Schweiz schlägt Kanada: Jetzt winkt erneut der WM-Titel

Das beste WM-Team aller Zeiten zelebriert die beste WM aller Zeiten. Die Schweiz besiegt in einem «Jahrhundert-Spiel» im Halbfinal Kanada (3:2) und spielt gegen Schweden um den Titel.

Klaus Zaugg, Kopenhagen

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Überschwängliche Freude bei den Schweizern nach dem Triumph gegen die Kanadier.
| Bild: Andy Mueller/Freshfocus (Kopenhagen, 19. Mai 2018)

In 30 Spielen vom Pausenplatz in den Hockey-Himmel. So lässt sich ein Hockey-Märchen in einem Satz erzählen. Am 7. Mai 2016 hat es begonnen. Die Schweiz verliert das erste WM-Spiel unter Nationaltrainer Patrick Fischer gegen den Aufsteiger (und späteren Absteiger) Kasachstan in Moskau 2:3 nach Penaltys. Der Begriff «Pausenplatz-Hockey» wird geprägt: Wildes Spiel ohne Struktur und System. Lustvoll, mutig und spektakulär vorgetragen. Aber (noch) erfolglos. Jetzt, im Rückblick, erkennen wir: es ist der Beginn eines neuen Zeitalters. Des Zeitalters eines neuen Denkens und Selbstvertrauens. Der Beginn einer Revolution.

Patrick Fischer hatte diese Revolution auch in Lugano als Klubtrainer versucht. Dort ist er an den Fährnissen des Alltages im Klubhockey gescheitert und musste gehen, als er im Herbst 2015 auf den letzten Platz abgerutscht war. Nur deshalb ist er heute Nationaltrainer.

Damals, an diesem Tag der Niederlage gegen Kasachstan in Moskau, liess sich noch nicht erahnen, wie weit diese Entwicklung gehen wird. Die Schweizer verpassten die Viertelfinals. Jetzt stehen sie 30 WM- und Olympia-Partien und 742 Tage später mit Patrick Fischer im Himmel. Sie spielen heute (20.15 Uhr) gegen Schweden zum dritten Mal nach 1935 (2:4 gegen Kanada) in Davos und 2013 in Schweden (1:5 gegen Schweden) um den WM-Titel. Es gibt noch so ein Hockey-Märchen. Der Titel dazu: «Vom Lottergoalie zum WM-Held». SC-Bern-Torhüter Leonardo Genoni beginnt diese WM als «Lottergoalie».

«Ich bin stolz, ein Teil dieser Mannschaft zu sein.»

Beim sensationellen Punktverlust zum Auftakt gegen Aufsteiger Österreich (3:2 n.V) ist er nicht ganz unschuldig. Er wird die Bühne dieser WM als Held verlassen: er hat die Schweiz sowohl im Viertelfinal gegen Finnland (3:2) als auch gestern im Halbfinal gegen Kanada zum Sieg gehext. Er liess sich auch in den hektischen letzten 127 Sekunden nach dem Anschlusstreffer zum 2:3 nicht mehr überwinden.

Eine taktische Meisterleistung

Die Superlative schienen nach dem Viertelfinal ausgereizt. Der Halbfinal gegen Kanada hat nun eine weitere Steigerung gebracht. Es war ein «Jahrhundertspiel». Gegen Finnland gelang die perfekte Leistung. Gestern war das Spiel noch perfekter. Wenn damals im Mai 2016 taktisch noch gespielt worden ist wie auf dem Pausenplatz, dann war die Partie gegen den 26-fachen Weltmeister Eishockey für die taktische Universität.

Die kanadische Offensivmaschine mit NHL-Topskorer Connor McDavid zu stoppen (er musste sich mit dem Assist zum 2:3 begnügen), das Offensivspiel der Kanadier zu lähmen und dabei nie in Passivität zu verfallen, immer das Spieldiktat zu behalten und schliesslich im Powerplay den Sieg mit zwei Treffern zum 2:1 und 3:1 zu vollenden – das ist die ultimative, die beste mögliche taktische Leistung im Eishockey.

Die Finnen hatten uns noch unterschätzt. Die Kanadier nicht. Sie versuchten alles, probierten alles und verzweifelten an einem Gegner, der in allen Bereichen besser war.

Eine Prognose gegen Schweden? Das Vorrundenspiel hat die Schweiz 3:5 verloren. Das liegt schon ein paar Tage zurück und zählt nicht mehr. Wahrlich, für diese Schweizer ist der Himmel die Limite. Das Schlusswort überlassen wir Nationaltrainer Patrick Fischer: «Wir haben gewusst, dass wir einen Supermatch brauchen. Nach zwei, drei Checks sind wir erwacht und spürten, dass die Kanadier zu packen sind. Leonardo Genoni hat eine unglaubliche Leistung vollbracht und ich bin stolz, ein Teil dieser Mannschaft zu sein. Wir bekommen nun nach 2013 eine zweite Chance gegen Schweden und darauf dürfen wir stolz sein. Wir werden alles daran setzen, um diesen Final zu gewinnen.»


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Zuletzt bearbeitet von Commander; 20/05/2018 11:50.