Ancelotti: Diese Aussagen müssen den Trainer alarmieren


Bongarts/Getty Images Carlo Ancelotti vom FC Bayern München

Uli Hoeneß wollte nichts sagen, Karl-Heinz Rummenigge auch nicht, sogar die auskunftsfreudigen Arjen Robben und Thomas Müller marschierten am Samstag von dannen. FC Wortlos München: Sowas ist bei diesem notorisch nervösen Fußballclub traditionell ein brisantes Signal. Die Bayern bauten ihre Tabellenführung auf vier Punkte aus, Verfolger RB Leipzig tat ihnen den Gefallen, bei Borussia Dortmund zu verlieren. 46 zu 42 Zähler aber interessierten an diesem Wochenende kaum. Gegen den SC Freiburg und Werder Bremen (jeweils 2:1) ging’s zum Jahresauftakt noch gut für die Münchner, gegen Schalke 04 beim 1:1 nicht mehr. Wieder war die Vorstellung bescheiden. Was ist da los?

Diejenigen, die sprechen wollten, produzierten erstaunliche Töne - inhaltlich wie melodisch. "Es hakt", sagte Philipp Lahm, das Team müsse sich bewusst sein, dass es sehr schnell vorbei sein könne, "in mehreren Wettbewerben". Am Dienstag beginnen die Englischen Wochen mit dem DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg.

Neuer: "Hätten uns gewünscht, dass wir weiter sind"

Lahms Statement war deutlicher als gewohnt, Mats Hummels‘ Wortmeldung geriet noch prägnanter. Zur fehlenden Balance im Bayern-Spiel merkte der Verteidiger an: "Ich weiß natürlich, warum wir die teilweise nicht haben. Das werde ich aber nicht öffentlich sagen." Womit er irgendwie doch relativ viel sagte.


Getty Images Manuel Neuer

Zumal es noch Manuel Neuer gab, unangefochtener Sieger im Vergleich der knackigen Kommentare. "Man darf nicht davon ausgehen, dass man so weitermachen kann. Man muss sich Gedanken machen, wie wir hier Fußball spielen", monierte Neuer, die Bayern-Schatztruhe öffnete er einen Spalt: "Wir hätten uns gewünscht, dass wir spielerisch weiter sind." Auch ohne Interpretationswut durfte bzw. musste sich Trainer Carlo Ancelotti angesprochen fühlen.

FC Bayern: Die Mängelliste wächst

Neben dem Balance-Akt hat die Mängelliste eine beträchtliche Länge erreicht: Abstimmung und Anbindung, mithin Konterabsicherung, Kreativstau, taktische Variabilität, Club-Legende Paul Breitner vermisse zudem "Chaos im Angriff, schnelles und hektisches Durcheinander". Für Neuer alles "Sachen, die uns früher ausgezeichnet haben. Das selbstbewusste Passspiel, dass wir den Ball mit Tempo zirkulieren können, dass wir den Gegner in Bedrängnis bringen…" Lahm diagnostizierte zu wenige eigene Tormöglichkeiten und zu viele der Rivalen, die Statistik unterfüttert ihn: Lediglich 33 Großchancen kreierte der Champion in dieser Saison, unter Pep Guardiola waren es zu dieser Zeit noch 53.

Ancelotti deutet auf Mentalitätsproblem hin

Sieben Punkte aus drei Partien sind selbst für den FC Bayern keine ausgewachsene Schaffenskrise, aber die Diskrepanz zum (eigenen) Anspruch wird durch Guardiolas Vermächtnis weiter verstärkt. Andererseits brach den Pep-Bayern pünktlich zum Frühjahr ja immer Form und manchmal Fitness weg; Ancelotti gilt als Coach, dessen Mannschaften gerade in der entscheidenden Phase brillieren. Besser wär‘s, wenn er mit der Münchner Beweisführung ab sofort beginnt. Neuers Satz, man hätte sich gewünscht, spielerisch weiter zu sein, hat Zweifel genährt. Ancelotti ließ eher Mentalitätsprobleme durchscheinen, als er zum Schalke-Auftritt sagte: "Es war kein Problem der Qualität, sondern der Opferbereitschaft. Wir müssen besser zusammenarbeiten."
Kooperation durch Kommunikation und Konzentration. Eine Frage der Einstellung also?

FC Bayern: Mannschaftsgefüge soll belastet sein

Der Bayern-Kader wirkt nicht vollends homogen, auf dem Feld und daneben. Grüppchenbildung soll das Mannschaftsgefüge belasten, und ein Interview wie jenes von Douglas Costa, der praktisch eine Stammplatzgarantie forderte, repräsentiert den Idealtypus eines (an)gespannten Betriebsklimas.


Bongarts/Getty Images Thomas Müller gegen Alessandro Schöpf bei Bayern gegen Schalke

Ancelotti ist ein besonnener Moderator, kein guardiola’scher Pedant. Das hat in der Vergangenheit prächtig funktioniert mit drei Champions-League-Triumphen. Die Wucht der Münchner Meinungsmacher aber haben schon andere gespürt.


Quelle: focus.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)