Neuer soll um jeden Preis kommen

München - Trotz der überragenden Leistung von Thomas Kraft ist der 22-Jährige im Kampf um die künftige Bayern-Nummer-1 chancenlos. Die tz erfuhr: Manuel Neuer soll unbedingt kommen


Er musste jetzt allein sein. „Ich halte es nicht mehr aus“, erklärte Thomas Kraft, als er als erster Spieler Mittwochnacht das Bankett verließ und sich die Aufzugtür schloss. Irgendwann wurde es auch dem coolen Keeper zu viel. Die Lobeshymnen, die Fragen, der Rummel. Dabei wirkte der 22-Jährige wenige Minuten nach Schlusspfiff in den Katakomben des San Siro noch, als sei er gerade in einer staubtrockenen Uni-Vorlesung gesessen – und nicht wie ein Teufelskerl vor heißblütigen Inter-Fans durch seinen Strafraum geflogen. „Ich kenne Nervosität nicht wirklich. Es war ein sehr schönes Gefühl“, analysierte der Torwart nüchtern seine Glanzleistung. „Ich habe ordentlich gehalten, das ist schon okay, aber überbewerten würde ich das nicht“, meinte Kraft, „es waren auch ein paar Bälle dabei, die ich halten muss“. Aber eben auch Paraden, die an Oliver Kahn zu besten Zeiten erinnerten, die Inters Spieler verzweifeln und selbst den Kaiser staunen ließen.


„Kraft war ein entscheidender Rückhalt“, lobte Franz Beckenbauer. „Er hat sensationell gehalten.“ So drängt sich eine Frage immer mehr auf: Brauchen die Bayern für teures Geld überhaupt Manuel Neuer?Die tz fragte nach bei Beckenbauer – und der spricht sich trotz der kräftigen Lobeshymnen für Neuer aus. „Ich kenne die Gedanken nicht. Grundsätzlich würde ich sagen, wenn ein Manuel Neuer, der für mich der beste Torhüter der Welt ist, irgendwie zu haben ist, musst du ihn nehmen.“
Beckenbauers Begründung: „Die zentralen Positionen sind wichtig. Wenn du dort einen stehen haben kannst mit der Ausstrahlung von Manuel Neuer, dann muss man ihn holen, ganz klar.“ Der Ehrenpräsident ist begeistert vom Schalker – genauso wie Neuers Nationalmannschaftskollege Philipp Lahm. „Thomas Kraft hat ein Riesen-Potenzial“, erklärt auch der Bayern-Kapitän. „Aber man muss auch ganz klar sagen, dass Manuel Neuer bereits bei der WM, in der Bundesliga und in der Champions League bewiesen hat, dass er ein Weltklasse-Torwart ist. Das ist die Ausgangslage.“


Bei Kraft ist dagegen – trotz der starken Leistungen – nicht sicher, wie die Entwicklung weitergeht. „Kraft kann ein Guter werden, aber wer weiß das? Man hat das am Anfang mit Rensing auch geglaubt“, sagt Beckenbauer zur tz. „Er wird Kahn-Nachfolger, Nationaltorhüter hieß es. Das Ergebnis haben wir ja erlebt. Ich weiß nicht, wie es bei Kraft ist“. Natürlich sei der Butt-Nachfolger „anders, viel ruhiger. Rensing war einfach zu unruhig“, so der Kaiser: „Thomas Kraft scheint mir stabiler zu sein.“

Was passiert mit dem Mann aus dem Westerwald? „Es hat ein Gespräch mit seinem Berater Jens Jeremies gegeben. Es liegt jetzt an ihnen“, erklärt Karl-Heinz Rummenigge, der zu den Planungen mit Neuer weiter „keinen Kommentar“ abgibt.

Die tz erfuhr: Trotz der vereinzelten Fan-Proteste gegen das Schalker Urgestein Neuer und Krafts starken Auftritten halten die Bayern an ihren Plänen fest. Manuel Neuer soll um jeden Preis kommen; Kraft ist im Kampf um die künftige Nummer eins im Bayern-Tor chancenlos. Vieles deutet darauf hin, das dies bereits im Sommer 2011 (kostspielig) passieren wird. Im Gegenzug ist ein Wechsel Krafts nach Schalke nicht ausgeschlossen.



TZ