Ist der FC Bayern in der Krise?
Irre! Profis werden unter Guardiola älter!

Der FC Bayern befindet sich mal wieder in der größten Krise der Vereinsgeschichte. Schuld ist: Pep Guardiola. Zumindest wenn man den sogenannten Experten glaubt.



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Nun hat sich also auch Thomas Gottschalk geäußert. Der Showmaster a.D. sagte über den Mann, den sie nun Trainergott a.D. nennen: »Pep Guardiolas Nachfolge auf Jupp Heynckes beim FC Bayern– das ist ungefähr so wie Markus Lanz nach mir«. Man darf nun ein bisschen Sorge tragen, denn man weiß, wenn sogar Showmaster ihren Senf zum Fußball abgeben, ist die Sache sehr ernst. Bald werden Promiköche, DSDS-Kandidaten und alternde FDP-Politiker folgen. Vermutlich wird Guido Westerwelle am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin die Bayern-Mannschaft für das Rückspiel gegen Barcelona aufstellen, während Pep Guardiola im ARD-Brennpunkt erklären muss, dass er nicht zu Manchester City wechseln wird.

Zum Mitschreiben folgen hier noch mal die erschreckenden Fakten: Der FC Bayern hat vier Spiele in Folge verloren. Das gab es zuletzt Ende 1991, als die Mannschaft nacheinander gegen die Stuttgarter Kickers, Borussia Dortmund, VfB Stuttgart und B 1903 Kopenhagen.

Ist der FC Bayern wirklich so tief gefallen? Ist er im Mai 2015 wieder da angekommen, wo die Spieler Namen hatten wie Roland Grahammer, Waldemar Mazinho oder Gerald Hillringhaus und Helmut Kohl noch Bundeskanzler war? Ist der FC Bayern also überhaupt noch zu retten oder sollte er sich lieber sofort auflösen?

Pep, wie hast du das nur gemacht?


Fußball war immer schon ein bisschen komplizierter, als manche Leute ihn gerne machten. Dieser Tage ist er aber so verworren wie selten. Zumindest wenn man die letzten zwei Wochen ohne Fußball verbracht hat, würde man kaum hinterherkommen, schließlich war Pep Guardiola doch noch vor kurzem das größte Genie, das jemals an der Säbener Straße gesehen wurde.

Ein paar Rückblenden. Oktober 2014: Der FC Bayern nimmt den AS Rom im Olympiastadion mit 7:1 auseinander. März 2015: Der FC Bayern peitscht Schachtar Donezk mit 7:0 aus der Allianz Arena. April 2015: Der FC Bayern gewinnt 6:1 gegen den FC Porto, und die Fußballwelt weiß, noch nie eine so gute erste Halbzeit des FC Bayern gesehen zu haben. Schnappatmung in der Presse, Applaus in den Talkshows. Pep, wie hast du das nur gemacht?

Hier also die nüchternen Fakten noch mal zum Mitschreiben: Der FC Bayern ist wieder vorzeitig Meister geworden. Der FC Bayern steht zum fünften Mal in den letzten sechs Jahren im Halbfinale der Champions League. Der FC Bayern hat in der Ära Jupp Heynckes, aber auch unter Pep Guardiola ein Niveau erreicht, an das vor zehn Jahren nicht ansatzweise zu denken war – auch wenn er aktuell nur mit elf Punkten Vorsprung die Bundesligatabelle anführt. Die Sache ist nur, wenn es ernst wird beim FC Bayern, finden sich irgendwo sogar Kritiker, die dem Trainer vorwerfen, dass die Spieler unter ihm älter werden. Oder die kritisieren, warum er es nicht mal schafft, die Meisterschaft spannend zu gestalten.

Pep, was hast du da nur erzählt?

Nirgendwo sonst kann man Geschichten von Aufstieg und Fall so schön erzählen wie beim FC Bayern. Nirgendwo sonst ist Fußball so sehr Wochen- und Tagesgeschäft – und manchmal sogar Stundengeschäft. Weiß vergangene Woche noch jeder, wie Guardiola in der Kabine Thomas Müller erklärt hat, wie er den Ball treffen muss, damit er ins Tor geht, weiß nun jeder, dass er Jerome Boateng nicht erklärt hat, wie man reagiert, wenn Lionel Messi in höchstem Tempo auf ihn zuläuft. Pep, was hast du da nur erzählt?

Natürlich muss man Pep Guardiola nicht mit Samthandschuhen anfassen. Man kann nachfragen, ob es wirklich nur Pech ist, dass in der entscheidenden Phase der Saison die besten Spieler verletzungsbedingt fehlen. Und man kann fragen, ob das Angriffsspiel zu sehr auf Arjen Robben und Franck Ribery zugeschnitten ist. Warum Mario Götze keine Rolle spielt. Ob es wirklich eine so gute Entscheidung war, Thomas Müller gegen Barcelona vorzeitig vom Platz nehmen. Und inwiefern der WM-Titel sich auf Kraft und Konzentration der Spieler ausgewirkt hat.

Hier gibt es übrigens eine interessante Parallele zum FC Barcelona gibt. Vor zwei Jahren, also in der Saison nach dem EM-Titel der Spanier, hatten waren die Katalanen im spanischen Pokal im Halbfinale ausgeschieden. Und auch in der Champions League lief es für die einstige Wundermannschaft nicht sonderlich gut. Zunächst mühte sie sich gegen Milan und Paris ins Halbfinale und flog dort sang- und klanglos gegen die Bayern raus. Trainer war damals übrigens nicht mehr Pep Guardiola, der hatte vor der Saison erschöpft seinen Rücktritt erklärt. Aber sicherlich wird sich in den nächsten Tagen jemanden finden, der erklärt, dass Pep Guardiola auch daran die Schuld trug. Vielleicht ja Wolfgang Lippert.


Quelle: 11freunde.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)