Bundesliga

Der VfB will sein Standardproblem endlich lösen


William Kvist kommt zu spät und Mike Hanke köpft den Freistoß zur 1:0-Führung von Borussia Mönchengladbach gegen den VfB Stuttgart ein. Wieder ein Gegentreffer für die Roten nache einer Standardsituation.

Wenn man nicht mehr weiter weiß und fast alles schiefläuft, kann ein Blick zurück in bessere Zeiten helfen. Das ist im wahren Leben so, wo eine Reise in die Vergangenheit ja oft befreiend wirken kann. Weil man sich auf das besinnt, was gut war – und eben nicht auf das, was gerade schlecht läuft. Auch im Fußball kann so ein psychologischer Kniff helfen. Und so hielt sich VfB-Trainer Bruno Labbadia vor dem Spiel bei Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky und Liga total) nicht lange mit der Gegenwart auf – er reiste mit seinem Team in die Vergangenheit.

Labbadia zeigte seinem Team einen Film. Die Hauptdarsteller waren die Profis der Roten, und in dem Streifen kickten und köpften sie so ziemlich jeden Ball aus dem eigenen Strafraum, der nach einer Standardsituation hineingeflogen war. Es gibt sie wohl tatsächlich, die Szenen, in denen die Abwehrspieler der Roten in dieser Saison nach einem ruhenden Ball die Gegenspieler im Griff hatten.

Labbadia lässt nichts unversucht

So wirklich bekannt dürfte das den Profis der Roten aber nicht mehr vorgekommen sein. Denn in dieser Saison patzen sie in schöner Regelmäßigkeit nach Standards und kassieren so Gegentore. Acht sind es bisher nach Ecken oder Freistößen, in den ersten beiden Rückrundenspielen beim FC Schalke (1:3) und gegen Borussia Mönchengladbach (0:3) waren es insgesamt drei.

Die Verunsicherung ist fast schon greifbar in den Reihen der Roten. Sie haben die Standards unzählige Male trainiert. Sie haben die Fehler besprochen. Allein, es half nichts.

Trainer Bruno Labbadia jedenfalls lässt nichts unversucht – neben dem netten Film hat er nämlich noch etwas anderes vorbereitet. Für die Partie in Leverkusen plant er eine Änderung. Bisher spielten die Roten bei gegnerischen Standards Mann gegen Mann. Jeder Profi bekam einen Gegner zugeteilt, und der sollte kein Tor schießen. Weil das aber in die Hose ging, sollen zwei bis drei Spieler fortan im Raum stehen und die Kollegen unterstützen. Die Feuerwehrmänner sollen ausbaden, was ein Einzelner nicht leisten kann – etwa, wenn er durch einen Gegenspieler geblockt wird und er seinen eigentlichen Widersacher aus den Augen verliert.

Gegner gedanklich schneller

So ähnlich hatte sich das Bruno Labbadia zwar auch schon in der Vergangenheit vorgestellt. Doch die Umsetzung scheiterte. „Jeder Spieler war bisher zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Das ist ein Stück weit normal, wenn es nicht läuft und du wenig Selbstvertrauen hast. Jeder war auf seinen Gegner und seine Aufgabe fixiert und hatte nicht auch noch den Nebenmann im Blick.“ Das soll sich jetzt ändern. Nur im Kollektiv, das ist die Ansage des Trainers, können die Roten ihr Standardprogramm endlich beenden und nach ruhenden Bällen sicherer stehen.

Das Rezept klingt denkbar einfach – jeder soll nach Möglichkeit quasi jeden unterstützen. Ob das aber alles so klappt, ist zumindest fraglich. Denn die Angst vor dem Freistoß ist weiter in den Köpfen, das Selbstvertrauen bei ruhenden Bällen des Gegners lässt sich nicht im Handumdrehen aufbauen. Auch in Leverkusen besteht die Gefahr, dass einige VfB-Profis erst mal mit sich selbst beschäftigt sein werden, den Nebenmann deshalb gar nicht im Blick haben – und selbst Fehler machen. Deshalb gilt es erst einmal, sich die Grundtugenden wie Konzentration oder Zweikampfhärte wieder anzueignen. Oft waren die Gegenspieler gedanklich einen Schritt schneller, sie sprangen eher in die Luft, und sie liefen früher in Richtung Ball. „Du darfst deinen Gegenspieler nie unbedrängt zum Kopfball kommen lassen“, sagt etwa der ehemalige VfB-Kapitän Frank Verlaat, der von 1995 bis 1999 bei den Roten verteidigte und bei den Standards oft der Turm in der Schlacht war. „Es ist nicht schlimm, wenn der Gegner zum Kopfball kommt – du musst ihn nur entscheidend dabei stören, dass er den Ball nicht drücken oder platzieren kann.“ Oft waren die Roten aber gar nicht in der Lage, Körperkontakt aufzubauen – weil der Gegner eben gedanklich schneller war und schon entwischt ist. „Uns hat die Entschlossenheit gefehlt“, sagt Bruno Labbadia.

Die braucht es an diesem Samstag in Leverkusen dringend wieder. Die kopfballstarken Bayer-Profis wie Manuel Friedrich, Stefan Reinartz oder Stefan Kießling werden auf die Fehler der Roten lauern.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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