Hier ein Interview mit Mesut Özil und seinem Papa...

BILD am SONNTAG: Herr Özil, Sie haben gerade gesagt, dass Sie Ihren Sohn jetzt das erste Mal seit zweieinhalb Monaten sehen. Und, sind Sie zufrieden?

Papa Mustafa (42): Na, auf jeden Fall. Mesut spielt überragend. Und er kommt mir ein wenig kräftiger vor…

Mesut (20): Das hast du gut beobachtet. Ich habe schon zwei Kilo an Muskelmasse zugelegt! Aber ich darf nicht zu viele Muskeln aufbauen, weil meine Beweglichkeit darunter leidet.

Deutschland staunt über Mesut Özil, den Diego-Nachfolger. Aber was für ein Typ sind Sie?

Mesut: Locker und lässig, aber auf jeden Fall zurückhaltend. Ich brauche ein paar Leute um mich, die ich kenne, dann fühle ich mich wohler.

Wie oft sind Sie bei Ihrem Sohn?

Papa Mustafa: Wir unterstützen Mesut, wo wir nur können. Er soll sich ganz auf den Fußball konzentrieren. Soweit es in unserer Macht steht unterstützen wir ihn. Und wir machen Mesut den Kühlschrank voll, wenn wir kommen.

Warum das?


Mustafa und Mesut Özil auf dem Balkon des Werder-Stars. Werders Regisseur wohnt in Bremen im Stadtteil Schwachhausen in einer großen Dachgeschoss-Wohnung. Er hat die Bude von Leon Andreasen übernommen, der früher bei Werder spielte

Mesut: Einkaufen mag ich überhaupt nicht. In den Supermarkt gehen, nee, das ist nicht so mein Ding.

Papa Mustafa: Das kommt später, garantiert. Auch mit dem Kochen. Er wird schon noch auf den Geschmack kommen, sich mal ein schönes Steak in die Pfanne zu hauen.

Und was ist mit den Frauen? Zuletzt hat man Sie häufig an der Seite von Sarah Connors Schwester Anna-Maria gesehen. Treten Sie auch privat in Diegos Fußstapfen?

Mesut: Wir kennen uns und unternehmen ab und zu was zusammen.

Fühlen Sie sich mehr deutsch oder mehr türkisch?

Mesut: Eigentlich beides. Ich kenne ja beide Seiten, aber geboren und aufgewachsen bin ich in Deutschland. Ich spreche Türkisch so gut wie Deutsch.

Was ist deutsch an Ihnen?

Mesut: Pünktlich bin ich, und Ordnung halten ist wichtig. Es muss immer alles geputzt sein.

Papa Mustafa: Mesut ist ja in der dritten Generation in Deutschland. Da wird man mehr und mehr deutsch. Aber Pünktlichkeit, Ordnung, Disziplin, das haben wir ihm beigebracht.

Aber Ihre Spielweise ist ja eher südamerikanisch, gepaart mit deutscher Disziplin…

Mesut: So war ich immer, schon in der Jugend. Ich bin immer glücklich, wenn ich den Ball habe. Dann geht’s los.

Jetzt ist der Fußball Ihr Beruf…

Mesut: Aber Fußball ist keine Arbeit für mich, sondern nur Spaß. Das war immer so. Als Kind haben wir nach der Schule im Affenkäfig gespielt: Zwei Tore, außenrum überall Zäune, der Ball war immer im Spiel – traumhaft. Ich konnte irgendwie immer alles mit dem Ball machen, was ich wollte. Die anderen Jungs haben immer gesagt: Du wirst mal Fußballer!

Papa Mustafa: Das ist Gottes Gabe! Dazu Training und ein bisschen Glück. Aber was Mesut mit dem Ball kann, das kannst du nicht lernen. Entweder du hast das drauf – oder lernst es nie. Bevor er den Ball bekommt, weiß Mesut immer schon, was er mit dem Ball macht.

Mesut: Ich habe immer versucht, die Tricks aus dem Fernsehen nachzumachen. Zum Beispiel bei Zidane. Als ich gesehen habe, was er mit dem Ball beim Warmmachen macht, bin ich sofort raus und habe alles nachgemacht.

Und, hat das geklappt?

Papa Mustafa: Ja, ja, Mesut, dieser eine Trick von Zidane, weißt du? Du gehst mit dem Ball auf zwei Leute zu, ziehst den Ball mit der linken Sohle rüber, drehst dich und ziehst ihn dann mit der rechten Sohle weiter.

Mesut: Das war der Lieblingstrick von Zidane. Er ist mein Vorbild.

Morgen reisen Sie zur Nationalelf. Was ist Ihr Ziel?

Mesut: Die WM 2010! Und über jede Einsatzminute bei der Nationalelf freue ich mich.

Wer ist Ihr Konkurrent?

Mesut: Das weiß ich gar nicht. Ich kann ja mehrere Positionen spielen. Am liebsten natürlich auf der 10, hinter den Spitzen.

War es ein Problem für Sie, dass sich Mesut für die deutsche Nationalelf entschieden hat?

Papa Mustafa: Nein, ich habe das sogar befürwortet. Seit vier, fünf Jahren war eigentlich klar, dass er für Deutschland spielt. Er hat ja alle deutschen U-Nationalmannschaften durchlaufen. Mesut hat sich immer mit Deutschland identifiziert und seine Wurzeln trotzdem nicht vergessen.

Haben Sie noch die türkische Staatsbürgerschaft?

Mesut: Nein, nur noch die deutsche.

Was heißt Mesut eigentlich?

Mesut: Glücklich sein.

Und, stimmt das?

Mesut: Auf jeden Fall, ich bin glücklich mit meinem Leben.

Dabei hat man das Gefühl, dass Sie auf dem Platz immer häufiger umgetreten werden.

Mesut: Aber so ist Fußball doch! Die Verteidiger machen nur ihren Job. Und dann kriegen wir einen Freistoß und machen aus der Standardsituation ein Tor.

Haben Sie manchmal Angst, wenn eine Grätsche kommt?

Mesut: Nein, ich habe ja dicke Schienbeinschoner. Die sind sehr stabil.

Papa Mustafa: Ich habe manchmal Angst um meinen Jungen. Aber Fußball ist sein Leben. Da kann ich nur beten, dass alles gut geht.

Mesut, wie leben Sie Ihren Glauben als Moslem?

Mesut: So gut wie es geht. Ich kann nicht jeden Tag beten, aber ich bin sehr gläubig. Schweinefleisch esse ich nicht. Alkohol aber gibt es nur ab und zu.

Lassen Sie uns über Ihre Zukunft reden. Sie stehen bis 2011 bei Werder unter Vertrag, der Klub möchte gerne vorzeitig verlängern.

Mesut: Ich freue mich, dass Werder längerfristig mit mir plant. Aber ich habe noch zwei Jahre Vertrag, das ist doch noch eine lange Zeit. Ich fühle mich wohl bei Werder. Ich will über Ziele mit Werder und nicht über meinen Vertrag reden.


Zitat Atatürk: "Friede im Lande, Friede auf der Welt"