Die neue Rolle von Javi Martinez

Auf Bielsas Spuren


In der Triple-Saison war Javi Martinez das Puzzle-Stück zum Glück. Unter Pep Guardiola ist der 40-Millionen-Mann nicht mehr der Abfangjäger des FC Bayern im Mittelfeld. Er muss sich mit seiner neuen Rolle in der Innenverteidigung anfreunden. Auch gegen Manchester United



Spiel eins nach der Meisterschaft war eine Zwischenstation. Ein weiterer Test für das Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester United. Vor allem für die Spieler aus der zweiten Reihe, die sonst eher im Hintergrund stehen und nicht so viel Einsatzzeit bekommen.

Nach dem Spiel war von der Meisterschaft ohnehin keine Rede mehr. Das beherrschende Thema war die Verletzung von Thiago. Bis zu acht Wochen soll der Spanier ausfallen. Ein herber Verlust für die Münchner, ohne Zweifel. Aber es steht auch außer Frage, dass der FC Bayern in seinem Kader noch ein paar Spieler finden wird, die diesen Ausfall kompensieren können.

Im Old Trafford könnte das Mittelfeld mit Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos allein aus deutschen Nationalspielern bestehen. Nur einer scheint im Moment für einen Posten im Mittelfeld nicht in Frage zu kommen: Javi Martinez.

Ersatzmann für Dante

Der spanische Nationalspieler, der im Sommer 2012 für 40 Millionen Euro von Athletic Bilbao nach München wechselte, wird gegen United den gesperrten Dante in der Innenverteidigung ersetzen. Eine Position, die ihm unter Pep Guardiola immer häufiger zufällt.

In der Liga kam er in der Rückrunde in sechs Spielen vier Mal über 90 Minuten als Innenverteidiger zum Einsatz. Nur gegen Nürnberg und Wolfsburg wurde er bei Führung fürs defensive Mittelfeld eingewechselt.

Auch in der Champions League wurde er im Rückspiel gegen Arsenal als Innenverteidiger aufgeboten, im Hinspiel begann er zwar im Mittelfeld, wurde zur Halbzeit in Überzahl aber nach hinten beordert.

Martinez macht Mitspieler besser

Es ist eine Saison voller Verletzungen, die Martinez noch nicht so in Schwung haben kommen lassen, wie in der vergangenen Saison. Unter Jupp Heynckes war Martinez als defensiverer Part an der Seite von Bastian Schweinsteiger gesetzt.

Er ist der Typ Spieler, der andere Spieler um ein paar Prozent besser macht, weil er für sie den Dreck wegräumt. Zwar verrichtet er seine Arbeit meist im Verborgenen, aber für erfolgreiche Mannschaften sind diese Teamplayer unverzichtbar.

Weder Luiz Gustavo noch Anatolij Tymoschtschuk hatten in den Jahren zuvor die Klasse, um Schweinsteiger derart zu entlasten, noch das Spiel des FC Bayern auszubalancieren. Martinez war für das Gleichgewicht der Triple-Sieger essentiell. Puzzle-Stück zum Glück, das ein Jahr zuvor noch gefehlt hat.

Entscheidend in Wembley

Es waren auch seine Aggressivität, seine Grätschen und sein Wille, der die Bayern im Champions-League-Finale in Wembley aus der Lethargie rissen und erst richtig ins Spiel brachten. Er zeigte genau die Eigenschaften, die Heynckes und Matthias Sammer schon bei seiner Vorstellung im Augsut 2012 in der Allianz Arena priesen: Charakter, Robustheit und Siegermentalität. Und das alles zum Wohle der Mannschaft.

Auch wenn Martinez in seiner Endphase in Bilbao von Guardiolas Freund und Mentor Marcelo Bielsa bevorzugt im Mittelfeld eingesetzt worden war, war klar, dass die Bayern ihn für die Position vor der Abwehr verpflichtet hatten. Heynckes und Sammer priesen ihn unisono als einen der besten Spieler auf der Position weltweit.

Guardiolas Allzweckwaffe

Guardiola verzichtet meist auf diese Qualitäten im Mittelfeld. Er will Martinez immer öfter als Innenverteidiger sehen. "Der Trainer schätzt Javis Qualitäten in der Innenverteidigung wegen seiner Zweikampf- und Kopfballstärke hoch ein. Und wenn er fit ist, verfügt er auch über die nötige Schnelligkeit", sagt Sammer.

Martinez ist für Guardiola kein Mittelfeldspieler in seinem Sinne. Er ist vielmehr eine Allzweckwaffe. In Dortmund hat er ihn als Pressing-Wellenbrecher auf der Zehn ausprobiert. Beim europäischen Supercup gegen den FC Chelsea warf er ihn als Stürmer ins Getümmel.

Martinez hat die verschiedenen Anforderungen gemeistert, aber seine große Stärke ist und bleibt der Zweikampf, das Erobern von Bällen.

Andere Qualitäten, neue Balance


Für Guardiola sind Mittelfeldspieler in erster Linie aber nicht zum Erobern, sondern zum Erhalt von Bällen zuständig. Er liebt den kleinen, wendigen Spielertyp wie Thiago oder Philipp Lahm. Am liebsten würde er mit elf Mittelfeldspielern auflaufen.

Über Martinez sagt Guardiola: "Manchmal kann er im Mittelfeld spielen. Aber ich habe viele Mittelfeldspieler mit anderen Qualitäten."

Wenn das Spiel nach Guardiolas Vorstellungen verläuft, ist ein Abfangjäger wie Martinez im Mittelfeld nicht nötig. Das Spiel wird durch Ballbesitz und Rhythmuswechsel kontrolliert, der Ballverlust soll eigentlich nicht eintreten, aber im Ernstfall durch tiefes Gegenpressing ausgemerzt werden.

Falls das schnelle Rückerobern des Balles mal nicht klappt, reichen Verteidiger noch immer in der letzten Linie. Die Balance der Bayern unter Guardiola ist eine andere als die unter Heynckes. Der Härtetest auf internationalem Niveau steht in den kommenden Wochen an.

Quelle: Spox.com


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)