Wolfgang Frank ist tot. Der Fußballlehrer starb mit nur 62 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Frank galt während seiner Zeit in Mainz als einer der innovativsten deutschen Trainer. Spuren hat er bis heute hinterlassen - als Lehrmeister von Jürgen Klopp.

Als der Trainer Wolfgang Frank in Mainz die Viererkette einführte, spielte Fußball-Deutschland mit Libero. Damals, Mitte der Neunziger, hielten viele diese Viererkette hierzulande noch für eine Tanzformation, aber Frank war eben weiter als die meisten. Sein Vorbild war der Italiener Arrigo Sacchi, dessen großer AC Mailand so schon länger erfolgreich verteidigte.

Als "sehr mutig" hat der Trainer Jürgen Klopp, der unter Frank bei dem damaligen Zweitligisten Mainz spielte, das Viererketten-Experiment später beschrieben. Nicht nur, weil das mit Ausnahme von Volker Finke in Freiburg und eines gewissen Ralf Rangnick in Reutlingen sonst noch niemand gewagt hatte - es ging Klopp auch um den Zeitpunkt: Wolfgang Frank hatte die taktische Revolution in Mainz mitten im Abstiegskampf ausgerufen.

Und sie funktionierte.

Mainz rettete sich nach einer überragenden Rückrunde, im gesamten Jahr 1996 verlor der Club nur drei Spiele, Wolfgang Frank war für eine Weile so etwas wie der größte Fußballintellektuelle Deutschlands. Die "Stuttgarter Zeitung" schrieb, es habe den Anschein, "als sei Frank seiner Zeit voraus", die "SZ" nannte ihn einen "sehr professionell arbeitenden Ehrgeizling", was durchaus lobend gemeint war, sich aber ein Jahr später auch als prophetisch herausstellen sollte. Da verließ Frank Mainz Knall auf Fall, die in seinen Augen fehlende Entwicklung des Clubs hatte sich mit seinem Ehrgeiz nicht in Einklang bringen lassen.

Eine "Offenbarung"


Frank wechselte nach Wien, kehrte kurz zurück nach Mainz, verließ den Club erneut. Am Ende war man bei dem Club nur noch genervt von dem Trainer, dem man so viel zu verdanken hatte. Und andersrum.

Es hatte davor schon viele Vereine im Leben des Wolfgang Frank gegeben und natürlich danach. Eintracht Braunschweig, für das er als Stürmer 1977 im Uefa-Cup-Rückspiel gegen Dynamo Kiew (1:1) zur 1:0-Führung traf. Rot-Weiß Essen, mit dem er 1994 als Trainer sensationell das DFB-Pokalfinale erreichte. Unterhaching, das er aus den Fußball-Niederungen in die zweite Liga geführt hatte.

Aber mit keinem Club verbindet man den Namen Wolfgang Frank so sehr wie mit Mainz 05. Auch wegen Jürgen Klopp, als dessen Entdecker er gilt und der seit Jahren mit Borussia Dortmund die Bundesliga aufmischt. Frank hat seinen Anteil an Klopps Erfolgen immer kleingeredet, Klopp hat immer das Gegenteil getan. Eine "Offenbarung" nannte der BVB-Coach die Trainingsarbeit des Lehrmeisters. Bis zuletzt hielten beide den Kontakt.

Es ist nicht ohne Tragik, dass es Frank, dieser visionäre Trainer, selbst nie in die Bundesliga geschafft hat. Vor sechs Jahren, in einem Interview in der "Frankfurter Rundschau", witzelte er noch, er sei ja noch jung, das könne alles noch kommen. Aber dann ging er nach Wuppertal und Wehen und Jena und schließlich nach Eupen, und nie blieb er lange.

Jetzt ist Wolfgang Frank gestorben, er wurde nur 62 Jahre alt. Erst im Mai sollen Ärzte bei ihm einen Hirntumor festgestellt haben. Am Rande des Heimspiels der Offenbacher Kickers, für die Frank einst tätig gewesen war, erfuhren die Zuschauer am Samstag vom Tod ihres ehemaligen Trainers und legten eine Schweigeminute ein. Auch bei den Gästen war die Trauer groß: Es war die zweite Mannschaft von Mainz 05.





Von Christian Gödecke