Niklas Lomb verleiht der Abwehr Sicherheit


Niklas Lomb ist die neue Nummer 1 beim Halleschen FC.

Mehr als ein halbes Jahr lang hatte der vierte Torhüter des Bundesligisten Bayer Leverkusen kein Punktspiel mehr bestritten, als er im Januar nach Halle kam. Mit viel Fleiß und noch mehr Ehrgeiz hat sich Niklas Lomb in wenigen Wochen zur Nummer eins des Halleschen FC entwickelt.

Es ist ein seit langem geübtes Ritual. Immer dann, wenn die Spieler des Fußball-Drittligisten Hallescher FC zu einer langen Auswärtsfahrt in den Bus steigen, werden sie von den Beschäftigten im Erdgas Sportpark und der eigenen Geschäftsstelle verabschiedet. Auch gestern hatte sich wieder ein halbes Dutzend von ihnen im Spalier vor dem Eingang zur Mannschaftskabine aufgestellt. Mit einer kurzen Umarmung, einem festen Händedruck oder einfach nur einem einfachen Abklatschen, vor allem aber mit den besten Wünschen für ein erfolgreiches Spiel wurden die Profis auf die 500 Kilometer lange Reise nach Stuttgart geschickt. Dort steht heute Abend das Nachholspiel gegen die Kickers an.

Auch Niklas Lomb kennt mittlerweile dieses Ritual. Und doch wirkte es am Montag so, als sei ihm der große Bahnhof ein wenig fremd. Mit Kopfhörern um den Hals, einer Mütze auf dem Kopf und einer Tasche mit Kassetten und Lehrbüchern unterm Arm schritt der Student für Sportmanagement das Spalier ab und stieg in den Bus.

Für Lomb geschah das alles erst zum dritten Mal. Aber die 21 Jahre alte Neuverpflichtung aus der Winterpause ist schon lange nicht mehr irgendwer in der Reihe der Spieler, die da einsteigen. Zu ihm wird bereits aufgeblickt. Denn mit viel Fleiß und noch mehr Ehrgeiz hat sich Lomb in wenigen Wochen zur Nummer eins des Halleschen FC entwickelt.

Doch dieser Weg war alles andere als gradlinig. Lomb hat in den zwei Monaten, in denen er bei den Rot-Weißen ist, schon nahezu alle Sonnen- und Schattenseiten des Torwartlebens kennengelernt. „Es war zumindest nicht langweilig“, sagt er schmunzelnd.

Mehr als ein halbes Jahr lang hatte der vierte Torhüter des Bundesligisten Bayer Leverkusen kein Punktspiel mehr bestritten, als er im Januar nach Halle kam. Der Werksklub hatte seine Regionalliga-Reserve im Sommer 2014 aufgelöst und Lomb einen Profivertrag gegeben. „Das war zwar eine schöne Geste, aber aus der Nummer eins der Regionalliga war damit die Nummer vier des Bundesligisten geworden“, erzählt er. Weil aber an Stammtorhüter Bernd Leno und seinen Vertretern Dario Kresic und David Yelldell kein Vorbeikommen und ausnahmslos nur Training zu eintönig war, stimmte er im Winter dem Leihgeschäft mit dem Halleschen FC zu. Auch „um mich ins Schaufenster zu stellen und weiter zu entwickeln. Die dritte Liga ist dazu ein ganz gutes Pflaster“, sagte Lomb damals.

Den ersten Schritt auf diesem Weg hat er geschafft. Er ist die Nummer eins des HFC geworden - wenn auch mit Höhen und Tiefen. „Ich war so froh, als mir Trainer Sven Köhler vor dem Start der Frühjahrsrunde gesagt hat, dass ich gegen den MSV Duisburg beginnen werde. Endlich war die lange Zeit von Training und Testspielen vorbei. Und dann kommt nach vier Minuten diese blöde Rote Karte. Ich war am Boden zerstört“, erinnert er sich.

Das folgende Wochenende sei schlimm gewesen. Doch ein paar Telefonate mit den Eltern und die aufmunternden Worte der Teamkollegen und Trainer gleich bei der ersten Einheit nach diesem Spiel „haben mir geholfen, diese schwierige Phase zu überwinden“.

Als sein Vertreter Pierre Kleinheider seine Sache dann aber gegen Unterhaching und die Dortmunder Reserve gut gemacht hatte, war Lomb klar, dass er sich erst einmal wieder hinten anstellen muss. So, wie zu seiner Einstiegszeit in der C-Jugend von Bayer Leverkusen. So, wie später hinter den dortigen Bundesliga-Torhütern. Und so, wie anfangs auch beim HFC - hinter Kleinheider. „Aber ich wusste, ich mache das nicht umsonst. Der Trainer hat mir immer das Gefühl gegeben, dass ich eine neue Chance bekommen werde“, sagt Lomb.

Und sie kam schneller als gedacht. Am Samstagmorgen nach dem Frühstück im Hotel habe ihm Trainer Köhler gesagt, dass er in der Partie bei der Reserve des VfB Stuttgart zum zweiten Mal von Beginn im Tor stehen würde. Lombs Freude war Kleinheiders Leid. Umso mehr nötigt ihm dessen Reaktion Respekt ab. „Das sind normale Vorgänge im Profigeschäft. Und genau so hat Pierre die Entscheidung akzeptiert - wie ein Profi. Die Sache mit meiner Roten Karte hat doch gezeigt, wie schnell sich die Zeiten wieder ändern können“, sagt Lomb.

In Stuttgart tat die neue Nummer eins auf Anhieb das, was er laut seiner früheren Bilanz aus Leverkusen ganz gut kann: zu Null spielen. So wie in 20 seiner 62 Viertliga-Partien für die Bayer-Reserve. Und wie bei seinem einzigen Europa-League-Einsatz im Dezember 2012 gegen Rosenborg Trondheim.

„Endlich wieder einmal ein Punktspiel über 90 Minuten, ohne Gegentor und mit drei Punkten. Das tat so gut.“ Und umgekehrt tat Lomb seiner Abwehr gut. Die Ruhe und die Souveränität, die er bei seinem „zweiten“ Debüt ausstrahlte, war bemerkenswert. Lautstark dirigierte er seine Vorderleute. Ohne auch nur einen Ball fallen zu lassen, entschärfte er die Schüsse und Flanken der Stuttgarter. Nicht ein Abschlag, den er bei der Spieleröffnung per Fuß oder Hand zu den Teamkollegen beförderte, landete beim Gegner.

Und so gab Lomb auch seinem Trainer Sven Köhler ein Stück weit recht. Der hatte den Wechsel im Tor nach der Winterpause „mit dem besseren fußballerischen Vermögen“ der Bayer-Leihgabe begründet.

Quelle: MZ