Die Saison der Gegensätze

Der dritte Teil unseres Saisonrückblicks beschäftigt sich mit den Leistungen der Spieler des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt.



26 Spieler hat Trainer Thomas Schaaf in dieser Saison eingesetzt. Einer ragte aus allen heraus: Alexander Meier. Das war nicht selbstverständlich, denn zu Beginn der Saison wurde an seinem Denkmal gerüttelt. Der von den Fans zum „Fußball-Gott“ erhobene Meier schien dem neuen Trainer offenbar zu mächtig. Thomas Schaaf rieb sich an Meier, verkannte dessen Klasse, unterschätzte dessen Behauptungswillen und schätzte auch dessen Sensibilität falsch ein.

Meier landete nach einem ganz schwachen Vorbereitungsspiel in Genua auf der Bank, brauchte ein paar Wochen, um sich seinen Stammplatz zurückzuerobern. „Nicht richtig fit“ sei er gewesen, lautete die Argumentation des neuen Trainers. Dann wurde ihm Trapp als Kapitän vorgezogen. Meier schluckte, Meier motzte, ehe er die Angelegenheit auf dem Platz klärte. Am Ende der Saison hatte der 32 Jahre alte „Mittelfeldstürmer“ 19 Tore in nur 26 Spielen erzielt und wurde als dritter Frankfurter Torschützenkönig der Bundesliga. Der Krach mit Schaaf war da schon lange Vergangenheit.


Schwerer Start

Einen ähnlich schweren Start hatte Stefan Aigner. Aber der war wirklich verletzt, hatte sich ausgerechnet bei einem Foul von Manager-Sohn Florian Hübner vom SV Sandhausen eine Knieverletzung zugezogen. Nach einer Operation kurz vor Saisonstart dauerte es ein paar Wochen, bevor er sich seinen Stammplatz zurückgeholt hatte und fortan so gut spielte, wie es die Frankfurter bei ihm gewohnt sind. Aigner also, Meier sowieso. Eine gute Saison hat auch Torwart Kevin Trapp hinter sich. Als Trapp verletzt war, nutzte sein Vertreter Felix Wiedwald die Gelegenheit, sich für andere zu empfehlen. Er wechselt nun nach Bremen. Und auch der dritte Torwart, Timo Hildebrand, der geholt wurde, als auch Wiedwald ausfiel, stand seinen Mann.

Marco Russ schaffte es, eine stabile und konstante Saison zu spielen, Makoto Hasebe ebenfalls. Bastian Oczipka wurde mit steigendem Selbstvertrauen im Laufe der Spielzeit auch besser. Bei vielen anderen verlief die Formkurve parallel zu jener der ganzen Mannschaft, mal steil nach oben, mal steil nach unten. Bestes Beispiel, die Betonung liegt auf „bestes“, war Haris Seferovic. Am Ende hat der Schweizer zehn Tore erzielt und acht vorbereitet. Eine glänzende Bilanz. In der Vorrunde spielte der Angreifer an der Seite von Meier großartig. „Der Normale und der Verrückte“ hatte Meier gesagt und den Nagel auf den Kopf getroffen. Seferovic ist das genaue Gegenteil des ruhigen Meier. Extrovertiert, mitteilsam, forsch, offensiv auf dem Platz und abseits des Platzes.

In der Rückrunde aber konnte Seferovic lange Zeit nicht mehr halten, was er vorher versprochen hatte. Dass dies ein normaler Anpassungsprozess und keine grundsätzlicher Klasseverlust war, zeigte er mit einem guten Saisonendspurt. Hasebe und Seferovic waren gute Neuzugänge. Timothy Chandler stieg zur Stammkraft auf, spielte eine durchschnittliche Saison. Andere wie Aleksandar Ignjovski und vor allem Slobodan Medojevic konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Auch weil sie häufig von Verletzungen ausgebremst wurden. Das gilt auch für Nelson Valdez.

