"Große Teams müssen fallen"
Guardiola hat viel vor mit dem FC Bayern

Von Stefan Giannakoulis, München


Pep Guardiola hat noch viel vor mit dem FC Bayern. Zumindest gibt er sich kämpferisch.(Foto: AP)

Josep Guardiola trainiert auch in der nächsten Saison den FC Bayern. Und möglicherweise bleibt er noch viel länger. Denn nach dem Aus in der Champions League klingt er nicht wie einer, der sich bald aus dem Staub machen will.

Wenn Josep Guardiola redet, hat er oft wenig zu sagen. Meist lobt er seine Mannschaft. Und das in den höchsten Tönen. Das klingt dann so: "Ich danke meinen Spielern und bin sehr stolz." Oder so: "Thomas Müller ist natürlich sehr stark." Oder so: "Überragendes Kompliment für diese Spieler." Und einen noch: "Glückwunsch an meine Spieler. Ich bin Trainer für Tage wie diesen." Kennt man, arg redundant, nichts Neues. Auch nicht, nachdem die Fußballer des FC Bayern an diesem Dienstag trotz des 3:2 gegen den FC Barcelona im Halbfinale aus der Champions League geflogen sind. Er will sich halt partout nichts schlechtreden lassen. Sein Team nicht. Und sich selbst natürlich auch nicht.

Das mag mit der Kritik der vergangenen Wochen und den Spekulationen der vergangenen Tage zusammenhängen. Er verlasse den FC Bayern bereits im Sommer, ein Jahr vor dem Vertragsende, gen Manchester City, hatte es geheißen. Diesem Gerücht hatte Guardiola vor dem Rückspiel den Garaus gemacht. Natürlich werde er bleiben. Punkt. Nach der Partie sagte er: "Wie die Kritiker über meine Arbeit denken, ist mir nicht wichtig. Ich bin nicht für die Kritiker da, ich bin für den Verein da und für die Fans, damit sie stolz sind. Und heute waren sie zurecht stolz." Will meinen: Die Bayern haben in dieser Saison die Deutsche Meisterschaft gewonnen; sie standen im Halbfinale des DFB-Pokals, wo sie im Elfmeterschießen an Borussia Dortmund scheiterten; und hatten sich just - nach dem 0:3 in Barcelona im Hinspiel vor einer Woche - mit dem sechsten Sieg im sechsten Heimspiel anständig aus der europäischen Königsklasse verabschiedet.

"Ich bin sehr glücklich"

Nun hofft er, das Barça, der Klub seines Herzens, mit dem er als Spieler und Trainer große Erfolge gefeiert hatte, am 6. Juni zum fünften Mal den Titel gewinnt. "Das würde mir sehr gefallen." Abgesehen davon, dass die Münchner dann gegen den Champion ausgeschieden wäre. Abgesehen davon, meint Guardiola nicht ganz zu Unrecht, könne sich das, was der FC Bayern in dieser Saison geleistet habe, durchaus sehen lassen. Zumal mit Arjen Robben, Franck Ribéry, David Alaba und Holger Badstuber vier seiner Besten in den entscheidenden Spielen fehlten. "Wir sind natürlich traurig. Wir wären gerne nach Berlin gekommen. Aber nach dem Hinspiel war das Finale schon verloren. Ich habe mich trotzdem bei meinen Spielern bedankt. Ich bin sehr glücklich, wie die Mannschaft sich verhalten hat mit all den Problemen. Wir haben die Bundesliga gewonnen."

Aber was kommt nun? "Ich hoffe, nächste Saison spielen wir besser." Aber muss er dafür seinen Kader mit seinen Ü-30-Spielern wie Claudio Pizarro, 36 Jahre alt, Xabi Alonso, 33, Ribéry, 32, Dante, 31, Robben, 31, Kapitän Philipp Lahm, 31, und Bastian Schweinsteiger, 30, nicht umbauen? Das war nichts, über das Guardiola an diesem Abend sprechen wollte. Nur so viel: "Jetzt will ich den Meistertitel zelebrieren, dann Urlaub machen und die nächste Saison vorbereiten." Was in dieser Spielzeit also noch auf dem Programm steht, ist ein Freundschaftsspiel beim SC Freiburg und die Meisterfeier am 23. Mai gegen den FSV Mainz im Stadion zu Fröttmaning. Und als es schon so schien, als wollte Guardiola sein Gespräch mit den Journalisten mit einem weiteren Kompliment beenden, sagte er dann doch noch etwas Interessantes. Und redete wie ein Mann, der mit dem FC Bayern noch viel vor hat. Also, erst einmal lobte er dann doch sein Team, etwas kryptisch dieses Mal: "Vielleicht weiß der FC Bayern gar nicht, wie gut diese Spieler sind."

Dann aber kam er zur Sache, als er gefragt wurde, wie weit er denn mit seinem Projekt in München sei nach dem Double im ersten und der nationalen Meisterschaft im zweiten Jahr. Er hat dann leider nicht geantwortet, dass er doch nicht Jürgen Klinsmann sei - obwohl ihm, dem Fragezeichen auf seiner Stirn nach zu urteilen, der Begriff Projekt tatsächlich nicht ganz so viel zu sagen schien. Aber er wurde sehr emotional: "Das, was wir in diesem Jahr geleistet haben, ist wichtiger als das, was wir im vergangenen Jahr geleistet haben." Seine Mannschaft habe mit aller Macht versucht, den Widrigkeiten zu trotzen. "Es war gut, zu versuchen, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Wir haben nie aufgegeben." Die Spieler seien, "egal, was passiert, immer nach vorne gegangen, immer nach vorne gegangen." Vor allem aber gelte: "Eine große Mannschaft muss so fallen wie wir heute gegen Barcelona. Sie muss so verlieren, wie wir gegen Dortmund verloren haben." Sprach's - und klang dabei gar nicht wie einer, der sich nach dem Ende seines Vertrags mit den Münchnern im Sommer 2016 nach drei Jahren aus dem Staub macht.

Quelle: n-tv.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)