Bastian Schweinsteigers neue Rolle beim FC Bayern

Weiterhin wertvoll, nur anders




Unter Pep Guardiola ist Bastian Schweinsteiger nicht mehr der dominante Part im Bayern-Mittelfeld. Er nimmt seine offensivere Rolle an und zeigt sene Qualitäten. Allerdings fehlt die Konstanz, auch weil der Körper immer häufiger streikt.

Arjen Robben wurde von Alex Ferguson umarmt und musste in allen möglichen Sprachen allen möglichen TV-Anstalten Interviews geben. Javi Martinez bekam von aufgescheuchten spanischen Journalisten Smartphones überreicht, um direkt live allen möglichen spanischen Radio-Anstalten zu erklären, warum er jetzt Champions-League-Sieger ist.

Robben und Martinez hatten dem FC Bayern München den wichtigsten Titel im Vereinsfußball beschert; der eine durch sein entscheidendes Tor, der andere durch seine starke Leistung als Stabilitätsanker im defensiven Mittelfeld.

Für Matthias Sammer war an jenem Mai-Abend in London aber ein anderer Spieler hauptverantwortlich für den Triumph über Borussia Dortmund: Bastian Schweinsteiger.

"Wir hatten in den ersten 20 Minuten große Probleme, weil Dortmund energisch gepresst und dadurch frühe Ballverluste provoziert hat. Und dann hat Schweinsteiger entschieden, sich zwischen die Innenverteidiger fallen zu lassen, um so unser Aufbauspiel effektiver gegen das Pressing zu machen. Ich habe ihm gesagt: 'Du hast dich aufgeopfert, um im Aufbauspiel unsere Innenverteidiger zu schützen'", sagte Sammer.
"Manchmal auf das eigene Wohl verzichtet"

Schweinsteiger hatte die Probleme erkannt und gehandelt, ohne sich vorab explizit die Erlaubnis von Trainer Jupp Heynckes eingeholt zu haben. Schweinsteiger ergriff die Initiative - zum Wohl des FC Bayern.

"Ich habe immer versucht, für den FC Bayern das Maximale rauszuholen und vielleicht auch manchmal auf das eigene Wohl verzichtet", sagte er am Dienstag bei "Sport1".

Entsprechend fügt sich Schweinsteiger auch dem Entwurf von Pep Guardiola, der Schweinsteiger beim FC Bayern in einer anderen Rolle sieht als seine Vorgänger Jupp Heynckes oder Louis van Gaal.

In der letzten Saison war Schweinsteiger der dominante Part im Bayern-Spiel. Er war der Spieler, der den Ball von der Viererkette abholte, um Angriffe mit präzisen Pässen, gerne auch mit risikoreichen Diagonalbällen einzuleiten. Mit Martinez hatte er den perfekten Partner an seiner Seite.

Die Position des Aufbauspielers, der sich wie Schweinsteiger im Champions-League-Finale zwischen die beiden Innenverteidiger schiebt und so das Spiel vor sich hat, gibt es bei Guardiola auch; sie ist sogar existentiell.

"Ich habe ein besonderes Faible für Mittelfeld- und vor allem für Aufbauspieler. Ich liebe das Aufbauspiel", sagte Guardiola bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte als Bayern-Coach.

"Viele Gegner attackieren unsere Innenverteidiger oft mit einem Stürmer und mehreren offensiven Mittelfeldspielern. Unsere Verteidiger haben den Ball dann zu oft zum Torhüter gepasst. Deshalb ist es wichtig, dass sich der Aufbauspieler zwischen die Innenverteidiger schiebt", so Guardiola.

Diese Rolle übernimmt seit einiger Zeit aber nicht Schweinsteiger, sondern Philipp Lahm. Den Kapitän bezeichnet Guardiola als "intelligentesten Spieler, den ich jemals trainiert habe."
Guardiola: "Besser als Philipp kann man da nicht spielen"

Anders als Heynckes reicht Guardiola ein Sechser, er will mehr Dynamik, mehr Bewegung, weniger Tempoverschleppung. Er sieht in Lahm den idealen Spieler zwischen der Viererkette und den offensiven Mittelfeldspielern.

"Bis jetzt hat Philipp mir gezeigt, dass es nicht möglich ist, auf dieser Position besser zu spielen. Im Spielaufbau und im Defensivverhalten ist es nicht möglich besser zu spielen", sagte Guardiola vor dem Leverkusen-Spiel.

Der Coach hat auch nicht vor, dies zu ändern. "Philipp wird noch viele, viele Spiele auf dieser Position machen. So lange bis Martinez und Thiago zurückkommen."

Für Schweinsteiger bleibt eine offensivere Position im Zentrum, auf der er sich noch nicht so wohlfühlt wie auf der Sechs. Er sieht seine Leistungen selbst kritisch, spricht bei "Bild" von einem "schwankenden Niveau" als Folge seiner Operation am Sprunggelenk im Sommer.

In dem einen oder anderen Bundesliga-Spiel wie zuletzt gegen Hertha BSC oder davor gegen Mainz 05 kam Schweinsteiger nur langsam in die Gänge, war öfter mal einen Schritt zu spät und zeigte auch im Passspiel ungeahnte Mängel.

"Es nervt mich, dass ich noch immer nicht kontinuierlich abrufen kann, was in mir steckt und was mein Kopf eigentlich vorhat", so Schweinsteiger. Sein Sprunggelenk sei nicht immer voll belastbar. "Es gibt Phasen, da fühlt es sich richtig gut an. Dann stehe ich in der Früh auf und fühle mich super. Dann kann ich richtig gut abspringen und richtig gut schießen."
Kurzpassinstanz in des Gegners Hälfte

Wie gut Schweinsteiger trotz fehlender körperlicher Frische auch auf seiner neuen Position funktionieren kann, zeigte er bei den Spielen auf Schalke, in Manchester und Leverkusen. Als Kurpassinstanz tief in der gegnerischen Hälfte. Dort, wo der Gegner die Räume dicht macht, wo Kombinationsfußball besonders kompliziert ist und wo die meisten Mannschaften ihr Spiel längst nach außen verlagert haben, hat Schweinsteiger geschickt Bälle verteilt.

Seine Passquote unterscheidet sich nicht von letzter Saison, mit erneut über 90 Prozent angekommener Pässe bleibt Schweinsteiger auf konstant hohem Niveau. Die Opta-Statistik weist bei gewonnenen Tacklings eine Erfolgsquote von 100 Prozent auf.

"Bastian wird für unser Spiel immer wichtig sein. Er spielt seine Rolle im Mittelfeld sehr gut", sagt Guardiola.

Ob Schweinsteiger auf Dauer unverzichtbar für den Trainer Guardiola sein wird, lässt sich erst beantworten, wenn alle Spieler wieder fit sind, die Schweinsteiger den Platz streitig machen könnten. Martinez feierte gegen Berlin sein Comeback, Thiago wird bald wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

Der internen Konkurrenz war Schweinsteiger in den letzten Jahren immer mindestens einen Schritt voraus. In dieser Saison muss er stärker um seinen Platz kämpfen.

Quelle: spox.com
https://www.spox.com/de/sport/fussball/bu...oos-thiago.html


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)