Javi Martínez: Der unbesungene Held

Douglas Costa bekommt den Ball nach einer Ecke. Seine scharfe Hereingabe wird von allen verpasst. Allerdings hat Arturo Vidal darauf spekuliert. Der Chilene bringt das Spielgerät zurück in die Gefahrenzone, wo kein geringerer als Javi Martínez wartet. Weltklasse-Pass, schöner Abschluss. 1:0 in Köln.




Es ist einer der wenigen Momente, in denen der Spanier in den Fokus rückt. In denen Viele sich daran erinnern, wie wichtig dieser Spieler für den Rekordmeister ist. Eigentlich immer, wenn er fit ist, aber speziell in dieser Saison. Oftmals spielt der 28-Jährige so konstant und unspektakulär, dass es nur bei genauerer Betrachtung auffällt. Der Innenverteidiger spielt nicht so viele grandiose Pässe – wie Jérôme Boateng. Er kommt auch nicht halb so oft zum Abschluss – wie Mats Hummels.

Javi Martínez ist dafür einer der wichtigsten Faktoren für die defensive Stabilität. Wenn nicht sogar der Wichtigste.

Wieder Köln. Andere Szene. Ballverlust der Münchner. Köln versucht das Gegenpressing mit einem langen Ball zu überwinden, der tatsächlich Modeste findet. Doch bevor der Toptorschütze der Gastgeber auch nur annähernd gefährlich werden kann, ist Martínez zur Stelle, um den Konter aufzusaugen. Am Samstag glänzte er mit vier Tacklings und vier klärenden Aktionen. Hinzu kommt, dass er sich von Druck nicht beirren lässt. Martínez trifft im Passspiel äußerst kluge, wenn auch sichere Entscheidungen. Für den Aufbau sind sowieso andere zuständig.

Und doch wird seine Fähigkeit mit dem Ball unterschätzt. Dynamische Vorstöße und vertikale Pässe sind nicht ganz so oft zu beobachten wie bei Mats Hummels, aber ebenfalls in seinem Repertoire. Man erinnere sich da nur an das Auswärtsspiel auf Schalke, als sein Pass das Spiel zugunsten der Bayern drehte. Die herausragendste Qualität des Nationalspielers ist aber sein Stellungsspiel. Pässe hinter die Viererkette des FC Bayern sind nicht nur deshalb so schwer geworden, weil Hummels (72%) und Martínez (64%) so gute Zweikämpfer sind. Beide antizipieren unglaublich viele Angriffe schon im voraus und stellen sich dementsprechend clever auf. Während Hummels bei 2,3 Interceptions pro 90 Minuten steht, sind es bei seinem Pendant 2,1. Es ist beeindruckend, wie wenig die beiden Innenverteidiger mittlerweile hinterherlaufen, obwohl sie jeweils nicht die schnellsten sind.

“Javi Martínez ist der beste zweite Innenverteidiger der Welt”

Die Rufe nach Martínez im Mittelfeld waren häufig und laut zu vernehmen. Nicht zu unrecht. 2013 machte der Spanier genau das, was er jetzt eine Position tiefer tut. Er hielt seinem kreativen Partner, damals Bastian Schweinsteiger, den Rücken frei. Der von Bilbao verpflichtete Mittelfeldspieler sicherte ab, gewann wichtige Zweikämpfe, war eine sichere Anspielstation und überragte darin, Schlüsselspieler des Gegners herauszunehmen. Musterbeispiel ist das damalige Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona. Niemand weiß so richtig, ob Iniesta mitspielte. Dank Javi Martínez.


2013 nahm Javi Martínez einen der besten Fußballer aller Zeiten komplett aus dem Spiel.
(Foto: Josep Lago / AFP / Getty Images)


In der jetzigen Saison ist seine Rolle dieselbe. Nur als Innenverteidiger. Im Mittelfeld gibt es keinen Bedarf und Hummels profitiert enorm von seinem Nebenmann. Je eingespielter das Duo wurde, umso mehr traute sich der Deutsche im Aufbau zu. In den letzten Wochen schien der ehemalige Dortmunder angekommen zu sein. Das liegt auch an einer besseren Mittelfeldbesetzung, aber vor allem an seinem Partner, der bei jedem Ballverlust zur Stelle ist. Um zu den besten Innenverteidigern der Welt zu zählen, müsste Martínez noch kompletter in seinen Fähigkeiten am Ball sein. Doch man sollte nie vergessen, dass seine Mitspieler neben ihm nochmal besser werden. Javi Martínez ist der beste zweite Innenverteidiger der Welt und er sorgt dafür, dass Hummels nicht nur befreit, sondern auch besser aufspielen kann als in seiner Anfangszeit beim FC Bayern.

Wird die Boateng-Rückkehr zum Problem?

Bei aller Schwärmerei haben die Bayern jedoch auch ein Luxusproblem. Jérôme Boatengs Comeback steht unmittelbar bevor. Der Nationalspieler ist bereits ins Mannschaftstraining eingestiegen und wird bald wieder im Kader stehen. Ancelotti wird sein System nicht umstellen und so wäre es sinnlos, die Dreierkette zu diskutieren, wenngleich sie unglaublich viele Vorteile einbringen könnte. Der FCB hat natürlich noch viele Spiele zu absolvieren und dementsprechend wird jeder auf genügend Spielzeit kommen. Ancelotti ist erfahren genug, um alle drei Innenverteidiger bei Laune zu halten.

Doch wie sieht es um die defensive Stabilität des Rekordmeisters aus? Kann Boateng die Rolle des Spaniers direkt übernehmen? Wird seine Rückkehr den Rhythmus der eingespielten Viererkette stören? Wen stellt der Trainer in den wichtigen Spielen auf? Aktuell führt kaum ein Weg an Javi Martínez und Mats Hummels vorbei. Jérôme Boateng wird sich, sollte Ancelotti nach Leistung aufstellen, hinten anstellen müssen. Seine Kollegen spielen eine herausragende Saison. Allen voran Martínez, der eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass man nicht immer die offensichtlichen und spektakulären Dinge tun muss, um zu den wichtigsten Spielern im Kader zu zählen.

Der Rekordtransfer des FC Bayern ist der unbesungene Held dieser Spielzeit. Das war er auch im Jahr 2013.

Was das für die nahe Zukunft bedeutet, wird sich zeigen, aber in dieser Verfassung ist Martínez unverzichtbar und ein Segen für den Rekordmeister.

Quelle: miasanrot.de


Ich bin ein riesen Fan von dem Kerl, wenn man ihm mal ein Weilchen zuschaut und sieht, was der teilweise für unglaubliche Zweikämpfe gewinnt. Das ist einfach einmalig. Du komms an Martinez so einfach nicht vorbei, nur maximal im Vollsprint wenn er der letzte Mann ist, aber sonst nicht.


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)