Vor dem Bundesliga-Auftakt gegen Wolfsburg
Bayern starten mit Sorgen und dickem Konto

Der FC Bayern München, der große Titelfavorit, wirkt angeschlagen. Beim Bundesligastart gegen Wolfsburg fehlen wichtige Spieler, was auch die neue Taktik infragestellt. Hoffnung bereitet dagegen der Kontoauszug.



Markus Gisdol, Trainer der TSG 1899 Hoffenheim, tanzt aus der Reihe. "Ich tippe auf Dortmund." Gefragt worden war nach dem Meisterschaftsfavoriten. Gisdol steht alleine da. Alle seiner Trainerkollegen aus der Bundesliga, die sich zur Favoritenfrage geäußert haben, nennen den FC Bayern. Sie verweisen beispielsweise auf den "besten und ausgeglichensten Kader" (Jos Lukuhay), den "Topspieler Robert Lewandowski" (Lucien Favre) und "perfekte Voraussetzungen" (Robin Dutt). HSV-Trainer Mirko Slomka sieht auch die schwierige Vorbereitung, die für die vielen WM-Fahrer extrem kurz war, nicht als Nachteil. Nach dem WM-Titel könne man davon ausgehen, "dass die Spieler mit noch größerem Selbstvertrauen an den Start gehen werden."

Die Saison beginnt für den FC Bayern am Freitag um 20.30 Uhr mit dem Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg, live zu sehen im Ersten und im Livestream auf sportschau.de. Viele Experten zählen den VfL zu den Kandidaten um die Champions-League-Plätze, die Bayern beginnen also mit einem echten Härtetest. "Wir wissen, dass die Leute auf einen schlechten Start warten", sagte Lahm. "Aber das kenne ich schon seit zehn Jahren."

Auch Ribéry fehlt

Es ist allerdings auch lange her, dass die Münchner so viele Problem gleichzeitig bewältigen mussten wie derzeit. Die WM-Fahrer Philipp Lahm, Manuel Neuer, Jerome Boateng, Thomas Müller, Mario Götze, Dante und Arjen Robben können angesichts ihrer kurzen Vorbereitung noch nicht bei 100 Prozent sein, Boateng ist überdies gegen Wolfsburg gesperrt. Bastian Schweinsteiger wird mit seiner Knieverletzung noch einige Wochen fehlen, Javi Martinez mit seinem Kreuzbandriss sogar noch Monate. Weil auch Thiago (Innenbandriss im Knie) und Rafinha (Außenbandriss) noch länger ausfallen werden, gehen Trainer Pep Guardiola die Alternativen aus. Gegen Wolfsburg wird ihm auch der Franck Ribéry wegen Problemen an der Patellasehne fehlen.

Guardiola muss improvisieren. Sein ursprünglicher Plan war, eine Dreier-Abwehrkette mit Javi Martinez als zentralem Spieler zu etablieren. Diese Variante hatte im Pokalfinale gegen den BVB bestens funktioniert, fällt nun aber wegen Martinez' schwerer Verletzung aus. Wenn Guardiola bei der Dreierkette bleibt, wird er wohl Dante und den wiedererstarkten Holger Badstuber aufstellen. Für den dritten Platz sind Zugang Sebastian Rode und Pierre-Emile Höjbjerg Kandidaten, aber keine Optimallösungen. So wird es schwierig, das neue System zu etablieren. Lahm wird wegen der vielen Ausfälle im Mittelfeld gebraucht, wo auch der Abgang von Toni Kroos zu Real Madrid eine Lücke gerissen hat. Es ist gut möglich, dass Guardiola wieder auf eine Viererkette umstellt. "Ich will nichts von meinen Spielern verlangen, was für sie unangenehm ist."

Iturraspe? Benatia? Godin?

Guardiola fordert nun Verstärkungen, vor allem für die Abwehr. Die gute Nachricht: Die Kasse ist nach den Verkäufen von Mario Mandzukic (22 Millionen Euro) und Toni Kroos (30 Millionen Euro) prall gefüllt. Von den vier Zugängen haben nur Torwart Pepe Reina (3 Millionen Euro) und Außenverteidiger Juan Bernat (10 Millionen Euro) Ablöse gekostet. Jetzt schießen Gerüchte ins Kraut: Die Abwehrkandidaten für die Bayern heißen etwa Ander Iturraspe von Athletic Bilbao, Mehdi Benatia vom AS Rom oder Diego Godin von Atletico Madrid. Immer wieder fällt auch der Name Sami Khedira, der bei Real Madrid im extrem gut besetzten Mittelfeld wohl kaum noch Chancen hat. Besonders Ehrenpräsident Franz Beckenbauer würde Khedira gerne beim FC Bayern sehen.

Ansonsten reiht sich Beckenbauer ein in die Reihe der Mahner. "Man weiß ja, wenn die Deutschen mit einem großen Anteil von Bayern-Spielern Weltmeister geworden sind, dann hat es meistens in der Folgesaison nicht geklappt", sagte er dem Pay-TV-Sender "Sky". "Sie werden sich schwer tun. Es wird zäh werden, bis die Weltmeister ihren Rhythmus haben." Beckenbauer sieht Dortmund derzeit im Vorteil. "Im Supercup waren sie in allen Belangen überlegen. Das habe ich selten gesehen, die Dortmunder Form war sehr beeindruckend." Nach der 0:2-Niederlage gegen den BVB sagte auch Guardiola: "Ich bin sicher, wir werden bis zur Winterpause ein bisschen Probleme haben."

Schwieriges Auftaktprogramm

Der FC Bayern hat trotz der vielen Ausfälle immer noch die wohl beste Startelf der Liga, außerdem wirkt der neue Stürmerstar Lewandowski topfit. Aber nach dem Triple 2013 und der frühesten Deutschen Meisterschaft aller Zeiten 2014 hängt die Messlatte extrem hoch. Eine Serie von 53 Bundesligaspielen ohne Niederlage, wie sie die Bayern von 2012 bis 2014 hinlegten, ist derzeit außer Reichweite. Das Auftaktprogramm ist schwierig, die ersten Gegner heißen Wolfsburg, Schalke und Stuttgart. An ihnen liegt es, die Gunst der Stunde zu nutzen.


Quelle: sportschau.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)