News 23.02.2008, 21:01 Uhr

Schaaf: "Kompliment, aber da musste mehr bei rum kommen"


Manch neutraler Zuschauer musste vermutlich ganz genau hinschauen, in Frankfurt in der 2. Halbzeit. Welches war nochmal das Team, das vor gut eineinhalb Tagen noch im Norden Portugals auf dem Platz gestanden hatte? Ja, richtig, die in den grün-weißen Trikots, gell? Zehn Werderaner steckten in diesen Trikots, die sich kein bisschen um die kurze Erholungspause scherten und alles dafür taten, die Statistik der Terminplan-Geplagten zu verbessern. Am Ende aber war aller Kampf umsonst: Zu Buche stand im siebenten Fall die sechste Niederlage für ein Team, das nach einem Donnerstagabendspiel schon am Samstag wieder ran musste.

Aber dieser harte Rhythmus rückte in Frankfurt in den Hintergrund, weil Werder sich absolut wach präsentierte. Die kurze Schwimmstunde zu Beginn mal ausgenommen. "Die Mannschaft hat in der ersten Halbzeit ein paar Minuten gebraucht, um in Schwung zu kommen", stellte Geschäftsführer Klaus Allofs fest. Werder überstand den feschen Eintracht-Start und machte laut Allofs "die Sache dann ganz gut, auch wenn wir in der Offensive nicht so zwingend waren". Das galt aber nur für die ersten 45 Minuten, als die Gäste das Spiel zwar ausgeglichen gestalten, aber nur eine ernsthafte Torchance herausspielen konnten.

Nur kurz nutzt Frankfurt die Überzahl effektiv

Kurz vor der Pause schien es ganz dick zu kommen für Werder. Diego sah Rot – mit zehn Mann und schweren Beinen gegen die bisher gleichwertige Eintracht? Oh-oh. Und tatsächlich, nach Wiederanpfiff scharte sich das Team von Friedhelm Funkel um den eingewechselten Gestalter Caio und legte den Vorwärtsgang ein. Um echte Gefahr zu erzeugen, brauchte es aber Bremer Unterstützung. "Folge einer Fehlerkette" – so beschrieb Klaus Allofs die fatalen Sekunden, als Sebastian Boenisch, Jurica Vranjes und Tim Wiese Ioannis Amanatidis das goldene Tor des Nachmittags ermöglichten. Der Geschäftsführer nutzte die Gelegenheit aber gleich, um Startelf-Debütant Boenisch zu loben: "Sebastian hat sonst ein sensationelles Spiel gemacht. Es ist gut, dass jetzt einige Akteure dazu kommen, die uns weiter bringen."

Nach dem 0:1 waren noch 35 Minuten zu spielen – genug Zeit, um trotzdem was mitzunehmen. Darauf besann sich der Tabellenzweite bald und schoss Oka Nikolov im Eintracht-Tor bis zum Schlusspfiff munter die Fäuste wund. Allein, der Riesenaufwand wurde nicht belohnt, beste Chancen blieben ungenutzt. "Wir waren frei vor dem Tor, aber treffen nicht, da musste einfach mehr bei rumkommen", ärgerte sich Cheftrainer Thomas Schaaf, der auch kritisierte, dass seine Elf (oder Zehn) erst so spät die Initiative ergriffen hatte: "Was wir in der 2. Halbzeit geleistet haben, hätten wir uns eher gewünscht." Abgesehen vom Ergebnis zog er dennoch ein positives Fazit aus dem Erlebten: "Was meine Mannschaft in Unterzahl geleistet, wie gut sie nach vorn gespielt hat und das nach so einer kurzen Pause – Riesenkompliment dafür."

Unglückliche Bilanz des Nachmittags, die Gesamtbilanz bleibt aber offen

Der Trainer der Gastgeber, Friedhelm Funkel, sprach zu Recht von "Glück", mit dem sein Team das Ergebnis über die Zeit gerettet hätte. Währenddessen schlug Klaus Allofs nochmal den Bogen zur letztlich entscheidenden Szene. "Es ist sehr ärgerlich, so ein Tor zu bekommen", haderte der Geschäftsführer, "wenn man gleichzeitig die vielen eigenen Chancen nicht nutzen kann." Denn in Anzahl und Qualität waren Werders Einschusschancen doch deutlich besser als die der Frankfurter.

Die fünfte Saisonniederlage kommt zu keinem guten Zeitpunkt. Bayer Leverkusen hat wieder Fahrt aufgenommen, am Sonntag kann der HSV noch dichter aufrücken oder Tabellenführer München auf sechs Punkte enteilen. So schmerzt diese Niederlage, aber man konnte sie auch in ein freundlicheres Kleid stecken. "Aus unserer Sicht ist unwichtig, wie die anderen spielen. Wir müssen unseren Weg gehen", sagte Tim Borowski. "Den haben wir heute vom Ergebnis her zwar nicht ganz gefunden, aber die Einstellung hat gestimmt." Ivan Klasnic erinnerte dann doch noch mal an die vergangenen zwei Tage. "Für mich ist positiv, dass wir nach dem Europapokal-Spiel hier so eine Leistung abgeliefert haben", stellte der Kroate fest. "Wenn man so ein Spiel hinlegt und so eine Moral zeigt, ist das kein Rückschlag." Zumal noch 13 Spieltage bleiben, um den in Frankfurt so unglücklich verlorenen Boden wieder wett zu machen.

von Enrico Bach und Tino Polster