Vor dem All-Star-Game in Leipzig am Freitagabend
Was wird aus Prokop? DHB-Präsidium berät sich

Nach der verkorksten EM in Kroatien tritt die deutsche Handball-Nationalmannschaft beim All-Star-Game in Leipzig erstmals wieder öffentlich auf. Im Fokus steht der angezählte Bundestrainer Christian Prokop, über dessen Zukunft vor dem Spiel im Verbandspräsidium beraten wird.

Der Spaßfaktor beim jährlichen Show-Spektakel der deutschen Handball-Familie soll trotz der besonderen Umstände nicht leiden. "Es bleibt ein Show-Spiel, dafür ist es da", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning vor dem All-Star-Game zwischen der Nationalmannschaft und einer Bundesliga-Weltauswahl.

Und doch werden am heutigen Freitagabend (19.30 Uhr) in Leipzig alle Augen auf Prokop gerichtet sein, denn vor dem Anpfiff wird das Präsidium des Deutschen Handballbundes erstmals die nach der verkorksten EM im Raum stehende Frage erörtern, ob der mit einem langfristigen Vertrag bis 2022 ausgestattete Bundestrainer die DHB-Auswahl zur Heim-WM 2019 führen soll oder nach nur einem Jahr gehen muss.

Zur Causa Prokop wollte sich Hanning vor dem Treffen im Leipziger Penta-Hotel "nicht mehr äußern", nachdem er in den vergangenen Tagen mehrfach betont hatte, dass der Verband an seinem Wunschtrainer festhalten möchte. "Zielrichtung und Wunsch sind es, mit Christian Prokop weiterzumachen", wiederholte Hanning zuletzt im "Aktuellen Sportstudio": "Ich traue der Mannschaft und dem Trainer zu, aus den Themen zu lernen, gemeinsam besser zu werden und eine gute Heim-WM zu spielen."

Liga drängt auf Entscheidung - HBL-Präsidium uneinig

Doch die EM-Ereignisse wirken immer noch nach - und setzen den DHB sowohl inhaltlich als auch zeitlich stärker unter Druck, als den Verantwortlichen lieb sein kann. Kaum ein Tag vergeht, an dem das Thema nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Die Liga befürchtet daher einen zunehmenden Imageschaden und fordert ein höheres Tempo bei der Aufarbeitung. "Wir sehen es als notwendig an, dass schnell darüber entschieden wird", betonte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.

Wir wollen Christian schützen und ihn nicht der Meute zum Fraß vorwerfen.

DHB-Vize Bob Hanning

Im HBL-Präsidium, das am Freitag durch Liga-Präsident Uwe Schwenker vertreten sein wird, besteht jedoch offenbar keine Einigkeit über den Königsweg - wie immer der aussehen mag. "Es wird in keinem Falle um die sportfachliche Kompetenz gehen, sondern um das, was es da an atmosphärischen Störungen gegeben hat", sagte Schwenker dem SID. Die Haltung der Liga sei laut Schwenkers Angaben nach der Telefonkonferenz des HBL-Präsidiums am Mittwoch "komplex".

Soll heißen: Einige Mitglieder sind für Prokop, einige gegen ihn. Und der DHB will an seinem Zeitplan von vier bis sechs Wochen festhalten. Bevor die Verantwortlichen nicht mit Prokop, dem Mannschaftsrat und einzelnen Spielern gesprochen haben, wird es keine Entscheidung geben.

Potenzielle Nachfolger werden schon gehandelt
Für den Fall von Prokops Demission werden bereits verschiedene Namen als mögliche Prokop-Nachfolger gehandelt, darunter Ex-Frauen-Bundestrainer Michael Biegler, Alfred Gislason vom THW Kiel und der frühere Hamburger Meistertrainer Martin Schwalb. Letzterer wollte sich zu den Gerüchten nicht näher äußern. "Wenn jemand im Amt ist, spekuliert man nicht", sagte Schwalb dem SID.

Der Trainer selbst verarbeitet die EM-Tage mit "vielen negativen Erlebnissen", wie er vor der Abreise aus Kroatien bekannte, im Familienkreis - und schweigt. "Wir wollen Christian schützen und ihn nicht der Meute zum Fraß vorwerfen", sagte Hanning. Beim Show-Event am Freitag, für das er 16 der insgesamt 18 EM-Fahrer nominiert hat, wird sich Prokop erstmals wieder äußern.

In seiner Wahl-Heimat, wo er im Vorjahr offiziell als Nachfolger von Dagur Sigurdsson vorgestellt und vom Publikum gefeiert wurde, darf der Bundestrainer nach den schweren Stunden von Kroatien zumindest auf einen warmen Empfang hoffen.

Quelle: kicker.de