Bayerns Niederlage bei Arsenal: Verloren! Na und?



Josep Guardiola ist trotz der Niederlage beim FC Arsenal zufrieden mit seiner Mannschaft. Wirkliche Sorgen macht dem Trainer nur ein Problem, das er eigentlich nicht mehr erleben wollte.

Natürlich wäre es leicht, diese Niederlage zu überhöhen.
Nicht nur, weil die Bayern sie erlitten haben, sondern weil sie nach zwölf Pflichtspielsiegen in Serie kam, nach einem Startrekord in der Bundesliga und makellosen zwei Spielen auch in der Champions League.

Es wäre leicht, von der Fallhöhe zu fabulieren, die diese Münchner mit jedem Sieg weiter nach oben getrieben hätten, und mit jedem Meter würde der Aufprall dann eben lauter.

Aber wie sollte man all das tun?

Die Bayern haben tatsächlich ein Spiel verloren, 0:2 (0:0) beim FC Arsenal, aber was man vor der Partie noch als Ungeheuerlichkeit beschrieben hätte und als Sensation, wurde von den Beteiligten danach seltsam unaufgeregt behandelt.

Philipp Lahm ("Wir hatten das Spiel eigentlich größtenteils unter Kontrolle") sprach, wie er nach jedem x-beliebigen Sieg spricht, und Trainer Josep Guardiola ("haben Wahnsinn gespielt") redete wie nach einer Rasenschach-Demo gegen Donezk.

Ja, war denn gar nichts passiert? Im Prinzip: nein.

Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, muss man verstehen, dass es Guardiola nicht ums Gewinnen geht, jedenfalls nicht an erster Stelle. An erster Stelle steht immer das gute Spiel, was vor allem ein Synonym für Ballkontrolle ist und das Herausspielen von Chancen. Ein Sieg ist schön, aber oft einfach eine logische Folge des guten Spiels. Meistens.

Gegen Arsenal hatte das gute Spiel lange Zeit funktioniert, bis auf eine Phase des kurzzeitigen Kontrollverlustes zehn Minuten vor der Pause. "Da hatten wir Cazorla, Sanchez und Walcott nicht im Griff", sagte Guardiola. Davor und auch danach hatte seine Mannschaft tatsächlich das Spiel bestimmt, mehr als 70 Prozent Ballbesitz und auch Torchancen herausgespielt. Nur leider vergessen, diese auch zu verwandeln.

Und wenn man will, dann kann man selbst für die auf die zweite Halbzeit gemünzte Lobpreisung ("Wahnsinnsspiel", "überragend von uns") Guardiolas so etwas wie Verständnis aufbringen. Denn dort ließen die Bayern noch weniger zu und übernahmen durch taktische Umstellungen (Dreierkette, Müller zentraler, Vidal nach rechts) noch mehr Initiative.

Dass am Ende, begünstigt durch Manuel Neuers Patzer, eine Niederlage stand, wurmte niemanden mehr so richtig. "So was kann mal passieren", sagte Kapitän Lahm. "Man kann nicht erwarten, dass man hier keine Chancen zulässt", sagte Trainer Guardiola.

Für den Spanier sind Siege eine logische Folge von perfekten Abläufen auf dem Feld. Gegen Arsenal lief aber eben nicht alles nach Plan, gerade in den jeweils letzten zehn Minuten beider Hälften kam der Gegner über schnelle Konter zu Chancen oder entzog sich geschickt dem Pressing der Münchner. "In der Champions League muss man perfekt sein, das haben wir nicht ganz geschafft", räumte der Trainer nach dem Spiel ein. Und wenn man so tickt, wirkt eine Niederlage sogar akzeptabel.

Guardiola wird auch nach diesem Spiel nicht schlechter schlafen als vorher, jedenfalls nicht, weil in London nicht gewonnen wurde. Eher schon, weil der Auftritt etwas schmerzlich in Erinnerung ruft, was der Coach eigentlich nicht mehr erleben wollte: Ihm gehen die Spieler aus, mal wieder.

Arjen Robben verletzt, Mario Götze verletzt, Franck Ribéry sowieso, Kingsley Coman angeschlagen, Badstuber noch nicht fit, Javier Martinez und Douglas Costa gerade erst wieder genesen: Wie so oft in seiner Zeit in München kann Guardiola auch in diesen Wochen nicht mit dem kompletten Kader arbeiten, er wirkte darüber deutlich frustrierter als von der Niederlage. "Wir brauchen die Spieler", sagte er in der Pressekonferenz und legte die Stirn in Falten, "ich hoffe, sie können sich erholen in den nächsten zehn Tagen." Wie groß die Not ist, zeigte die Tatsache, dass Guardiola bei der Aufzählung der Rekonvaleszenten sogar Jan Kirchhoff erwähnte.

Ein Spiel verloren, aber immerhin keinen Spieler: Wenn man die Prioritäten nur richtig setzt, wirkt eine Pleite gleich noch viel weniger schlimm. Zumal es in zwei Wochen schon die Gelegenheit zur Revanche gibt, dann kommt der FC Arsenal nach München. Josep Guardiola hofft auf "mehr Spieler". Und ein gutes Spiel.

FC Arsenal - Bayern München 2:0 (0:0)
1:0 Giroud (77.)
2:0 Özil (90.+4)

Arsenal: Cech - Bellerin, Mertesacker, Koscielny, Monreal - Coquelin, Cazorla - Ramsey (57. Oxlade-Chamberlain), Özil, Sanchez (82. Gibbs) - Walcott (74. Giroud)

München: Neuer - Lahm, Alaba, Jerome Boateng, Bernat - Alonso (70. Kimmich) - Thiago, Vidal (71. Rafinha) - Thomas Müller, Lewandowski, Costa

Schiedsrichter: Cüneyt Cakir (Türkei)

Zuschauer: 59.824 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Giroud -


Quelle: spiegel.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)