Ganz andere Probleme hatte Carlos Zambrano. Der von den Möglichkeiten her beste Abwehrspieler kam nach einer schweren Verletzung nicht mehr an seine gewohnte Form heran. Er leistete sich zu viele Mätzchen, hat dem Team durch seine Spielweise häufig mehr geschadet als genutzt. Wirkliche Fortschritte haben nicht viele Spieler gemacht. Auch die Jungen nicht. Marc Stendera immerhin ist zur Stammkraft aufgestiegen. Freilich wirkte er als zweiter „Sechser“ neben Hasebe häufig zu zögerlich und zu langsam. Zudem ist ihm eine seiner einstigen Stärken, das Ausführen von Standards, gänzlich abhanden gekommen. Dennoch, Stendera ist von den Talenten am weitesten. Auf ähnlichem Niveau könnte auch Sonny Kittel sein, doch ihm blieb das Pech treu. Wieder hat er sich schwer verletzt.

Einige Spieler haben keine gute Saison hinter sich. Bamba Anderson, dem die Konstanz fehlte. Constant Djakpa und Valdez, die lange verletzt waren. Lucas Piazon, dem Härte und Einstellung für die Bundesliga fehlten, von dem aber immerhin zwei wichtige Tore in Erinnerung geblieben sind.

David Kinsombi, der zwar beim Spiel in Hannover sein Bundesligadebüt feiern konnte, danach aber keine Rolle mehr spielte. Takashi Inui, der den Anforderungen eines Offensivspielers wieder einmal nicht gerecht wurde. Und dann ist da noch jene Gruppe von Profis, die warum auch immer, vom Trainer kein Vertrauen geschenkt bekam. Allen voran Johannes Flum, für dessen Nichtbeachtung kaum Argumente zu finden waren. Vaclav Kadlec wurde abgeschoben, obwohl er in der Rückrunde noch hätte helfen können. Martin Lanig flüchtete nach Zypern und Jan Rosenthal nach Darmstadt, nachdem er sich auch beim zweiten Trainer nicht hatte durchsetzen können. Zur Gruppe, die nur am Rande mitlief, hatte über Monate auch Alexander Madlung gehört. In der letzten Saison einer der Garanten für den Klassenerhalt, war er lange außen vor. Im Winter wurde ihm mitgeteilt, dass der Vertrag nicht verlängert werden wird. Und dann wurde er doch gebraucht. Bis zum Ende war Verlass auf Madlung, vielleicht darf er jetzt doch bleiben. Eine dieser Auf- und Ab-Geschichten eben.

Einzelne Spieler machten Schlagzeilen außerhalb des Platzes. Marco Russ, weil er einen Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit nicht bezahlen wollte und am Ende von einem Gericht zu einer Geldstrafe von 160 000 Euro wegen einer falschen eidesstattlichen Aussage verdonnert wurde und sich ein paar Wochen später in einem Anfall von Selbstüberschätzung flegelhaft gegenüber dem Ehrenspielführer des Clubs, Jürgen Grabowski, geäußert hatte. Nachwuchsstürmer Yusupha Yaffa, der in der Wohnung vom Kollegen Zambrano wegen der angeblichen Vergewaltigung einer jungen Frau festgenommen wurde. Und schließlich Valdez, der am Tag nach dem letzten Spiel vor einer Discothek mit angeblich 1,9 Promille Alkohol im Blut wegen Beleidigung von Polizisten in Handschellen abgeführt wurde.

Eine durchaus unrühmliche Rolle spielte die Mannschaft auch im „Fall Schaaf“. Nicht, dass viele Spieler mit dem Trainer Probleme hatten, war das Problem. Das kommt vor im harten Bundesligageschäft. Dass sie nicht öffentlich zu ihrer Kritik standen, ist sogar verständlich, hätten doch persönliche Strafen gedroht. Dass sie sich aber in einigen Interviews komplett anders äußerten als in vertraulichen Gesprächen, war durchaus enttäuschend und passte zu dieser Saison der Achterbahnfahrt.





Quelle: fnp