Gegnervorschau VfB Stuttgart II

Integration von Profis bleibt eine Gratwanderung


Im Kampf um die Ligazugehörigkeit setzt die U23 des VfB Stuttgart vermehrt auf Profikicker. Doch auch aus der eigenen Jugend kommt geballtes Potenzial, sagt Experte Philipp Maisel, und warnt vor dem Rasen im Stuttgarter Stadion-Exil in Großaspach.



Man könnte es als vorgezogene mentale Gegnervorbereitung bezeichnen, was die Spieler des VfB Stuttgart II am Dienstag im Nachholspiel gegen den SV Wehen-Wiesbaden erlebten. Mit dem 1:1-Ausgleich in der 94. Spielminute konnten die verdutzten Stuttgarter zumindest ein wenig nachfühlen, wie es dem Halleschen FC in den letzten Wochen ergangen ist. Stuttgart-Experte Philipp Maisel, der den Schrecken am Dienstag im Großaspacher Stadion-Exil der Stuttgarter verfolgte, zeigte sich verständnisvoll: "Solch ein Ausgleich tut immer weh." Doch nicht nur das Tor allein, auch die Art und Weise wie der Punktverlust an diesem Abend zustande kam, erinnert stark an die des HFC in den vergangenen zwei Spielen: "Der VfB war über 75 Minuten die klar bessere Mannschaft, nur am Ende hatte dann Wiesbaden eine Druckphase. Die war allerdings so stark, dass der Ausgleich insgesamt sogar in Ordnung geht." Man kennt es an der Saale.

Haggui und Sama sorgen für Sicherheit

Trotzdem ist Maisel hochzufrieden mit den Leistungen der jungen Stuttgarter: "Das Team spielt weitaus stabiler, als in der Hinrunde.", betont er und nennt vor allem das schnelle Flügelspiel von Linksverteidiger Tim Leibold und Rechtaußen Jerome Kiesewetter als besondere Stärke. Seit die Profiabteilung des VfB Stuttgart auch Routinier Karim Haggui an die zweite Mannschaft ausgeborgt hat, steht sogar die Innenverteidigung mit dem Tunesier und Riesen-Talent Stephen Sama (ehemals FC Liverpool) sicher. Einziges Manko der Stuttgarter: Es fehlt ein Knipser im Sturmzentrum. "Die meisten Tore entstehen aus dem Mittelfeld heraus, oder durch Standards.", sagt Maisel.

Sechs Profis standen bisher für die U23 auf dem Feld

Auch hier kann Trainer Jürgen Kramny seit einigen Wochen auf Unterstützung aus der Profiabteilung bauen. In den ersten Partien nach der Winterpause schoss sich Daniel Ginczek mit drei Treffern in zwei Spielen den Frust von der Seele. Ginczek rutschte dadurch sogar von der 3. Liga in die Startelf der Abstiegskampf-geplagten Bundesligamannschaft des VfB Stuttgart. Sein Vertreter ist seit zwei Wochen der norwegische Nationalstürmer Mohammed Abdellaoue, der vor einigen Jahren noch für Hannover 96 in der Europa League auf Torejagd ging. Ginczek, Abdellaoue und Haggui sind in dieser Saison nicht die einzigen Profis im Kader. Mit Konstantin Rausch, Sercan Sararer und dem mittlerweile abgewanderten Raphael Holzhauser setzt der VfB wie keine andere Zweitvertretung in der 3. Liga auf nominelle Profispieler. "Eine Gratwanderung", sagt Philipp Maisel, "vor allem aus Sicht der anderen Drittligisten." "Ärgerlich", nennt es HFC-Trainer Sven Köhler, "weil die Mannschaft dadurch auf keinen Fall schlechter wird."

Legitim finden es beide trotzdem, natürlich nur, so Maisel, "wenn die entsprechenden U23-Regeln eingehalten werden." Dem VfB Stuttgart sei seine Amateur-Mannschaft generell ungemein wichtig. Anders als beispielsweise Bayer 04 Leverkusen oder Eintracht Frankfurt, sei es in Stuttgart in keinster Weise ein Thema, die U23 in Zukunft aufzulösen. Im Gegenteil: Die Zugehörigkeit zur 3. Liga sei von großer Bedeutung - auch und gerade bei einem potenziellen Abstieg des VfB in die 2. Bundesliga. Zudem bleibe es laut Maisel bei den üblichen Kurzeinsätzen der Profis über wenige Wochen. Lediglich Konstantin Rausch sei mittlerweile in der ersten Mannschaft kein Thema mehr.

Wanitzek, Yalcin und Vlachodimos auf dem Sprung

Diese Möglichkeit, in der 3. Liga auf sich aufmerksam machen zu können, nutzen aber nicht nur die Profispieler. Im Gegensatz zu BVB-Experte Malte Dürr, der vor einigen Wochen in seinem U23-Team kaum Potenzial für die Profimannschaft sah, sieht Philipp Maisel bei mehreren jungen Spielern des Teams eine hohe Wahrscheinlichkeit auf zukünftige Profieinsätze: "Regisseur Marvin Wanitzek ist ein großes Talent, der hat vor kurzem einen Profivertrag unterzeichnet und spielt ab Sommer erste Mannschaft. Robin Yalcin war zwar lange verletzt, hat aber schon Bundesliga gespielt, ist Träger der Fritz-Walter-Medaille von 2011 und war U17-Nationalkapitän. Und Odisseas Vlachodimos wird über kurz oder lang Sven Ullreich ersetzen. Bei einem VfB-Abstieg definitiv in der 2. Liga, bei Klassenerhalt wahrscheinlich in einem offenen Torwartduell im Sommer."

Rückkehrer Rathgeb

Davor geht es aber trotzdem erst einmal gegen den HFC. Für die Partie prognostiziert Maisel in Bezug auf das Spielfeld das Schlimmste: "Der Platz ist die Hölle. Unten gefroren, oben zertreten von wöchentlichen Spielen (Stuttgart II und SG Sonnenhof-Großaspach). Kombinationen sind dort nur schwer möglich." Kapitän Tobias Rathgeb soll gegen die Gäste aus Halle sein Comeback feiern, während von den Profis wohl nur Rausch und Haggui auf dem Feld stehen werden. "Abdellaoue war lange verletzt. Nach zwei Spielen in vier Tagen, die er beide fast komplett auf dem Platz verbracht hat, wird er kaum ein drittes Spiel von Beginn an bestreiten."

Quelle MZ