"Wunder vom Wildpark": Wie aus Edgar Schmitt "Euro-Eddy" wurde

"Eine Sternstunde im Europapokal. Edgar Schmitt! Das ist unmöglich, es ist unfassbar, unglaublich, ich raff’s nicht, ich werd’ wahnsinnig hier! Wie schön kann Fußball sein, wie schön kann Europapokal sein. Lieber KSC, wir danken euch!", jubelte ein gewisser Jörg Dahlmann vor genau 20 Jahren an einem kühlen Novemberabend im Karlsruher Wildparkstadion und vergaß dabei vollständig, dass er eigentlich als "neutraler" Berichterstatter das Uefa-Cup-Rückspiel in der zweiten Runde zwischen dem Karlsruher SC und dem spanischen Tabellenführer FC Valencia reportieren sollte.

"Ich war in Trance. Es war schier unglaublich. Normalerweise muss man als Reporter ja versuchen, eine journalistische Einordnung vorzunehmen. Das war mir nicht mehr möglich", meinte Dahlmann später in einem Interview und erinnerte sich daran, dass es nach Spielschluss im VIP-Raum des KSC "reichlich klebrig" war und alle "Viva Espana" gesungen hätten.

Doch nicht nur im VIP-Raum des Wildparkstadions ging es hoch her, auch im Stadion und der ganzen Stadt schäumte die Stimmung über, ob des "Wunders vom Wildpark", als das der legendäre 7:0 (3:0)- Sieg an jenem 2. November 1993 über den FC Valencia in die Fußball-Geschichtsbücher einging. Der "Fußball-Niemand" aus der deutschen Provinz zerlegte Spaniens damaligen Stolz in alle Einzelteile und machte die 1:3- Niederlage aus dem Hinspiel nicht nur wett, sondern verzückte ganz Fußball-Deutschland und wurde kurzzeitig zum beliebtesten Club der Republik.
Edgar Schmitt wird als Euro-Eddy unsterblich

Einer stach besonders hervor, einer der seitdem als "Euro-Eddy" unsterblich wurde, denn Edgar Schmitt steuerte gleich vier Treffer zum historischen Sieg bei. Dabei stand das Mitwirken des Mannes, der mit seinem Tor zum 1:3 im Hinspiel die KSC-Hoffnungen überhaupt erst am Leben hielt, auf des Messers Schneide. Einige Tage vor dem Spiel gegen Valencia hatte Schmitt einen Autounfall, bei dem er sich gleich viermal mit dem Auto überschlug, aber glücklicherweise fast unverletzt dem Gefährt, das nur noch Schrottwert hatte, entstieg. Im Spiel gegen die Spanier war von den Unfallfolgen nichts zu merken. Der KSC-Torjäger brachte die Blau-Weißen nach 34 Spielminuten mit einem Doppelpack 2:0 in Führung und stellte damit den Spielverlauf auf den Kopf, denn die Spanier hatten in der ersten Viertelstunde hochkarätige Möglichkeiten, die aber ein überragender Oliver Kahn im KSC-Kasten verhinderte.

Und als schließlich Rainer Schütterle mit einem unnachahmlichen Heber in der 37. Minute das 3:0 für den KSC erzielte, hielt es den damaligen Präsidenten Roland Schmider nicht mehr auf seinem angestammten Platz neben Manager Calli Rühl. "Ich musste aufstehen, denn ich konnte die Spannung einfach nicht mehr ertragen", erinnert sich Schmider an "eine meiner schönsten Stunden als KSC-Präsident, die mir immer unvergessen bleiben werden".
Winnie Schäfer schleicht sich getarnt in die Kabine

Unvergessen bleibt auch die Tarnung von KSC-Trainer Winnie Schäfer, den die Uefa nach dem Spiel gegen Eindhoven mit einer Sperre belegt hatte. Aber Schäfer fand - mit einer Decke über dem Kopf - dennoch den Weg in die Spielerkabine und machte seine Jungs richtig heiß, wie sich Ede Becker, der als Schäfers Co-Trainer zusammen mit Rainer Ulrich auf der Bank saß, mit Schmunzeln erinnert. "Winnie war auch in der Halbzeit in der Kabine, obwohl er dies nicht durfte. Und wir haben immer geschaut, dass der Uefa-Beobachter nichts mit bekam. Das war schon ganz schön emotional und ein Erlebnis, bei dem die Erinnerung immer noch Emotionen weckt", so Becker im Rückblick.

Als "emotionales Highlight" beschreibt auch Michael Wittwer dieses Spiel. "So merkwürdig es klingen mag, hatten wir schon im Mannschaftsbus auf der Fahrt ins Stadion das Gefühl, dass dies unser Abend wird. Wir freuten uns auf dieses Spiel und ich glaube, dass wir alle gespürt haben, dass wir etwas Außergewöhnliches vollbringen können. Als das Spiel begann und uns Oliver Kahn vor einem Rückstand bewahrt hatte und Eddy dann zweimal traf, war ich mir sicher, dass wir die Spanier weghauen würden", so Wittwer. Dies geschah dann in Hälfte zwei endgültig. Valerij Schmarov, Sekunden nach der Pause zum 4:0, ein weiterer Doppelpack von Edgar Schmitt und der krönende Abschluss von Slawen Bilic machten den 7:0-Triumph des KSC perfekt. Ein Triumph, der von Mannschaft, Funktionären und KSC-Freunden bis zum Morgengrauen in verschiedenen Karlsruher Kneipen gefeiert wurde. Ein Triumph auch, der den Namen "Karlsruhe" weltweit bekannt machte und der für den KSC für immer als eine Sternstunde seiner nunmehr 119-jährigen Geschichte zählen wird.

kanews.de

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