HFC-Probespieler André Wallenborn

Strecken für einen Vertrag



André Wallenborn absolviert gerade ein Probetraining beim Drittligisten Hallescher FC. Er könnte Florian Brügmann entlasten und für die U-23-Regelung wichtig sein.

Probespieler André Wallenborn möchte den Sprung in den Profifußball schaffen. Der HFC ist schon der vierte Verein, bei dem er in diesem Sommer vorspielt.

Die Stimme von Marco Engelhardt donnerte gestern mit heftiger Dezibelzahl über den Trainingsplatz. „Ihr müsst doch mal das Hirn einschalten“, brüllte der Abwehrchef des Halleschen FC, nachdem bei einem Trainingsspiel auf Kleinfeld seine Mannschaft kurz vor Spielschluss einen Gegentreffer bekommen hatte.

Kurze Zeit später ballerte Sören Bertram den bemitleidenswerten Ball im Vollspann gegen den hohen Zaun. „Der Ball kann nichts dafür, Sören“, rief ein Besucher noch im Scherz. Doch Bertram sagte gar nichts, schnappte sich eine Wasserflasche und setzte sich schweigend an den Rand. Als Betrachter am Rand ließ die Szenerie nur einen Schluss zu: Die Stimmung ist angespannt beim HFC nach der 0:2-Pleite in Cottbus - aber es ist Dampf drin im Team.

„HFC ist eine gute Mannschaft“

Zwischen all den Leitwölfen wirkte André Wallenborn beinahe schüchtern. Fast wortlos folgte er den Anweisungen der Trainer. Gestern war sein zweiter Tag als Probespieler beim HFC. Und von der hitzigen Stimmung ließ sich der 20-jährige Linksverteidiger nicht anstecken. Und nach dem Training gab er artig zu Protokoll: „Der HFC ist eine gute Mannschaft.“

Nun ist die Position des Linksverteidigers keine Problemstelle. Fällt aber Florian Brügmann einmal aus, fehlt ein Spieler mit Format, der ihn ersetzen kann. Deswegen ist Wallenborn in Halle, auch weil er für die U-23-Regelung in der dritten Liga wichtig sein kann. Also durfte er sich „zwei Tage voll reinhängen“, wie er sagt. Alles weitere entscheiden Manager Ralph Kühne und das Trainerteam.

Für Wallenborn ist der HFC bereits der vierte Verein in diesem Sommer, bei dem er vorspielt. Bis zur letzten Saison kickte der gebürtige Kölner für die Reserve-Mannschaft des 1. FC Köln in der Regionalliga. Doch Wallenborn will endlich Profi werden. Und er war sogar schon einmal kurz davor.

Von Januar bis November 2014 trainierte er bei der Bundesliga-Truppe der Kölner mit. Auch auf dem Mannschaftsfoto war er schon dabei. Spielen durfte er aber nur in der zweiten Mannschaft. „Mir wurde gesagt, dass die Chance, nach oben zu kommen, schwieriger wird.“ Also sah sich Wallenborn jetzt um. Und er war „nur am Reisen“, wie er sagt. Vieles ist neu. Bisher wohnte er noch bei seinen Eltern. „Nach 13 Jahren in Köln brauche ich einen neuen Reiz.“

Fast jede Woche bekam Wallenborn einen neuen Anruf seines Beraters. Er putzte Klinken - und tut es immer noch: bei der zweiten Mannschaft von Mainz 05, beim Regionalligisten Sportfreunde Lotte. Am meisten beeindruckt war Wallenborn von seiner Reise nach Norwegen. Vorige Woche spielte er beim dortigen Zweitligisten Fredrikstadt FK vor. Von Mittwoch bis Samstag weilte er im Süden Norwegens. „Das war eine gute Lebenserfahrung“, sagt Wallenborn, der die Profibedingungen dort lobt. „Es wurde zusammen gefrühstückt, dann ging es gemeinsam zum Training und danach gab es gemeinsames Mittagessen.“

Mit einem Vertrag hat es aber noch immer nicht geklappt, deswegen ist er nun in Halle. Und den HFC sieht er als große Chance. „Es gibt Gespräche mit einem anderen Drittligisten in Deutschland. Ebenfalls ein Ostverein“, verrät er. Der Regionalligist aus Lotte würde ihn sogar sofort verpflichten. „Ich habe dann aber lieber gewartet“, sagt Wallenborn. In der Regionalliga spielen? Das will er eigentlich nicht mehr.

In Mainz schon fast unterschrieben

Auch Mainz war sehr interessiert. „Ich war kurz vor einem Vertrag“, erzählt er. Doch dann angelte sich der Verein Patrick Schorr vom FSV Frankfurt. Auf einmal war Wallenborn raus. Das ist die andere Seite des Profi-Geschäfts. Die Suche ging also weiter.

Beschwerlich ist das viele Reisen für ihn auch, weil er kein Auto hat. „Ich bin von Köln nach Halle geflogen. Das waren 40 Minuten. Perfekt.“ Abgeholt wurde er am Flughafen von Co-Trainer Benjamin Duray. Auf den Rückflug würde er gern noch ein bisschen warten.

Quelle: MZ