Das Ende zweier grosser Karrieren Alexander Frei und Marco Streller treten per sofort aus der Nationalmannschaft zurück. Die Reaktionen von Medien und Fans sind wie zu erwarten ausgefallen - Ein Tiefpunkt für die Fussball-Schweiz.
Die Reaktionen
«Rücktritt: Frei und Streller lassen Hitzfeld im Stich», berichtet der Tages-Anzeiger. Der Blick titelt ungewöhnlich sachlich «Streller und Frei treten per sofort zurück!». Und die Basler Zeitung meint: «Frei und Streller lassen Schweiz im Stich».
Die Reaktionen der «Fans» fallen um einiges heftiger aus. Unter dem Blick-Artikel findet man vor allem Kommentare wie «endlich!», «wurde auch langsam Zeit» oder «wunderbar». Auf der Facebook-Seite «Klub der Aufholjäger! Wir schaffens noch an die EM 2012», der wohl vor allem die Nati-Optimisten beigetreten sind, heisst es bereits im ersten Kommentar, jetzt könne es ja nur noch aufwärts gehen. Dieselbe Person beweist ein paar Zeilen später dann auch gleich ihre enorme Fachkompetenz in Sachen Fussball, indem sie auf Albert Bunjaku, Eren Derdiyok und Valentin Stocker als gute Alternativen für Frei und Streller verweist. Die primitiven Kommentare häufen sich, dank der Anonymität des Internets, und ziehen sich wie ein roter Faden durch sämtliche Streller/Frei-Diskussionen. Lob oder Dankbarkeit findet man nur selten.
Wer hat Recht?
Die Diskussionen, ob Alex Frei und Marco Streller nun gute Stürmer seien und ob sie noch in die Nationalmannschaft gehören oder nicht liessen sich endlos fortführen. Eine Lösung oder eine richtige Meinung gibt es nicht. Fakt ist aber, dass die beiden Stürmer des FC Basel sich in ihrer gesamten Nati-Karriere meist vorbildlich verhalten haben, von ihren sportlichen Verdiensten einmal ganz abgesehen. Frei kämpfte seit seinem Karrierebeginn mit Anfeindungen gegen seine Person und Streller war seit längerer Zeit den Pfiffen der Fans ausgesetzt. Selbstverständlich spielten beide in letzter Zeit nicht so, wie man es von ihnen gewohnt war. Aber kann man nicht auch die Frage stellen, welcher Stürmer überhaupt ein Tor schiessen soll in einer Mannschaft, in der das Mittelfeld die Stürmer ungenügend mit Bällen füttert? Welche Stürmer sollen nun keine Tore machen, weil sie keine Pässe bekommen?
Und war es nicht auch so, dass die Fans und Medien bereits auf den kleinsten Fehler gewartet haben? Klar, Frei ist kein so lockerer und cooler Typ wie ein Diego Benaglio. Und Streller bewegt sich im Sturm halt nicht so flink und wendig, wie das die meisten Fussballfans von ihren Lieblingsstürmern erwarten, sondern wirkt meist ein wenig hölzern und unbeholfen. Und trotzdem haben es die beiden bis in die Nationalelf geschafft und dort sogar noch ordentlich für Furore gesorgt. Und sie sind beide, trotz so vieler Anfeindungen und Kritik, meist sehr anständig geblieben und haben der Nationalelf erst jetzt den Rücken gekehrt. Einen netten Vergleich kann man dabei auch mit Tranquillo Barnetta machen. Ein immer noch junger Spieler mit riesigem Potenzial, welches er aber in der Nationalelf bereits seit Jahren nicht mehr abrufen kann. Wird über ihn so hergezogen? Natürlich nicht, weil er den Bonus hat. Den Bonus, dass er ein junger Spieler ist, der nebenbei noch ganz cool rüberkommt und das perfekte Schwiegersohn-Image vermittelt.
Wo bleibt der Respekt?
Viele Zeitungen titeln, Frei und Streller liessen die Schweiz und Ottmar Hitzfeld im Stich. Und die meisten Fans zeigen sich begeistert über den Rücktritt der Beiden. Aber sind wir ehrlich, nicht Frei und Streller lassen die Schweiz im Stich, sondern die ganze Schweiz diese beiden tollen Stürmer mit ihren bemerkenswerten bisherigen Fussball-Karrieren. Egal ob sie in den letzten Spielen gut oder schlecht gespielt haben, die Respektlosigkeit, welche den Beiden von Medien und Fans entgegengebracht wird ist untragbar. So etwas gibt es in keinem anderen Land, und viele Fans anderer Nationalmannschaften finden diese ganze Hetzjagd eine riesige Frechheit.
Eine nette und passende Anekdote dazu ist die Geschichte von David Beckhams Auftritt mit der AC Milan bei seinem Ex-Klub Manchester United in der Champions League. Beckham wurde, obwohl er für das gegnerische Team spielte, von den ManU-Fans gefeiert und beklatscht. Weil Ehre und Respekt im englischen Fussball grossgeschrieben werden. Weil England eine grosse Fussballnation ist. Und die Schweiz, egal mit welchen Stürmern sie antreten wird, genau aus diesem Grund niemals eine grosse Fussballnation werden wird. Ohne Alex Frei und Marco Streller sowieso nicht.
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