Weser-Kurier 03.03.2008

Erfolgreiche Umschulung


Aus dem Stürmer Hunt wird der Gestalter Hunt / Junior-Tandem mit Özil

Von Thorsten Waterkamp

BREMEN. In der 32. Minute wurde Thomas Schaaf unruhig. Wild gestikulierend wies er Aaron Hunt an, sich mit seinen Aufwärmübungen vor der Ostkurve doch bitteschön etwas zu beeilen. Es pressierte, dachte sich Werders Trainer - im zwangsweise runderneuerten Bremer Mittelfeld lief es gar nicht rund. Fünf Minuten später war Hunt im Spiel gegen Dortmund, man könnte auch sagen: Er kam, sah und siegte. Und legte einen weiteren Schritt zurück in einer Umschulungsmaßnahme, die Schaaf ihm nun schon seit geraumer Zeit auferlegt.

Aus dem Stürmer Aaron Hunt ist in dieser Saison ein Ex-Stürmer Aaron Hunt geworden - seinen Wert entfaltet der 21-Jährige immer mehr in einem Bereich hinter den Spitzen, der sich von der linken Seite des Mittelfeldes bis in die Mitte erstreckt. Der Ex-Stürmer Hunt wird dann zum Spielgestalter Hunt, zum Vorbereiter für die Spitzen, zum Ordnungsfaktor im Mittelfeld. Wenn alles klappt.

Gegen Dortmund hat es geklappt, wieder einmal. Schaaf war zunächst unzufrieden gewesen mit dem Spiel der Bremer Raute. Ohne die Stützen Diego, Frank Baumann oder Torsten Frings stand quasi eine Art B-Besetzung mit dem jungen Neuling Mesut Özil und dem etatmäßigen Rechtsverteidiger Clemens Fritz auf dem Platz. "Wir haben anfangs nur vorne oder nur hinten gespielt", sagte Werders Chefcoach, "da hab’ ich ihn losgeschickt: ,Beweg dich mal. Kann sein, dass wir noch vor der Pause was machen.‘" Schaaf machte tatsächlich was vor der Pause - und mit der Einwechslung Hunts genau das Richtige. "Es ist direkt gut gelaufen", freute sich auch der Spieler, der unter anderem die Vorarbeit zu den beiden Rosenberg-Toren leistete. "Er hat seine Möglichkeiten sehr gut ausgenutzt", lobte Schaaf. Nach der Pause dominierte Werder über immer harmlosere Dortmunder, die dem Druck kaum noch etwas entgegenzusetzen hatten - eine der besten Bremer Leistungen der Rückrunde.

Damit war die Frage beantwortet, die vor der Partie im Raum gestanden hatte: Was macht Werder ohne Diego? "Es wäre ja auch tragisch, wenn dann gar nichts mehr ginge", ergänzte Sportdirektor Klaus Allofs, der Alternativen erkannt hatte selbst in der prekären Personalsituation des Sonnabends.

Eine wesentliche ist Aaron Hunt - der andere junge Spieler im Mittelfeld-Viereck ist dagegen noch ein Stück von dieser Rolle entfernt, auch wenn Mesut Özil Diegos Ratschlag vor dem Spiel beherzigt hatte: "Mach, was du kannst", habe der Brasilianer ihm gesagt, erzählte der Ex-Schalker: "Das habe ich dann gemacht." Vielleicht nicht ganz - auf jeden Fall nicht in der ersten Halbzeit. Kritik an dem U-21-Nationalspieler wollten allerdings weder Schaaf noch Allofs aufkommen lassen. "Er hat angedeutet, dass er ein sehr guter Spieler werden kann", stellte sich der Geschäftsführer Sport vor den Neuzugang.

Özil kam erst im zweiten Abschnitt unter der ordnenden Hand von Aaron Hunt in Ansätzen besser zum Zuge. "Wir können uns gut ergänzen und auch mal die Position miteinander wechseln", stellte Hunt fest: "Ich habe dann ein paar Mal mit Mesut getauscht." Das Junior-Tandem mit dem 19-jährigen Özil und dem 21-jährigen Hunt wäre demzufolge ein Gespann mit Zukunft - nicht der schlechteste Umstand für Schaaf, wenn er mit einer solchen Perspektive arbeiten kann.Weitergehende Perspektiven sah Allofs nach dem Dortmund-Spiel für Aaron Hunt. "Wenn er nicht dauernd diese Verletzungen hat, ist er ein Fall für die Nationalmannschaft", warf der Sportdirektor in den Raum. Kaum ausgesprochen, ahnte der Sportdirektor allerdings wohl, dass diese Äußerung etwas zu viel Interpretationsspielraum zuließ - und ergänzte eiligst: "Natürlich nicht jetzt für die EM."