Ex-Bayern-Physio schießt gegen Müller-Wohlfahrt


Zwischen Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt (r.) und Pep Guardiola passte es offensichtlich nicht.
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München - Dass Dr. Müller-Wohlfahrt und Pep Guardiola nicht auf einer Wellenlänge funkten, ist bekannt. Nun hat ein ehemaliger Physiotherapeut des FC Bayern nochmal nachgelegt im Ärztestreit - und fordert ein Umdenken.

Nach wie vor ist nicht klar, warum genau Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt nach fast 40 Jahren seinen Posten als Vereinsarzt des FC Bayern Knall auf Fall nach der Pleite beim FC Porto hinschmiss. Bekannt ist lediglich, dass das Ärzteteam für die zahlreichen Verletzten verantwortlich gemacht wurde. Und es ist kein Geheimnis, dass sich "Mull" nicht sonderlich gut mit Bayern-Trainer Pep Guardiola verstand. Der Spanier forderte beispielsweise eine Arztpraxis direkt am Trainingsgelände an der Säbener Straße, Müller-Wohlfahrt hat seine Untersuchungsräume aber in der Münchner Innenstadt.

Schmidtlein fordert Vermittler zwischen Trainer und Arzt


Inzwischen hat der FC Bayern reagiert und sich neu aufgestellt. Künftig ist mit Doktor Volker Braun immer ein Mediziner vor Ort, die Räumlichkeiten an der Säbener werden modernisiert, die medizinische Ausstattung mit MRT und Kältekammer aufgestockt und die Trainingsanforderungen für die Profis dank täglicher Bluttests von Holger Broich besser abgestimmt.

Offenbar lag also einiges im Argen, was die medizinische Betreuung der hochbezahlten Starkicker des Rekordmeisters angeht. Eine Einschätzung, die Oliver Schmidtlein vorbehaltlos unterschreiben würde. Der 49-Jährige zählt zu Deutschlands renommiertesten Physiotherapeuten und war auch schon beim FC Bayern im Einsatz: Zunächst von 2002 bis 2007; ein Jahr später holte ihn Jürgen Klinsmann dann zurück an die Säbener Straße. Mit Klinsmanns Abgang war dann auch seine Tätigkeit beim FCB beendet.

Schmidtlein fordert generell eine andere Herangehensweise in der Betreuung der Profis. Fitness- und Rehatrainer müssten bei verletzten Spielern seiner Meinung nach viel stärker in die Entscheidungen in Sachen Trainingsablauf eingebunden werden. "Der Arzt will einen gesunden Spieler, der Trainer möchte, dass er spielt. Da braucht es einen, der vermittelt", sagt Schmidtlein im Interview mit dem "kicker". Daher sei es auch Guardiolas Aufgabe, seine verletzten Spieler so schnell wie möglich zurück zu fordern. "Dass das aber nicht mit drastischen Folgen passiert, ist die Aufgabe des medizinischen Teams. Wenn die Spezialisten vor Ort aber nicht so arbeiten können, dann sehe ich nicht so sehr den Trainer in der Pflicht, sondern den Arzt", so Schmidtlein.

Kritik an "Mull": Antiquierte Vorgehensweise


Diese Pflicht habe Müller-Wohlfahrt vernachlässigt, meint Schmidtlein: "Ich weiß, dass es bei Bayern immer so war, dass der Arzt alles bestimmt hat, ob da einer mit der Badehose ins Wasser geht, zwei Wochen läuft oder vier Wochen. Da haben die Leute vor Ort wenige Möglichkeiten, Dinge zu entscheiden, obwohl sie sich besser auskennen."

Der Physio, der inzwischen dank US-Coach Klinsmann auch die US-amerikanische Nationalmannschaft betreut, findet Guardiolas Forderung nach einem Arzt auf dem Vereinsgelände daher absolut richtig. Der Doc müsse sehen, was vor Ort passiert, um dann auch die Verantwortung zu übernehmen und dem Rehacoach genaue Anweisungen zu geben. "Aber fünf Kilometer entfernt zu sitzen und dann zu bestimmen, wie viele Runden jemand läuft, das halte ich nicht für optimal. Das ist antiquiert", schießt Schmidtlein gegen "Mull". Und legt gleich nach: "Guardiola war ja auch nicht der erste Trainer, mit dem sich Dr. Müller-Wohlfahrt nicht verstanden hat. Das Problem sehe ich hier nicht bei Guardiola." Bereits unter Klinsmann war es zum Streit gekommen, Müller-Wohlfahrt hatte vorübergehend seine Tätigleit beim FCB niedergelegt.

Die aktuellen Veränderungen beim FC Bayern, wie tägliche Blutbilder und neue medizinische Geräte, sieht Schmidtlein positiv, fordert aber, dass die Spieler diese Neuerungen auch nutzen. Unterm Strich zählt für ihn nur eines: "Die Manpower, wie und was im Team getan wird, das ist entscheidend. Wenn man nicht miteinander redet, sich nicht abstimmt oder wenn man unterschiedliche Interessen hat, dann bringen alle Geräte nichts."


Quelle: tz.de


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Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)