Dschungelcamp - Halbfinale Alles muss raus, auch David

Am Halbfinaltag werden im Dschungelcamp die Ekelrequisiten entsorgt: Immer feste druff mit dem Zeug, und zwar auf David. Sein Bad in Gammelware rettet ihn aber nicht.

Von Anja Rützel

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RTL/ Stefan Menne

Na aber huch, da fiel einem als redlichem Bildungsbürger-Eierkopf gestern ja fast das Franzbrot mit Taube aus der Hand vor Schreck: Sollte sich die lahme Verweigerungsgesellschaft im Camp, die einem mit ihrer Uninspiriertheit den liebsten Spaß beim Dschungelschauen - das hysterische Hineininterpretieren, übertriebene Umdeuten und affige Alliterationenklöppeln - genommen hatte, auf den letzten Metern doch noch besinnen, was sie den gehobeneren Ständen unter ihren Zuschauern schuldig war?

Plötzlich hockt da ein dickes Krabbelvieh im Camp, das seine Insassen überraschend faunakundig als Trichternetzspinne, weltweit die tödlichste ihrer Art, identifizieren, und man kramte aufgeregt nach seiner Reclam-Ausgabe von Jeremias Gotthelfs Novelle "Die schwarze Spinne", um die Parallelen zu überprüfen.

Die Ausgangslage passt schon mal wunderbar: In Dichtung und Wahrheit geht jeweils eine kleine Gemeinschaft eher unbedarfter Natur einen Pakt mit dem Bösen ein, versäumt es dann aber, seinem Part der Abmachung nachzukommen. Also schickt der Teufel zur Erinnerung eine schwarze Spinne, die schließlich mordend und marodierend durch das kleine Dörfchen zieht.

Bebend vor Spannung hört man Matthias zetern: "Ist das diese Trichterspinne? Also, ich hab keinen Bock, von der nen Kuss auf die Backe zu kriegen!" - auch in der Novellenvorlage war es ein Wangenschmatzer, der die böse Spinne als Erstes in die Abtrünnigen pflanzt, hurra, jetzt geht es endlich los! Dann kommen die Ranger ins Camp, evakuieren die schwarze Spinne und zertrampeln damit die letzte Hoffnung auf so was wie eine zusammenhängende Spannungsstory.

Spielverderber. Schönen Dank für nichts.

Statt Gruselszenen gibt es Jenny und Tina, in Decken eingewickelt am Lagerfeuer hockend, die als arme Würstchen im Schlafrock das gemeinsame Schicksal besprechen, mit ihrem künstlerischen Wirken immer etwas im Schatten der berühmteren und erfolgreicheren Schwester zu stehen. Tina, sympathisch abgeklärt und aufgeräumt wie immer, redet der schon wieder leicht ins Weinerliche schlingernden Jenny gut zu und liefert den besten Motivations-Dreiklang aller Zeiten, den sich Hobbycoach Natascha beim Zuschauen vor dem Versace-TV sicher sofort mit bebender Hand in ihr Phrasennotizbuch kritzelte: "Gib nicht auf! Pack es an! Vielleicht machst du mal für Extensions oder so was Werbung, wer weiß."

In einem anderen Zimmer dieser legendären Camperverfrachtungsanstalt wird der heimgekehrte Matthias von seinem Polyverlobten Hubert erst einmal auf den neuesten Stand des Hetzerwesens gebracht, und zwar in adäquatem Presssack-Fränkisch: "Die Iris, ich sag dir, die hat dich so in Dreck neig'nommen!". Und Matthias, der sich selbst in unerschütterlicher Ego-Grandezza gerade zum eigentlichen Dschungelkönig erklärt hatte, gibt besagter Mutter Katzenberger direkt einen geschmacklich gut dazu passenden Tipp: "Vielleicht sollte sie erst mal alle Gurken im Glas sortieren, bevor sie den Mund aufmacht."

Bei der Dschungelprüfung konnte man sich dann des Eindrucks nicht erwehren, als hätte mit den Zuschauern auch das Produktionsteam vor Ort bei der Betrachtung der schwächelnden Campbesetzung im Laufe der vergangenen Woche ein hübsches Häuflein Frustrationsaggression angesammelt.

Die lässt man am besten raus, bevor sich was zum Magengeschwür verwächst, und so kam es, dass Jenny den in einem schmalen Schacht fixierten David mit Massen von Stinkefleisch und Gammelorganen übergießen musste. "Keine Hektik, mach dir keinen Stress", hatte David vergeblich versucht, Jenny zu demotivieren, um der Ekeldusche zu entgehen, aber die durchsichtige Strategie verfing nicht. Jenny gab ihr Bestes, und vielleicht waren die saftig platschenden Geräusche der auf David niederprasselnden Gedärme tatsächlich der schönste Sound der ganzen Staffel. Bitte dringend für irgendeinen Ambient-Elektro-Kram samplen.

Immerhin hat David es nun überstanden, die Zuschauer wollten den Warmnuschler dann doch nicht im Finale sehen.

Auf den letzten Metern, das ist schön, berappelt sich Tina dann auch ein bisschen und hadert nicht mehr ausschließlich mit ihrer langen Camperkarriere: "Es ist wunderbar, dass ich so weit gekommen bin, ich bin glücklich, dass ich so lange durchgehalten habe". Sie hofft, nun vielleicht doch wieder einmal "in eine Fernsehsendung zu kommen, das wäre schön".

Daniele hingegen möchte im Falle seiner Krönung lieber zum Opernball, und zwar im Sakko, mit seiner goldenen Klobrille um den Hals und der Krone auf dem Kopf. Die Entscheidung, für wen man im Finale anrufen sollte, dürfte klar sein. (Nur vorsichtshalber: Gemeint ist Tina.)


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