Klubs investieren nicht mehr annähernd so viel wie im Vorjahr
Chinas Super League startet - doch der Hype ist vorbei

Ein Cent ist ein Euro abzüglich Steuern, heißt ein Sprichwort. So schlimm sind die Verhältnisse freilich nicht, auch nicht in China. Dennoch sorgt die Steuer dafür, dass der Boom aus dem Vorjahr in dieser Form nicht mehr vorhanden ist. Es ist nicht das einzige Problem der Super League, die am Freitagmittag in die nächste Runde geht.

Auf den letzten Drücker kam doch noch ein Megadeal zustande: Für insgesamt 48 Millionen Euro wechselten Yannick Carrasco und Nicolas Gaitan von Atletico Madrid zu Dalian Yifang. Die Reichen im Reich der Mitte hatten mal wieder zugeschlagen - doch längst nicht in der Form wie im Vorjahr.

Damals hatten chinesische Vereine in der Winterpause weit über 400 Millionen Euro für Neuzugänge ausgegeben. Königstransfer Oscar (26) wechselte für 60 Millionen Euro vom FC Chelsea zu Shanghai IPG. Hierzulande sorgte der Kaugummi-Transfer von Anthony Modeste vom 1. FC Köln zu Tianjin Quanjian für Schlagzeilen. 35 Millionen Euro strichen die Rheinländer letztlich ein.

Doch der Hype ist vorbei - und das hat gute Gründe. "Die ganze Liga ist verunsichert. Und das liegt an der neuen Strafsteuer", sagt der bekannte chinesische Sportkommentator Yan Qiang. Qiang geht davon aus, dass Vereine maximal noch ein Drittel der Summe des Vorjahres für Neuverpflichtungen ausgegeben haben. Seit vergangenem Sommer müssen Chinas Vereine schließlich eine hundertprozentige Steuer auf die Ablösesumme zahlen. Für den Transfer von Carrasco und Gaitan sind also insgesamt über 90 Millionen Euro fällig.

Beijing Guoan trickst vergeblich

Versuche der Vereine, die Steuer zu umgehen, scheiterten. Tricksen wollte beispielsweise das von Roger Schmidt trainierte Beijing Guoan. Als der Stürmer Cedric Bakambu Anfang Januar vom spanischen Erstligisten FC Villarreal in die chinesische Hauptstadt wechselte, gaben die Pekinger an, dass Bakambu seine Ausstiegsklausel in Höhe von 40 Millionen Euro "aus eigener Tasche" bezahlt habe. Steuer brauche man also nicht zu zahlen. Der chinesische Fußballverband reagierte, und zwar deutlich. Guoan kündigte kurz darauf kleinlaut an, "die relevanten Zahlungen" nachzuholen.

Sie können einfach nicht Fußball spielen.
Carlos Tevez über die Chinesen

Um heimische Spieler zu fördern, dürfen in China zudem nur drei Ausländer pro Team gleichzeitig auf dem Platz stehen sowie nur vier (plus ein nicht chinesischer Asiate) im Kader. So manchem Legionär war ohnehin eine gewisse Unlust anzumerken. Krassestes Beispiel ist Carlos Tevez: Vergangenes Jahr wechselte der Argentinier von seinem Heimatklub Boca Juniors nach Shanghai, wo er ein Jahresgehalt von 40 Millionen Dollar bekommen sollte. 16 Spiele, vier Tore - so lautete die magere Bilanz des Argentiniers. Dazu schüttete er noch etwas Häme über die Chinesen aus. "Sie können einfach nicht Fußball spielen. Chinesische Spieler haben von Natur aus nicht die technischen Fähigkeiten wie Südamerikaner oder Europäer", sagte er im September in einem Interview.

Im Januar ließ Shanghai ihn wieder gehen. Man wolle sich künftig mehr auf die eigene Jugendarbeit und die Förderung chinesische Talente konzentrieren, heißt es nun in immer mehr Vereinen, die damit auch ganz auf Linie der Kommunistischen Partei sind. Anthony Ujah ist gleichfalls ein Beispiel für den umgekehrten Weg: Der Nigerianer verließ seinen chinesischen Arbeitgeber Liaoning und schloss sich im Winter wieder Mainz 05 an.

Modeste vermisst seine Familie

Und wie ist es Modeste ergangen? Der Franzose hatte maßgeblichen Anteil daran, dass sein Klub die asiatische Champions League erreichte. Beim entscheidenden Quali-Spiel gegen den philippinischen Vertreter Ceres Negros (2:0) Ende Januar erzielte er beide Tore. Bei einem Besuch in Köln unmittelbar danach ließ er aber durchklingen, dass auch er nicht rundum glücklich ist und sich eine Rückkehr zum FC vorstellen könne. "Ich weiß nicht, was in der Zukunft passiert. Vielleicht komme ich wieder oder nicht", sagte er dem "Express". Er genieße die Zeit in China, vermisse aber auch seine Familie: "Ohne sie ist es schwer."

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