Die Rückkehr des Nesthäkchens

Stürmer-Talent Luca Waldschmidt nimmt einen neuen Anlauf, sich bei Eintracht Frankfurt durchzusetzen. Nach überstandener Verletzung soll er sich jetzt erst mal beim Nachwuchs beweisen.



Am Mittwoch hat sich Luca Waldschmidt richtig auf den Waldlauf gefreut. Das tun Profis normalerweise nicht, aber nach einem Spiel am Vorabend ist Auslaufen am anderen Morgen nicht die schlechteste aller Ideen, vor allem, wenn man seit ewigen Zeiten kein Fußballspiel mehr bestritten hat. Luca Waldschmidt, das hoffnungsvolle Stürmertalent bei Eintracht Frankfurt, hat seit ewigen Zeiten kein Fußballspiel mehr bestritten, das letzte vor einem Jahr bei den A-Junioren. Kein Wunder also, dass der 18-Jährige zwar „schwere Beine hatte“ nach dem Spiel gegen die Nationalmannschaft Kosovos (0:0). Aber ansonsten keinerlei Beschwerden.

Natürlich war die Freude groß. Die Freude darüber, wieder Fußball zu spielen in einem „richtigen“ Spiel, wieder dabei zu sein – seinen Traum wieder zu leben. Der Angreifer hatte sogar die beste Chance des Spiels (37.), doch er schoss mit links über das Tor, seine Leistung war dennoch ordentlich. „Es war gut, mal wieder 90 Minuten gespielt zu haben“, sagte der gebürtige Siegener am Tag darauf.

Luca Waldschmidt ist kein Lautsprecher, keiner, der Sprüche raushaut. Er ist zurückhaltend von Natur aus, noch immer guckt er mit großen Augen, wenn Alex Meier oder Carlos Zambrano den Ball haben, er ist das Nesthäkchen, er kennt seine Rolle im Team. Und der Junioren-Nationalspieler, der alle DFB-Auswahlteams ab der U 16 durchlaufen hat, hat eine schwere, eine harte Zeit hinter sich bringen müssen – trotz seiner Jugend. Im November des vergangenen Jahres hatte er sich in Berlin bei Dr. Jens Krüger an der weichen Leiste operieren lassen müssen. Schon seit April 2014 hat er regelmäßig Beschwerden mit der Leiste, mit den Adduktoren, das linke Schambein war entzündet. Mal wurde es besser, mal schlechter. Er versuchte es mit konservativen Behandlungsmethoden, aber „ich hatte eigentlich immer Schmerzen“. Beim Joggen ging es meistens, bei Belastung kehrte der stechende Schmerz zurück.


Waldschmidt muss seinen Rhythmus finden

Kurz vor dem ersten Training der Eintracht-Profis im Sommer unterzog sich Waldschmidt gemeinsam mit Alex Meier und Stefan Aigner einem Stresstest, bei Meier und Aigner ging alles gut, bei Waldschmidt nicht. Deshalb machte es auch keinen Sinn, mit ins Trainingslager auf Norderney zu gehen. Seitdem kämpft Waldschmidt, der mittlerweile Abitur, Führerschein und eigene Wohnung in Frankfurt besitzt, um den Anschluss. Das war keine leichte Zeit für den Hochbegabten, dessen Karriere schon ins Stocken geraten war, ehe sie überhaupt richtig begonnen hatte. Aber Frankfurter Talente müssen offenbar den schweren Weg gehen; auch Sonny Kittel (Knorpelschaden, Kreuzbandriss) oder Marc Stendera (Kreuzbandriss) wurden zu Beginn ihrer Laufbahn durch schwere Verletzungen erst einmal zurückgeworfen.

Seit Anfang März ist er wieder im Training der Profis dabei; die Operation in Berlin war erfolgreich, ebenso Reha und Aufbautraining, seitdem hat er keine Beschwerden mehr, „null“, sagt der Youngster, der seit 2010 bei der Eintracht spielt und dessen Kontrakt bis 2017 geht. „Ich kann meinem Körper wieder vertrauen.“ Es war ein echter Härtetest am Dienstagabend gegen die sehr körperbetont spielenden Kosovaren, Waldschmidt hat aber alles gut weggesteckt. Er hat dagegengehalten, und seine Leiste hat nicht reagiert. Nun müsse er seinen Rhythmus finden, hat Trainer Thomas Schaaf gesagt, der das Talent schätzt und behutsam an die erste Mannschaft heranführen will. „Seine Qualitäten kennen wir, und wir sind von ihm überzeugt.“ Uwe Bindewald, Eintracht-Ikone und Trainer der B-Jugend, hat einmal über Waldschmidt gesagt, er sei „ein Instinktfußballer mit einer tollen linken Klebe.“

Doch der bald 19-Jährige wird zunächst bei den A-Junioren unter Trainer Alex Schur spielen, die bekanntlich noch gegen den Abstieg kämpfen. Am nächsten Mittwoch geht es im Nachholspiel gegen den 1. FC Nürnberg, da wird Waldschmidt dabei sein. Es ist abgesprochen, dass er in dieser Spielzeit noch einige Spiele für die U 19 der Eintracht bestreitet, aber natürlich ist „mein Ziel, oben noch einmal anzugreifen“, sagt Waldschmidt, der insgeheim hofft, vielleicht in dieser Runde am Ende noch für ein paar Minuten sein Debüt in der Bundesliga geben zu können.

Auf alle Fälle will er aber die Sommervorbereitung für die neue Saison „voll durchziehen“, um dann zu zeigen, was er kann. Luca Waldschmidt weiß aber auch, auf was es wirklich ankommt. „Hauptsache ist doch, dass ich gesund bleibe.“ Dazu hat er in jungen Jahren verletzungshalber einfach schon zu viele Rückschläge erlitten.





Quelle: fr-online