Heute einen Artikel auf netzpolitik.org über die WM in Qatar gefunden:

"WM in Katar
Gefährliche Zwangs-Apps für Fußballfans


19.10.2022 um 15:28 Uhr - Tomas Rudl

Fans, die in einem Monat zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Katar reisen, müssen zwangsweise zwei Apps auf ihre Handys installieren. Das ist ein großes Sicherheitsrisiko, warnen Expert:innen.

Wer sich zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar aufmacht, sollte das private Handy lieber zu Hause lassen. Sicherheitsexpert:innen warnen vor zwei Apps, die sich Fans vor Ort verpflichtend auf ihre Smartphones installieren müssen. Beide Apps haben weitreichenden Zugriff auf persönliche Daten, berichtet der öffentlich-rechtliche Rundfunk NRK aus Norwegen.

Sorgen bereitet einerseits die App Ehteraz, die Infektionen mit dem Coronavirus nachverfolgen soll. Einmal installiert, kann sie unter anderem auf sämtliche Daten auf dem Handy zugreifen, WLAN- oder Bluetooth-Verbindungen überwachen und den genauen Standort auslesen.

Vor der App warnt auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Diese sei „menschenrechtlich problematisch bis gefährlich in Bezug auf willkürliche Überwachung und Verletzungen von Privatsphäre sowie Datenschutz“, resümierte die NGO bereits im Sommer 2020. Zudem gebe es Probleme mit Sicherheitslücken.

Zentrale Datenbank
Anders als bei der deutschen Corona-Warn-App übermittelt Ehteraz die Daten an einen zentralen Speicherort, wo sie sich mit Hilfe einer ID-Nummer leicht einzelnen Personen zuordnen lassen. Die App sei vergleichbar mit der ersten Version der norwegischen Corona-Warn-App Smittestopp, sagt der Sicherheitsexperte Martin Gravåk. Diese wurde von der norwegischen Datenschutzbehörde nach nur kurzer Zeit gestoppt, weil sie zu tief in die Privatsphäre eingegriffen hatte.

So kann Ehteraz etwa genau nachverfolgen, wohin man geht und welche anderen Handys sich in der Nähe befinden. Damit lasse sich herausfinden, wer sich mit wem trifft, warnt Gravåk. „Wenn du die Opposition jagst, Schwule, oder andere, die du nicht magst, dann macht es dir so eine App viel einfacher“, sagt der Sicherheitsexperte.

Die Konsequenzen für Individuen und Gruppen könnten „signifikant“ sein, sagt Tor Erling Bjørstad, ein anderer Sicherheitsexperte. Man müsse den Betreibern der Systeme eine gehörige Portion an Vertrauen entgegenbringen, so Bjørstad, und dies sei in Katar nicht unbedingt gegeben.

Menschenrechtsverletzungen in Katar
Katar ist eine absolute Monarchie und steht wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Die Rechte von Frauen sind stark eingeschränkt, Homosexualität wird strafrechtlich verfolgt und für Kritik an der Regierung drohen lebenslange Freiheitsstrafen. Die Nichtregierungsorganisation Freedomhouse stuft das Land als „nicht frei“ ein.

Dass die Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft, die in einem Monat beginnt, überhaupt an den Golfküstenstaat gegangen ist, hatte viele überrascht. Im Raum stehen zum einen schwere Korruptionsvorwürfe. Zum anderen wurden die von Arbeitsmigrant:innen neu errichteten Stadien und die weitere Infrastruktur „auf einem Berg von Menschenrechtsverletzungen gebaut“, kritisiert die Grundrechteorganisation Human Rights Watch. Entschädigungen für eigens ins Land gekommene Arbeiter:innen, die von Lohndiebstahl oder Arbeitsunfällen betroffen sind, stehen jedoch weiterhin aus.

Problematische WM-App
Die andere App, Hayya, ist die offizielle App für die Weltmeisterschaft. Mit ihr lässt sich die sogenannte Hayya Card verwalten, die für die Einreise in das Land und für den Besuch im Stadion zwingend notwendig ist. Außerdem lockt Hayya mit der kostenlosen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs.

Im Vergleich zu Ehteraz sei die Hayya-App zwar weniger invasiv, schreibt NRK, frage aber dennoch kritische Daten ab. So könne sie unter anderem den Standort auslesen, das Smartphone am Einschlafen hindern und Netzwerkverbindungen überwachen. Ferner sei sie in der Lage, persönliche Informationen „beinahe ohne Einschränkungen“ weiterzugeben, so NRK.

Auch die Sicherheitsforscherin Naomi Lintvedt von der Universität Oslo rät daher von beiden Apps ab. Nutzer:innen müssten den Nutzungsbedingungen vollständig zustimmen und könnten einzelnen problematischen Punkten nicht widersprechen. Dabei geben sie den Apps weitreichende Zugriffsrechte, die nicht erforderlich seien. „Das erlaubt Überwachung durch die Regierung, und weil es sich um Katar handelt, muss man das zusätzlich berücksichtigen“, sagt Lintvedt. „Damit erhöht sich das Risiko, dass die Daten für andere Zwecke verwendet werden als nur für das Nachverfolgen von Coronainfektionen“."


Meine persönliche Meinung dazu:
Auch in Verbindung mit den Einschränkungen bei der Pressefreiheit und der damit verbundenen Verhinderung auf Unterdrückung von Menschenrechten hinzuweisen muss man sich schon fragen, wie die FIFA das in Einklang zu Ihren eigenen Statuten und dem Bekenntnis zu den Menschenrechten bringen will.

Also langsam ist für mich persönlich wirklich das Fass übergelaufen und ich bin angewidert und werde nichts schauen.


"Fußballmannschaften verhalten sich wie schwach radioaktive Quellen, nur senden sie keine Strahlen aus, sondern Tore." (Metin Tolan)