlichen Saisonspiele ein Rotationsprinzip einführen wird. Als sicher darf deshalb nur eines gelten: Solange van Gaal Trainer beim FC Bayern ist, wird schon allein aus Aberglauben kein Spieler die Rückennummer 13 haben wollen.


Quelle SZ