"Dann fallen die Tore von allein"


Der Frankfurter Stürmer Haris Seferovic lässt sich von seiner momentanen Torflaute nicht verrückt machen. In Mainz erwartet der Schweizer ein "heißes Derby".



Eigentlich war das genau die Situation, die Haris Seferovic so liebt. Ein haargenau getimter Pass in die Schnittstelle, der gegnerische Verteidiger verpasst, die Kugel liegt in halbrechter Position genau auf dem starken linken Fuß. Eigentlich ein sicheres Tor. Es wäre das 2:0 gewesen, der Deckel endgültig drauf. Doch Haris Seferovic scheitert am sich querlegenden Schalker Torhüter. Nichts war es mit dem achten Treffer für den Schweizer.

Haris Seferovic, der Frankfurter Volltreffer, hat jetzt seit fünf Spieltagen nicht mehr getroffen. Davor hat er viermal in Folge geknipst, gegen Borussia Dortmund (2:0), Werder Bremen (5:2), TSG Hoffenheim (2:3) und Hertha BSC Berlin (4:4). Insgesamt kommt der Schweizer mit bosnischen Wurzeln in dieser Saison auf sieben Tore, sechsmal legte er auf, wobei besonders seine Flanken auf Alex Meier, seinen kongenialen Partner im Sturmzentrum, gegen den 1. FC Köln (3:2) noch in bester Erinnerung sind.

Und jetzt klappt es plötzlich nicht mehr beim 22-Jährigen. Kein Tor, keine Vorlage, dafür Gelbe Karten, vier hat er schon gesammelt. Es droht die fünfte, es droht eine Sperre.

Haris Seferovic spürt das natürlich. Es scheint, er will das Tor erzwingen, manchmal verkrampft er, will zu sehr mit dem Kopf durch die Wand. Er sagt zwar, er lege lieber auf, aber das ist nur die halbe Wahrheit: Wann immer es geht, versucht er, aufs Tor zu schießen. Und wenn es nicht funktioniert, ärgert er sich. Gegen Schalke hat man ihn öfter lamentieren gesehen, er war unzufrieden mit sich. Andererseits will er sich keinesfalls unter Druck setzen lassen, er spürt auch keinen. „Ich stelle mich wie immer in den Dienst der Mannschaft. Wenn mir dann ein Tor gelingt, ist es gut.“ Dass er momentan eine leichte Ladehemmung hat, bringt ihn nicht aus dem Gleichgewicht. „Ich arbeite immer weiter, dann fallen die Tore von allein.“

Tatsächlich bringt er selbst ohne eigenen Treffer eine andere Qualität in das Frankfurter Spiel: Wucht, Physis, Präsenz. Er reißt die Mannschaft mit, er ist ein Arbeitstier, ein Brocken, der viele, viele Kilometer im Spiel abspult, auf den Flügeln rochiert und Platz für die nachrückenden Kollegen schafft. Er ist ein Malocher. Vor allem aber kann er den Ball halten. Das ist eine seiner ganz großen Stärken. Und damit hilft er der Mannschaft kolossal. Denn egal, wie ungenau, wie halbhoch oder fest der Ball auch kommt, Seferovic verarbeitet ihn, verliert ihn nicht gleich wieder.


Eintrachts bester Einkauf

In der Hinrunde hat noch alles wunderbar gepasst. Seferovic bildete mit Meier das torgefährlichste Duo der Bundesliga, 20 Tore erzielten beide gemeinsam. „Er ist der Normale, ich bin der Verrückte“, hatte Seferovic gesagt, „ich und der Alex, wir verstehen uns.“ Beide traten auch gemeinsam im Aktuellen Sportstudio auf, unglücklicherweise ein paar Stunden nach der 1:4-Klatsche gegen den SC Freiburg. Beide kamen da nicht richtig in Schwung.

Trotzdem gilt Seferovic, der im Sommer für 3,2 Millionen Euro von Real Sociedad San Sebastian kam, als einer der besten Einkäufe der letzten Jahre. „Wenn ich so was höre“, sagte er zuletzt im Trainingslager in Abu Dhabi, „macht mich das stolz.“ Auch wenn er bei der WM in Brasilien dabei war und auch ein Tor erzielte, so war er im Sommer doch für viele ein eher unbekannter Name. Das hat sich jetzt nach einer überragenden Hinserie geändert. Aber kann Seferovic diese Form konservieren? Am Einsatz liegt es nicht. „Ich gebe immer mehr als 100 Prozent“, sagt er. Das war ein typischer Haris-Satz. Er ist ja einer, der von sich selbst sagt, dass er viel redet und ein Spaßvogel ist. Und manchmal, sagt er, brauche er vom Trainer auch „mal einen Tritt in den Hintern“.

Nach Stationen in der Schweiz, Italien und Spanien scheint Seferovic nun endlich angekommen. Doch die Eintracht, bei der er noch einen Vertrag bis 2017 besitzt, ist bereits sein siebter Profiklub, zuvor war es „mal bergauf, mal bergab“ gegangen. Lange hat es der Schweizer nirgends ausgehalten. „Jetzt passt einfach alles – der Trainer, die Spieler, das System“, so der Offensivspieler. Und weil es gut lief mit Seferovic und Meier im Sturmzentrum hat sich auch der dritte Stürmer Vaclav Kadlec praktisch die Zähne daran ausgebissen, ins Team zu rücken. Er flüchtete jetzt zu Sparta Prag. Seferovic hat, bis auf ein Spiel, das er wegen einer Roten Karte verpasst, alle Partien von Anfang an bestritten. Er ist der Spieler, mit den meisten Einsatzminuten.

In Mainz hat die Eintracht noch nie gewonnen, zuletzt im November 2013 0:1 in letzter Minute verloren. Das soll sich nach Auffassung von Haris Seferovic ändern. „Das ist ein Derby, da geht es heiß her. Und wir sind momentan besser drauf.“




Quelle: fr-online.de