»Ein ganz spezieller Geruch«
Vor fünf Jahren gründeten enttäuschte HSV-Fans den HFC Falke. Nun sammelt der Verein Geld für ein eigenes Stadion, das vor allem eines nicht sein soll: steril wie eine Profi-Arena.

Philipp Markhardt, vergangene Woche feierte der HFC Falke das fünfjährige Bestehen mit einem Freundschaftsspiel gegen den belgischen Fanverein YB SK Beveren. Wie viele Zuschauer waren da?
Wir hatten ein bisschen Pech. Das Wetter war schlecht, viele Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs fielen aus, wir mussten das Spiel auf einem abgelegenen Platz in Nienstedten (Stadtteil im Westen Hamburgs, d. Red.) austragen, und es war Schlagermove. Am Ende kamen vielleicht 230 Zuschauer.

Trotzdem braucht der HFC Falke ein eigenes Stadion. Warum?
Bislang haben wir auf der Rudi-Barth-Sportanlage in Altona-Nord gespielt. Ein tolles 6500 Zuschauer fassendes Stadion, Naturrasen, zertretene und Gras bewachsene Stehtraversen rund ums Feld. Dann das Klubheim mit Panoramaschreibe, durch die man direkt aufs Spielfeld blicken kann. Es gibt aber Probleme. Im Sommer ist der Platz gesperrt, daher müssen wir auf unseren Trainingsplatz in Eidelstedt ausweichen. Und der ist schlecht: Unsere Teams trainieren auf Grand, das Flutlicht verdient seinen Namen nicht. Außerdem muss man klar sagen: Wir haben wir in den vergangenen Jahren die Einnahmen zugunsten des Ambientes liegenlassen.

Nehmen Sie keinen Eintritt?
Doch, drei Euro. Und den Eintritt bekommen wir auch, trotzdem waren wir nach jedem Heimspiel bei Plusminusnull.

Wegen der Platzmiete?
Der Platz gehört Union 03, wir mussten bei jedem Heimspiel eine kleine dreistellige Summe zahlen. Wir konnten auch kein eigenes Catering anbieten, das macht dort alles der Pächter des Klubheims. In der kommenden Saison spielen wir also am Steinwiesenweg in Eidelstedt. Erst auf Grand und dann auf Rasen, wenn der vom Platzwart freigegeben wird. Denn auch dort muss im Sommer der Ball ruhen. Das Ziel Oberliga ist unter diesen Bedingungen nicht realistisch.

Muss der Verein unbedingt in die Oberliga?
Das war bei der Gründung vor fünf Jahren das beschlossene Ziel der Mitglieder. Aber es geht bei dem neuen Stadion um viel mehr als den sportlichen Erfolg. Wir möchten zum Beispiel nachhaltig als Stadtteilverein wirken. Wir könnten das neue Stadion unter der Woche allen möglichen Projekte und Initiativen zur Nutzung anbieten. Außerdem wollen wir eine Jugendabteilung aufbauen. Wir haben ausgebildete Trainer, was uns eben fehlt: Trainingsplätze und vor allem ein Stadion.

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Und mit Spenden in Höhe von 200.000 Euro, die Sie per Crowdfunding sammeln wollen, können Sie ein neues Stadion finanzieren?
Nein. Mit einer Anschubfinanzierung, die mindestens 50.000 Euro betragen soll, wollen wir aber eine stärkere Verhandlungsposition beim Bezirk haben. Oder anders: Wir wollen die Entscheidungsfreudigkeit der Behörden, die uns bislang nicht sonderlich ernst genommen haben, etwas erhöhen. Momentan sind schon 15.000 Euro zusammengekommen. Ob das Geld am Ende für ein Klubheim oder Flutlichter eingesetzt wird, sehen wir dann.

Dann spinnen wir mal etwas herum. Wie sähe denn Ihr Traumstadion aus?
Den Griffin Park von Brentford FC finde ich super. Schön oldschool und zusammengeflickt. Da passt keine Tribüne zur anderen. Und trotz Stehplatzverbot in Großbritannien hat dort eine Stehtribüne überlebt. Allerdings zieht auch Brentford 2020 in ein neues Einheitsstadion.

Wie ist es mit anderen Hamburger Amateurstadien? Der Oberligist Barmbek-Uhlenhorst hat seit einiger Zeit ein neues Stadion.
Es gibt dort eine große Tribüne samt Stehplätzen, aber hinter einer Geraden eine riesige Schallschutzwand. Ich finde es okay, aber auch etwas zu steril und funktional.

Das liegt in der Natur der Sache. Oder wollen Sie mit dem HFC Falke ein altes Stadion kaufen?
Eigentlich wäre das eine Riesenmarktlücke: ein Großhandel mit runtergerockten Stadien. (Lacht.) Aber klar, auch unser Stadion wird erst mal neu und sauber aussehen. Doch es geht ja um mein Traumstadion, und das ist eben etwas in die Jahre gekommen.

Dann träumen Sie weiter!
Unser neues Klubheim muss nicht supermodern sein. Ich fände einen alten Container aus dem Hafen gut. So einen haben sie auf einer Anlage in Lurup. Dort riecht es heute noch nach Zigarrenrauch aus den Achtzigern und dem Trikotmuff aus den Neunzigern. Herrlich. So ein ganz spezieller Geruch, den es nur beim Fußball gibt.

Sie haben den HFC Falke vor fünf Jahren gegründet als Abkehr vom kommerziellen Profifußball und aus Enttäuschung über die Ausgliederung der Profiabteilung des HSV und die Gründung einer Aktiengesellschaft. Wie erinnern Sie die supermodernen Multifunktionsarenen der Bundesligavereine?
Es herrschte Konsumklima. Das Bier war teuer und die Tickets sowieso. Gestört hat sich kaum jemand daran.

Beim HSV kostete der Stehplatz nur 15 Euro.
Das haben viele Leute gesagt. Aber das ist doch ganz schön viel: 15 Euro für einen Stehplatz! Besonders schlimm fand ich diese Passivität in den Arenen. Die Leute haben einfach alles hingenommen. Die Werbeveranstaltungen vor den Spielen, die Gewinnspiele, die extrem laute Beschallung mit Remmidemmimusik.

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Und die wird es im neuen Stadion des HFC Falke auf keinen Fall geben?
Einen Stadion-DJ haben wir auch. Aber der spielt keine Chartmusik, sondern Lieder, die zum Fußball passen. Und wenn es einem Zuschauer zu laut ist und er selber singen möchte, machen wir sie auch gerne mal etwas leiser.

Auf was kann sich der Zuschauer noch freuen?
Auf hoffentlich viele Stehplätze – und Sitze aus dem alten Mainzer Bruchweg, die man uns angeboten hat. Ansonsten wird es selbst gekelterten Falke-Cider und die schärfste Currywurst im Hamburger Fußball geben. Verkostung auf eigene Gefahr. Einen ersten Testlauf machen wir schon diesen Herbst auf der Sportanlage am Steinwiesenweg. Ich züchte schon die scharfen Chilis auf meinem Balkon.

Philipp Markhardt, Jahrgang 1980, ist Gründer und Präsidiumsmitglied des HFC Falke. Früher war er Mitglied der HSV-Ultragruppe Chosen Few.

https://www.11freunde.de/interview/wie-sieht-das-perfekte-amateurstadion-aus/page/1


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