DEL-Play-off-Finale, Spiel 6 in Berlin
Nach geplatzter Heimparty: München vor Charaktertest

Nach diesem Heim-K.o. ist Charakter gefordert beim EHC Red Bull München. Und so eine Situation ist selbst für die routinierte und als kaum schlagbar eingestufte Startruppe neu. Frust und Enttäuschung statt Meisterjubel und Hattrick-Party, Überstunden in Berlin statt Urlaub oder WM-Zugabe: Die 5:6-Niederlage in der Verlängerung gegen die Eisbären Berlin stellt den Titelverteidiger der Deutschen Eishockey Liga (DEL) vor eine heikle Aufgabe.

Geht gegen euphorisierte Hauptstädter auch das Gastspiel am Dienstag (19.30 Uhr) verloren, dann wartet ein Final-Showdown zwei Tage später in München. Und plötzlich tun sich Parallelen auf zum traumatischen "Finale dahoam" der Münchner Fußballer in der Champions League 2012.

Auch für die Kufencracks von Coach Don Jackson war am Sonntag alles angerichtet für die rauschende Party bei herrlichem Frühsommerwetter. Doch zwei völlig verpatzte Drittel und ein Krimi ohne Happy End in der Verlängerung machten die Feierpläne jäh zunichte. "Das war herzzerreißend", sagte Jackson. Den Ärger über schlampige und fahrige Phasen seiner Mannschaft konnte er nicht verbergen.

Statt wie in den Partien zuvor mit Kaltschnäuzigkeit und Cleverness zu überzeugen, luden die Hausherren ihre Gegner zu Toren ein und konnten selbst offensiv lange kaum gefährlich werden. Ungenaue Pässe und Scheibenverluste brachten den EHC in die Bredouille.

"Natürlich wollen wir das am Dienstag schaffen" - In Berlin soll der Titel her

Lange hadern wollten die Münchner mit der Enttäuschung aber nicht, auch wenn der Frust bei den Spielern tief saß und sie nach der Partie keine Lust mehr hatten auf Fragen der Journalisten. Jetzt soll der Titel in Berlin her, das ist das Motto. Auf noch ein Heimspiel haben die "Bullen" keine Lust mehr. "Natürlich wollen wir das nächste Spiel gewinnen und das am Dienstag schaffen", rang sich Kapitän Michael Wolf beim Verlassen des Eises am TV-Mikrofon von Telekomsport ab.

Coach Jackson bemühte sich, vor der Reise nach Berlin positiv zu bleiben. Er hob hervor, dass sein Team nach 0:2-, 1:3-, 2:4- und 4:5-Rückständen jeweils den Ausgleich erzwungen und die Verlängerung erreicht hatte. "Ich denke, das Comeback war extrem bravourös", lobte der Trainer. "Manche blühen unter Druck auf und leisten Großartiges. Ich denke, das haben wir gemacht mit unseren Toren." In der Overtime sorgte Jamie MacQueen nach 76 Sekunden für die Entscheidung, nachdem Münchens Brooks Macek das leere Tor verfehlt hatte.

Wie die Eisbären zu schlagen sind, das haben die Münchner bei ihren beiden Auswärtsmatches in der Arena am Berliner Ostbahnhof gezeigt: 5:4 und 4:2 und setzte sich der Titelverteidiger da jeweils durch. So eine Playoff-Situation hatte der EHC aber noch nie. Erstmals seit dem Aufstieg in die DEL muss die Truppe in ein sechstes Spiel: 2015 war das Münchner Viertelfinale nach einem 0:4 in der Serie gegen Wolfsburg vorbei. In den beiden folgenden Meisterjahren hatte die Jackson-Truppe alle Duelle nach maximal fünf Partien entschieden.

Eisbären hoffen auf das große Nevernflattern

Die Berliner hoffen nun auf das große Nervenflattern beim Gegner, der mit sieben Olympia-Silbermedaillengewinnern und Routiniers wie Wolf und Jason Jaffrey eigentlich cool genug sein sollte. "Schön wäre es", sagte Eisbären-Verteidiger Frank Hördler, der darauf spekuliert, dass beim Gegner nun "irgendwo Fragezeichen im Kopf" sind. Aus möglichen Fragezeichen am Dienstagabend Ausrufezeichen zu machen, das ist die Aufgabe der Münchner, für die der Trip nach Berlin nur eine kleine Extrarunde auf dem Weg zum dritten Titel in Serie sein soll.


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