Die Verletzten-Situation beim FC Bayern

Die acht Fragezeichen

Vom Kreuzbandriss bis zur gereizten Patellasehne: Die Personallage beim FC Bayern ist nach der WM weiterhin angespannt. Wie geht es Thiago? Wann kommt Robben zurück? Und wie steht es um Neuzugang Benatia? SPOX wirft einen Blick ins Münchner Lazarett.



Javi Martinez:
Sein Riss des vorderen Kreuzbands im rechten Knie war erst der Auslöser für die große Münchner Transfer-Offensive. Mittlerweile hat Martinez, der vor der Saison als neuer Abwehrchef auserkoren worden war, eine erfolgreiche und gut verlaufene OP bei Kniespezialist Dr. Richard Steadman in Vail/Colorado hinter sich. Anfang September kam der Spanier zurück nach München und gab sich genauso kämpferisch wie schon direkt nach seiner Verletzung. "Ich fühle mich gut und bin guter Dinge. Mein Knie fühlt sich jeden Tag ein bisschen besser an", berichtet der 26-Jährige, der spürt, wie sein Knie "auf den Eingriff reagiert".

Bis zu seinem Comeback werden aber noch einige Monate vergehen. Bis dahin stehen zunächst leichte Übungen zur Mobilisierung des operierten Gelenks, erste Streck- und Beugebewegungen sowie viel Kühlung auf dem Plan, wie der Rekordmeister verkündete. Neben dem Oberkörpertraining genießt für Martinez jetzt die richtige Ernährung oberste Priorität. "Da meine Beweglichkeit stark eingeschränkt ist, muss ich auf das noch mehr Wert legen."

Franck Ribery:
In der Vorbereitung beim Telekom Cup zauberte der Franzose noch und bildete mit Robert Lewandowski ein Traumduo, doch die ersten Pflichtspiele der Saison musste er zuschauen. Schon in der vergangenen Saison hatte der 31-Jährige 17 Spiele verpasst - mal hatte er Probleme mit der Kapsel, dann zwickte es in Po oder Rücken. Diesmal machte dem Franzosen das Knie Probleme, die gereizte Patellasehne verhinderte einen Einsatz gegen Preußen Münster, Wolfsburg oder Schalke.

Doch nach seinem heftig diskutierten Rücktritt aus der Nationalmannschaft, im Zuge dessen UEFA-Präsident Michel Platini seinem Landsmann sogar eine Sperre androhte, hatte Ribery während den Länderspielen Zeit, für sein Comeback zu schuften. Mit Erfolg. Der Trainingsrückstand ist aufgeholt und Ribery fordert schon wieder Rhythmus. "Ich weiß nicht, was der Trainer macht, ob ich vielleicht auf der Bank beginne. Aber ich bin für Samstag zu 100 Prozent fit", meldete sich der Franzose Anfang der Woche bei "FCB TV" bereit.

Arjen Robben:

Eine überragende Saison mit den Bayern, einer der besten Spieler der Weltmeisterschaft - Robben war zum Bundesligastart selbst "überrascht", dass er nach der zurückliegenden Mammutsaison sofort an sein altes Niveau anknüpfen konnte. Mit einem Tor und einer Vorlage wurde er zum Matchwinner im Eröffnungsspiel gegen Wolfsburg, ehe ihn ein Schlag aufs Sprunggelenk ausbremste. Sogar die Länderspielreise musste der Niederländer absagen, dafür gab's intensive Einheiten an der Säbener Straße.

Am trainingsfreien Samstag legte Robben eine Extraschicht im Fitnessbereich mit Ausdauerläufen und Sprints ein und lebte Sammers Ansage für die kommende Woche vor: "Die ganze Konzentration ab dem heutigen Training gilt dem VfB Stuttgart und der persönlichen Fitness." Ob's für Samstag reicht, darf zumindest bezweifelt werden, nachdem der 30-Jährige auch am Montag noch nicht mit seinen Kollegen trainieren konnte. Auch im Hinblick auf das Champions-League-Spiel gegen Manchester City könnte Guardiola Robben noch schonen. Denn wenn der Niederländer fit ist, ist er - vor allem gegen Brocken vom Format der Sky Blues - im Angriffsspiel der Münchner unverzichtbar.

Bastian Schweinsteiger:
Mit seinem unvergesslichen Einsatz und Kampf im WM-Finale wurde der neue Kapitän der Nationalmannschaft zu einem der Hauptfaktoren für den Titelgewinn im Maracana. Der Erfüllung des großen Traums muss Bayerns Mittelfeldchef jetzt aber Tribut zollen. Nachdem Schweinsteiger "letztes Jahr immer mit Problemen gespielt" hatte, wie Coach Guardiola verriet, verhindern hartnäckige Probleme mit der Patellasehne momentan eine Rückkehr ins Training.

Bei der Vorstellung von Xabi Alonso hatte Medien Direktor Markus Hörwick bestätigt, dass eine Rückkehr Schweinsteigers derzeit nicht absehbar ist. Der Klub teilte mit, dass Bayerns Nummer 31 nur auf dem Ergometer und im Kraftraum trainieren kann. Interessant wird die Rolle Schweinsteigers bei seiner Rückkehr, wenn sich das Team - eventuell um Xabi Alonso in der Mittelfeldzentrale - schon eingespielt hat. Dass Pep Schweinsteiger zum Bankdrücker macht, scheint jedoch ausgeschlossen.

