Das Böger-Debüt in der Analyse

Das Heimspiel des Halleschen FC gegen den VfB Stuttgart II war ein historisches. Kapitel eins nach dem Ende der Ära von Ex-Trainer Sven Köhler. So wurde im Vorfeld des souveränen 3:0-Erfolges viel diskutiert: Was würde der neue starke Mann an der Seitenlinie wohl ändern? Und was ist das eigentlich für ein Typ, dieser Stefan Böger? Fünf Gründe, warum das Debüt des 49 Jahre alten HFC-Trainers so erfolgreich verlief.

Die Abwehr

Was wurde in den vergangenen Wochen über das Überangebot an Innenverteidigern beim Halleschen FC geunkt. Zeitweise kursierten Gerüchte, bald werde im Erdgas Sportpark mit zehn Abwehrmännern und einem Torwart gespielt. Das bewahrheitete sich nicht. Stattdessen fand Stefan Böger eine vielversprechende Lösung für das vermeintliche Problem.

Durch das Vorrücken des etablierten Linksverteidigers Florian Brügmann schaffte er im Abwehrverbund einen freien Platz. Den übernahm Neuzugang Jonas Acquistapace, der zuvor in der Innenverteidigung gesetzt war. Die Abwehrmitte bildeten Marco Engelhardt und Stefan Kleineheismann – wie schon in den ersten Saisonpartien, bevor Acquistapace geholt worden war. Auf der rechten Defensivseite erledigte Dominic Rau seine Aufgabe sehr anständig.

„Wir haben zu null gespielt, das ist absolut positiv herauszustellen", meinte Böger. „Dass noch eine gewisse Verunsicherung bei zwölf Gegentoren zu spüren ist, ist ganz normal. Es wird ein weiter Weg, aber erst einmal ist es total erfreulich, dass wir in diesem Spiel nicht viel zugelassen haben.“

Der neue Brügmann

Was sich durch seine neue Position verändert hat? Florian Brügmann antwortete gewohnt trocken. „Ich habe halt 20 Meter weiter vorne gespielt, im Grunde musste ich ja nicht viel anders machen als vorher.“ Aber das, was er anders machen musste, machte er gut. Der 24-Jährige präsentierte sich spielfreudig. Den Treffer zum 2:0 von Timo Furuholm bereitete er wunderschön vor. „Das war eine Traumvorlage“, lobte der finnische Stürmer seinen Mitspieler später.

In den vergangenen Partien hatte Brügmann defensiv nicht immer optimal ausgesehen. Diesmal konnte er sich vor allem auf den Drang nach vorn konzentrieren. Jonas Acquistapace sicherte hinter ihm ab. Ein Schachzug des neuen Trainers, der sich auch auf lange Sicht auszahlen könnte. „Ein neuer Impuls bringt immer eine neue Motivation mit sich“, erklärte Brügmann.

Der neue Bertram

Was sich in den vergangen Tagen bereits angedeutet hatte, funktionierte gegen Stuttgart wunderbar: Sören Bertram wirbelte im offensiven Zentrum des Halleschen FC – nicht wie gewohnt auf der linken Mittelfeldseite. Bereits Interimstrainer Benjamin Duray hatte Bertram im Test gegen den Zweitligisten Arminia Bielefeld auf dieser Position ausprobiert. Gegen Stuttgart sah es über weite Strecken so aus, als würde Bertram gar nicht unbedingt die klassische Zehnerposition bekleiden, sondern auf einer Höhe mit Timo Furuholm im Sturm agieren.

Doch ganz gleich, wo nun genau: Der 24-Jährige sorgte regelmäßig für Gefahr, hätte sich das Prädikat „Mann des Spiels“ verdient gehabt. Soweit wollte Stefan Böger dann aber doch nicht gehen. „Ich würde keinen herausheben wollen. Er war genau so engagiert und leidenschaftlich wie sehr viele andere auch“, sagte der neue HFC-Chef und lobte anschließend: „Zwar hat er kein Tor gemacht, aber viele gefährliche Situationen in der Offensive vorbereitet. Das hat mir gefallen.“

Die Einwechslungen

Zugegeben: Zur ersten Einwechslung war Stefan Böger gezwungen. Weil sich Max Jansen nach 23 Minuten schwer verletzte, musste er raus. Der HFC-Coach wählte den richtigen Ersatz. Dorian Diring überzeugte nicht nur aufgrund seines Führungstreffers, bei dem er ein gutes Gespür zeigte und genau richtig stand. Auch schöne Pässe und begeisternd rücksichtlose Zweikämpfe hatte der Franzose am Samstagnachmittag im Repertoire.

Genau wie Diring traf auch der zweite Bankspieler wenige Minuten nach seiner Einwechslung: Osayamen Osawe kam für Sascha Pfeffer ins Spiel und erzielte kurz darauf den Treffer zum 3:0-Endstand.

Und auch die letzte Personalentscheidung des Böger-Debüts war eine gelungene: Toni Lindenhahn kam für den starken Sören Bertram und gab sein Heimspiel-Comeback nach einer gefühlten Ewigkeit. Genauer gesagt seit dem letzten Spieltag der Saison 2013/2014, dem 10. Mai 2014, einer 2:4-Pleite gegen Wacker Burghausen. „Es war super zu sehen, dass der Trainer auf mich setzt, auch wenn es nur für ein paar Minuten war“, freute sich der 24 Jahre alte Lindenhahn, der schon auf dem Weg zu seiner Einwechslung von den Anhängern gefeiert wurde. „Wenn die Fans einen bejubeln, ist das immer ein geiles Gefühl.“ Der Ur-Hallenser hatte sich seinen Kurzeinsatz mit starken Trainingsleistungen verdient.

Das Auftreten

Bescheiden, doch bestimmt, ausgestattet mit einem angenehmen Humor – Stefan Böger präsentierte sich nach seinem gelungenen Einstand so realistisch wie sympathisch. Zu hoch hängen wollte er den Sieg gegen das Tabellenschlusslicht selbstredend nicht und sprach von deutlichem Verbesserungspotenzial seiner Mannschaft. Doch viele Aspekte wie den Einsatzwillen und die Kampfbereitschaft lobte er. „Wenn wir die nächsten Aufgaben so angehen, mit der Anstrengung, mit der Art und Weise des Auftretens, dann ist mir nicht bange, dass wir da unten rauskommen.“

Quelle: MZ