Der Fall Born

Der belastende Brief (Weser-Kurier)

Bremen. Das Schreiben hat seinen Weg in die Öffentlichkeit bereits gefunden. Es ist ein Brief, im Kopf versehen mit Ort und Datum, verfasst auf Spanisch. Der "Spiegel" hat von dem Inhalt berichtet, die "Bild am Sonntag" hat das Papier gleich ganz abgebildet. Es ist dieses Schreiben, das Jürgen L. Born in ein schlechtes Licht rückt. Es ist der Grund, warum der Vorsitzende der Geschäftsführung der Werder Bremen GmbH & Co. KG alle Ämter ruhen lässt.

Der Brief, um den sich für Born - und damit für Werder - alles dreht in einem komplizierten Fall von Spielertransfer, Schwarzgeld und Steuerhinterziehung, ist von Carlos Delgado unterschrieben. Carlos Delgado ist ein südamerikanischer Spielervermittler und in Bremen wohlbekannt. Er ist der Mann hinter Claudio Pizarro, sein Agent. Werder hat häufiger mit Carlos Delgado zu tun gehabt; vor ein paar Wochen erst versuchte der Peruaner, seinen 23-jährigen Landsmann Júnior Ross im Bremer Profi-Kader unterzubringen.

In dem Brief, laut Kopf verfasst am 29. August 2001 in Lima, gibt Carlos Delgado der BAC International Bank klare Anweisungen: "Hiermit bitte ich Sie um die Umsetzung der Überweisung von 50 000 US-Dollar zu Lasten meines Kontos (...) zugunsten der folgenden Kontodaten." Und dann folgt ein Name: "Jürgen Born." Und eine Bankverbindung bei der Banco de Montevideo, inklusive achtstelliger Kontonummer. Alles gefettet. Auf dieses Konto sollen die 50 000 US-Dollar fließen, und

zum Abschluss bedankt sich Delgado blumig "für Ihre liebenswürdige Aufmerksamkeit" bei den Mitarbeitern der in Lateinamerika tätigen BAC International.

Der Brief gibt keine Antwort auf wesentliche Fragen. Fragen, die Jürgen Born ent- oder belasten könnten. Die wesentliche Frage ist die nach dem Warum. Warum weist Delgado 50 000 US-Dollar an für ein uruguayisches Konto des Werder-Bosses? Gemutmaßt wird, dass die Zahlung in Verbindung steht mit einem Spielertransfer, der über Delgados Vermittlungsagentur "International Managers Agency" (Image) abwickelt wurde.

Damals, im Sommer 2001, war Roberto Silva von Sporting Cristal Lima nach Bremen gewechselt. Bezahlt hat Werder 1,35 Millionen US-Dollar für den damals 25-Jährigen. "Ein korrekter Preis", erinnerte sich gestern Sportdirektor Klaus Allofs, "auch wenn Silva kein Kracher war." Das war er beileibe nicht: Nach 105 Bundesliga- und sechs DFB-Pokal-Minuten hatten sie genug von ihm an der Weser und verkauften ihn im Sommer 2002 zum argentinischen Klub Unión Santa Fé.

Von dem "korrekten Preis" ist allerdings nur ein Bruchteil bei Sporting Cristal Lima angekommen, nämlich 250 000 US-Dollar. Das behauptet laut "Spiegel" unter anderem der frühere Sporting-Präsident. Die Abwicklung des Transfers lief über "Image" - dorthin sollte überwiesen werden, das sei "damals die ausdrückliche Aufforderung des Klubs gewesen", sagte Allofs. Werder leistete dem Folge, "für uns war es nur wichtig, dass der Verein die Freigabe erteilt." Das Geld soll anschließend Delgado verteilt haben, unter anderem an Born. Aber auch an Claudio Pizarro, der 895 875 US-Dollar erhalten haben soll. Pizarro besitzt Gesellschafteranteile an "Image".

Ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind in Peru noch mehr Fälle von seltsamen Transaktionen der Delgado-Firma, ausgelöst durch Delgados Noch-Ehefrau Fiorella Faré. Sie entwendete Unterlagen und gab diese an ihren Anwalt und an Medien weiter. Die peruanischen Ermittlungsbehörden reiben sich offenbar die Hände: Sie ermitteln gegen mehrere "Image"-Gesellschafter, darunter Delgado und Pizarro, wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Der Fall zieht internationale Kreise: Die Finanzermittler des Andenstaates wollen nach Angaben der Zeitung "La República" ein Rechtshilfeersuchen an die USA, Panama und die Cayman-Inseln stellen. Zudem soll für die "Image"Konten das Bankgeheimnis aufgehoben werden. Und Claudio Pizarro soll am 23. März in Lima zu den Vorwürfen aussagen.

Pizarro indes, gestern dazu in Bremen befragt, will von offizieller Seite nichts gehört haben. "Das schreibt eine Zeitung, oder?", warf er lediglich ein. Er wisse davon nichts.

Jürgen Born hat gestern gegenüber unserer Zeitung die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ebenfalls noch einmal zurückgewiesen. Er habe an dem Silva-Transfer "nicht einmal teilgenommen", sagte der 68Jährige. Der "Spiegel" behauptet in seiner aktuellen Ausgabe, dass Werders Geschäftsführer den Eingang von Zahlungen durch Delgado bestätigt habe. Vielleicht handele es sich bei den 50 000 US-Dollar um eine Rückzahlung Delgados, dem er im Sommer 2001 Geld für eine Weltreise geliehen habe, soll Born gesagt haben. Er sei sich aber nicht sicher. Auf die "Spiegel"-Zitate angesprochen, sagte Born: "So ein Blödsinn."

Seinen vorläufigen Rückzug von seinen Ämtern bei Werder hat Born am Sonnabend eingeleitet (wir berichteten). Per Telefon aus der Hoffenheimer Rhein-Neckar-Arena bot er Werders Aufsichtsratsvorsitzendem Willi Lemke diesen Schritt an. Ein "international renommierter Wirtschaftsprüfer" soll nun die Hintergründe auch vor Ort in Peru klären, meinte Lemke zum weiteren Vorgehen. "Wir wollen eine lückenlose Aufklärung und nicht den Eindruck erwecken, dass da was ungeklärt bleibt", sagte Lemke. Es geht um Werders Ruf. Zeigt sich, dass an den Vorwürfen nichts dran ist, "dann wird Jürgen Born ins Amt zurückkehren", erklärte Lemke. Andernfalls aber werde es schwierig.


Zitat Atatürk: "Friede im Lande, Friede auf der Welt"