Holger Badstuber:
Im Fall Badstuber war man sich einig. Langsam wollte man den 25-Jährigen nach dessen 20-monatiger Abstinenz vom Spielbetrieb nach zwei Kreuzbandrissen wieder heranführen. Doch die schwere Verletzung von Javi Martinez machte den Plan zunichte. Gegen Preußen Münster im Pokal stand Badstuber 78 Minuten auf dem Platz, die ersten Bundesligaspiele gegen Wolfsburg und Schalke musste der selbsternannte "alte Neuzugang" über die volle Distanz ran.

Die Folge war zwar keine erneute Blessur, dafür aber viel Regenerationsarbeit im Leistungszentrum anstatt Übungen mit dem Ball. Erst am Montag konnte der Innenverteidiger ins Training mit der Mannschaft zurückkehren. Dort traf er auf seinen neuen Kollegen Mehdi Benatia, an dessen Seite Badstuber vielleicht schon am kommenden Samstag gegen Stuttgart auflaufen wird. Denn so viel ist sicher: Die Leistungen in den ersten Partien waren beeindruckend, auf Schalke erhielt Badstuber sogar den Vorzug vor Dante. Noch vor dem Benatia-Transfer stellte Badstuber klar, er "verschwende keinen Gedanken" an Konkurrenz durch Neuzugänge. In der aktuellen Form berechtigt. Denn egal, ob Dreier- oder Viererkette: Badstuber scheint momentan seinen Stammplatz zu haben.

Mehdi Benatia:

Mit der Verpflichtung des marokkanischen Nationalelf-Kapitäns für kolportierte 26 Millionen Euro und dem Transfer von Xabi Alonso reagierten die Münchner auf den monatelangen Ausfall von Javi Martinez. Doch während Alonso ohne je richtig mit dem Team trainiert zu haben beim Auswärtsspiel in Gelsenkirchen sofort in der Startelf stand, wurde es um den Neuankömmling aus Rom zunächst ruhig. Lediglich aufgrund eines medialen Wortgefechts mit Roma-Präsident James Pallotta blieb sein Name in den Medien präsent.

Der Grund: Die Wade zwickte, die leichten muskulären Probleme zwangen den 27-Jährigen zu einem dosierten Aufbauprogramm mit Lauf- und Ballübungen. Erst am Montag durfte Benatia das erste Mal mit seinen Kollegen an der Säbener auf den Platz. "Unerbittlich und eklig", wie der Marokkaner seine Spielweise selbst beschreibt, wurde er zwar noch nicht, dennoch zeigte der Neuzugang, dass er heiß ist auf sein Debüt. Vielleicht schon am Samstag? "Für das Stuttgart-Spiel möchte ich bereit sein", meldete sich Benatia fit. Gut möglich, dass Guardiola ihn dem zuletzt schwächelnden Dante in der Verteidigung vorzieht.

Rafinha:

Wesentlich länger muss sich Rafinha noch gedulden. Ausgerechnet beim Showtraining im Rahmen der Saisoneröffnung in der Allianz Arena verletzte sich der Brasilianer. Bänderriss im Sprunggelenk lautete die Diagnose bei Rafinha, der sich während der Vorbereitung in starker Form präsentiert hatte.

Knapp einen Monat nach dem Schock bekam Rafinha bei einer Kontrolluntersuchung grünes Licht und stand wieder auf dem Trainingsplatz - wenn auch nur beim Lauftraining. "Ich bin sehr glücklich wieder zu trainieren", zeigte sich der Verteidiger erleichtert. Das Aufbautraining wird sich beim 29-Jährigen aber noch hinziehen, eine ernsthafte Option wird Rafinha wohl frühestens im Oktober sein. Nachdem Guardiola zu Saisonbeginn wieder auf eine Viererkette mit Kapitän Philipp Lahm als Rechtsverteidiger umgestellt hatte und auch Nezugang Sebastian Rode und Youngster Pierre-Emile Hojbjerg bislang auf seiner Seite überzeugten, wird Rafinha auf viel Rotation hoffen müssen, um wieder in die Mannschaft zu kommen.

Thiago:
Der Spanier ist momentan eines der größten Sorgenkinder. Nach seinem Innenbandriss im Knie, den er sich im März gegen Hoffenheim zuzog, und einem erneuten Anriss in der Heilungsphase fehlt der 23-Jährige mittlerweile schon fast ein halbes Jahr. Ein Ende der Leidenszeit? Laut Matthias Sammer nicht in Sicht. "Seriös können wir nicht sagen, wie lange es noch dauert. Wir können keine genaue Prognose abgeben", sagte der Sportdirektor vor kurzem im "Kicker".

Während Thiago Anfang der Woche zumindest wieder ins leichte Lauftraining einstieg, entwickelte sich der Verletzungsfall klubintern nach Informationen des "Kicker" zum Politikum. In Barcelona ließ Thiago - mit Erlaubnis von Guardiola - den Bänderriss mit Kortisonspritzen behandeln. Eine aggressive Therapie, die Thiago die Teilnahme am Saisonendspurt mit dem FCB und an der WM in Brasilien ermöglichen sollte, aber wohl nach hinten losgegangen ist.

Demnach soll die von Mannschaftsatzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt abgelehnte Behandlung in Spanien für die "bedauerliche Entwicklung" (Sammer) der Verletzung verantwortlich sein. Die Folge: Müller-Wohlfahrt soll beim Rekordmeister jetzt die alleinige Entscheidungshoheit in Sachen Verletzungen innehaben. Thiago hilft das jetzt nichts mehr, auch wenn sich Peps Liebling nach der Genesung keine Sorgen um einen Stammplatz im Mittelfeld machen muss.

Quelle: spox.com


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)