Teil 3

Projekt Bayern-21

Nach gleichem Muster soll nun ein Blick auf die Bayern-Kader vergangener Jahre und di bisherigen Stationen von Ancelotti geworfen werden.

Dazu wurden die beiden Saisons ausgesucht, in denen man die Champions-League gewinnen konnte: 00/01 und 12/13. Bereits auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die Altersstrukturen der einzelnen Kader sich sehr voneinander unterscheiden.

Triple-Kader als Gerüst der heutigen Mannschaft


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Unterschiedlicher könnten die Altersstrukturen der großen Bayern-Teams kaum sein

Der Triple-Kader bot 2013 eine ideale Altersstruktur. Der Kern des Teams um Schweinsteiger und Lahm war zwischen 23 und 28 Jahre alt, was den Bereich Martinez bis Ribery abdeckt, ergänzt durch den damals noch erst 20-jährigen Alaba. Die Spielzeit des damaligen U-25-Blocks hat sich zur aktuellen Saison fast eins zu eins auf den U-30-Block verschoben.

Die Leistungsträger von damals sind größtenteils noch an Bord, worunter die jungen Spieler etwas leiden mussten. Von den Spielern die 2013 mehr als 60% der Minuten absolvierten sind einzig Schweinsteiger und Dante nicht mehr im aktuellen Kader.

Die ganz jungen Spieler des damaligen Kaders konnten den nächsten Schritt nicht rechtzeitig oder zumindest nicht bei den Bayern machen. Weder Weiser noch Höjbjerg noch Can sicherten sich entscheidende Spielzeiten. Zumindest Weiser könnte man ab nächster Saison sicherlich wieder gebrauchen.

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Fingen erst nach Ihrer Zeit in München an zu strahlen: Weiser & Can.
(Photo: Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)


Diese Spieler nicht einzubauen und ihnen Spielzeit zu verschaffen, ist mit ein Grund weshalb kein U-25-Eigengewächs im aktuellen Kader steht. Diesen Kritikpunkt muss sich Guardiola als Nachfolger von Heynckes gefallen lassen. Allerdings ist es bei einer relativ jungen Startelf, wie sie der 2013er-Kader hatte, auch schwer als Jugendspieler viel Spielzeit abzugreifen und es bedarf auch einer gewissen persönlichen Reife seinen langfristigen Entwicklungspfad in diesem hochklassig besetzten Kader anzunehmen.

Wenn der aktuelle Kader als erfahren beschrieben wird, sollte man als Vergleich den Kader von Bayerns erstem Champions-League-Titel heranziehen. Dieser Kader hatte viele Spieler die am Ende des Höhepunkts ihres Schaffens standen. Hier sind vor allem Linke, Tarnat und Effenberg zu nennen. Viele Spieler aus dem damaligen Team waren zwischen 28 und 32 und strotzten nur so vor Erfahrung von allerlei großen Spielen.

Dennoch schaffte es Ottmar Hitzfeld gezielt junge Spieler heranzuführen und in die Mannschaft zu integrieren. Salihamidzic absolvierte als 23-jähriger bereits 80% der Minuten, Sagnol im gleichen Alter 68%. Beide sollten noch für einige Jahre das Gesicht der Bayern prägen. Und selbst im Bereich U-20 konnten Santa Cruz und Hargreaves beide etwa 20% der Spielminuten für sich nutzen.

Ancelotti kann auch junge Spieler weiterbringen


Zum Abschluss noch ein Blick auf die Kader der Teams von Ancelotti’s CL-Siegen. Ist hier ein Muster erkennbar? Setzt der smarte Italiener immer alles auf die Karte Erfahrung?

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Mit einer ähnlichen Altersstruktur führte Ancelotti Mailand zum Champions-League-Sieg

Der erste Blick scheint diese These zu stützen, ist doch in allen Teams der Anteil von Spielminuten in der Gruppe der 30- bis 34-jährigen über 20%.

Milan als erste große Trainer-Station von Ancelotti stellt sich alles in allem als sehr ähnlich zu Bayern heute dar. Hier die große Spieler-Generation um Cafu, Maldini, Inzaghi, die einen letzten Anlauf nimmt, um in den Herzen der Fans unsterblich zu werden. Dazu viele erfahrenen Recken Ende 20 in Pirlo, Nesta und Seedorf. Kaka war damals analog zu Thiago im heutigen Bayern-Team der Fixpunkt für die Zukunft.

Bei Real stand der Kader zu Zeiten von Ancelotti noch am Anfang seiner Hochphase. Mit jungen Spielern der entsprechenden Qualität ließ der Italiener dann auch jung spielen. Bale, Di Maria und Benzema sind allerdings auch nicht die Art von unter 25-jährigen, die sich jedes Team im Vorbeigehen leisten kann. Die angesprochenen Spieler schafften es auch unter Ancelotti Schritte nach vorne zu machen. Zusätzlich konnte Ancelotti auf eine breite Masse aus Spielern zwischen 26 und 28 zurückgreifen, wobei hier Ramos, Modric und Ronaldo zu nennen sind.

Der älteste Spieler im damaligen Kader war übrigens Casillas mit 32 Jahren. Alonso und Pepe waren die einzigen Feldspieler mit 30 oder älter, die über 50% der Spielminuten absolvierten. Interessanterweise spielte Alonso damals bei Real weniger als bei Bayern heute.

Fazit

Der aktuelle Bayern-Kader hat neben der Generation Lahm-Robbery ein zweites Standbein in Form der 2021er-Generation. Dieser Kern der Mannschaft kann nun mehrere Jahre zusammen bleiben und weiterhin Leistungen auf höchstem Niveau abrufen. Daher ist in der aktuellen Situation auch kein Umbruch notwendig, wie er von den Medien gefordert wird. Vielmehr müssen im Rahmen des Projekts Bayern-21 Schwachstellen im Kader identifiziert und gezielt verstärkt werden.

Der Triple-Kader von 2013 ist in seiner Grundstruktur heute noch vorhanden. Wobei der gesamte Kernkader nun vier Jahre älter ist. Die Talente von damals konnten den nächsten Schritt leider nicht gehen, aber viele der gestandene Spieler wurden zu Club-Legenden. Anhand der Ancelotti-Teams kann abgeleitet werden, dass der italienische Maestro im Normalfall auf etablierte Kräfte setzt. Die 2001er Bayern sollten jedoch ein mahnendes Beispiel sein, dass ein zu starker Fokus auf Erfahrung einen negativen Einfluss auf die mittelfristigen Erfolgschancen hat.

Quelle: miasanrot.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)