Der vielleicht größte Irrtum des FC Bayern

- Toni Kroos erhält einen neuen Vertrag bei Real Madrid, der ihn mit 20 Millionen Euro pro Jahr in die Gehaltsklasse von Cristiano Ronaldo oder Gareth Bale befördern soll.
- Der FC Bayern verweigerte ihm einst eine Gehaltserhöhung. Daraufhin ging er nach Madrid.
- Der damalige Real-Trainer Carlo Ancelotti wollte Kroos unbedingt haben.

Von Thomas Hummel

120 Millionen Euro Gehalt binnen sechs Jahre für einen Fußballer? Manche mögen das für obszön halten, doch das Geschäft rund um diese Sportart kommt nun offenbar auch in Deutschland in einer neuen Dimension an. Wobei es eigentlich egal ist, denn selbst die alte Dimension konnte sich schon kein Otto-Normalverdiener mehr vorstellen.

Toni Kroos hat seinen Vertrag mit Real Madrid verlängert. Am Mittwoch bestätigte das der Klub offiziell. Real-Trainer Zinédine Zidane hat schon mehrfach geäußert, dass dieser Kroos für ihn unabkömmlich sei. Nun berichtet die Bild-Zeitung, dass es um eine Vereinbarung geht, bei der der 26-Jährige 20 Millionen Euro im Jahr verdienen würde. Das macht 54 800 Euro am Tag, 2283 pro Stunde. Bis 2022. Der Bericht weist darauf hin, dass Kroos von der Firma SportsTotal beraten wird, und damit dürfte auch die Quelle genannt sein.
Eigentlich verfügt Real Madrid über einen Kontrakt mit dem Mittelfeldspieler bis 2020. Darin ist laut dem Hacker-Portal Football Leaks ein Gehalt von 10,9 Millionen Euro jährlich fixiert. Dass der Verein den Betrag nun verdoppeln will, ist einerseits Ausdruck dafür, dass die Einnahmen für die großen Fußballklubs weiter enorm steigen und Geld fast keine Rolle mehr spielt. Im speziellen Fall hilft zudem ein Blick in die Karriere des Spielers. Der könnte ja noch in München beim FC Bayern spielen, wenn der deutsche Großklub 2014 bereit gewesen wäre, dessen Gehaltsvorstellungen zu realisieren.

Damals lag Kroos bei etwas weniger als fünf Millionen Euro pro Jahr, wollte aber ungefähr so viel verdienen wie Mario Götze. Da sich dieser damals ebenso von SportTotal beraten ließ, waren die Einkommen der beiden untereinander kein Geheimnis. Nun könnte man meinen: fünf, zehn oder 20 Millionen? Wen juckt das schon. Ausgesorgt ist ausgesorgt. Doch Gehälter sind eben auch Wertschätzungen, und dass da einer mehr als doppelt so viel verdient wie Toni Kroos, wollte der stolze junge Mann damals nicht auf sich sitzen lassen.
Der FC Bayern weigerte sich allerdings, diesen Kroos in den Reigen der Bestverdiener aufzunehmen. Obwohl Trainer Pep Guardiola unbedingt auf einen Verbleib drängte. Der sah das nämlich genauso wie sein Kollege Zidane: "Es ist ein Glück, einen Spieler wie ihn zu haben." Trotzdem: Die Münchner um Vorstand Karl-Heinz Rummenigge gaben nicht nach, und weil Kroos nurmehr ein Jahr Vertrag hatte, und dann ablösefrei gewesen wäre, musste er verkauft werden.
Pikant an der Geschichte ist, dass auch der neue Bayern-Trainer Carlo Ancelotti diesen Kroos gerne in der Mannschaft hat. Das sagte er dem Spieler zumindest im Jahr 2014 als er noch Trainer in Madrid war. Es war der entscheidende Anruf, warum die Spanier den Zuschlag erhielten, warum Toni Kroos heute in Madrid spielt. Während Ancelotti nun in München ist.

Pep Guardiola dürfte seinen Anteil an diesem Angebot haben

Es dürfte einer der größten Irrtümer in der Transfergeschichte des FC Bayern gewesen sein. Dass die Münchner für diesen kolossalen Kerl 2014 nur 30 Millionen Euro bekamen, darüber witzeln sie heute noch in Madrid. Während Guardiola nachdrücklich verstimmt war. Den Verlust dieses extrem passsicheren Kroos, der wie gemalt ist für sein dominantes Spiel, hat er dem FC Bayern kaum verziehen.
Pep Guardiola dürfte auch ein Grund für die neue Volte in der Karriere des Toni Kroos sein. Denn die Zuneigung des Katalanen zum deutschen Mittelfeldspieler ist noch immer lebendig, und nun hätte der Trainer sogar Vorstände, die ihm den Wunsch gerne erfüllen. Koste es, was es wolle. Guardiola soll Manchester City zum erfolgreichsten Klub der Welt machen, er hat zwei katalanische Mitstreiter als Vorgesetzte, und an Geld mangelt es dort wahrlich nicht. Die Eigentümer aus Abu Dhabi und der monströse Fernsehvertrag in England machen so gut wie alles möglich.

Vielleicht hat Manchester City schon vorgefühlt bei Toni Kroos. Vielleicht ahnen sie in Madrid, dass ihr Stratege nur zu halten ist, wenn sie ihm die Wertschätzung der ganz Großen entgegen bringen. Mit dem neuen Vertrag käme er sogar an das Einkommen von Cristiano Ronaldo und Gareth Bale ran.
Innerhalb der deutschen Nationalmannschaft hätte Kroos einen weiten (Gehalts-)Vorsprung. Thomas Müller soll an die 15 Millionen Euro verdienen in München. Danach kommen mit dem mittlerweile zurückgetretenen Bastian Schweinsteiger und İlkay Gündoğan die nächsten Profis, die im Ausland angestellt sind. Und da sich Fußballer bei ihrem Gehalt nur mit Fußballern vergleichen, könnte das einigen zu denken geben.

Quelle: sueddeutsche.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)