HFC-Trainer Stefan Böger

„Die gesamte Mannschaft ist eine Baustelle“



Anton Fink (l.) trifft für Chemnitz zum 3:1. Marco Engelhardt ist zu weit weg und kann den Schuss nicht verhindern.

HFC-Trainer Stefan Böger kritisiert, dass noch nicht jeder Spieler seinen individuellen Teil in das Team einbringt. Sein aktuelles Ziel ist nun: Bis Weihnachten, die Mannschaft so zu stabilisieren, dass ein gesicherter Tabellenplatz erreicht wird.

Stefan Böger war einer der Ersten gestern auf dem Trainingsplatz. Mit prüfendem Blick sah sich der Cheftrainer des Fußball-Drittligisten Hallescher FC noch einmal den von ihm und seinen Assistenten bereits Stunden zuvor aufgebauten Stationsparcours an, den die Spieler am Nachmittag ein paar Mal würden durchlaufen müssen.

Danach übernahm Böger höchstpersönlich die Erwärmung und drehte vier Runden mit der Mannschaft um den Trainingsplatz im Erdgas Sportpark. Jede Übung sagte er an und demonstrierte sie auch. Der Trainer selbst bestimmte dabei die Tempowechsel, die so manchen Kicker das ein oder andere Mal aus dem Tritt brachten.

Genau das war auch das Stichwort, das auf die Mannschaftssitzung zuvor zutraf: Beim 1:3 am Sonntag in Chemnitz war der HFC unter Bögers Führung erstmals so richtig aus dem Tritt gekommen. Übergreifendes Thema des Trainers beim Team-Meeting: Verantwortung! „Jeder Spieler muss sich im Defensivverhalten dafür verantwortlich fühlen, gefährliche Situationen sofort zu entschärfen“, erklärte Böger seinen Spielern und machte das an einem ganz konkreten Beispiel fest. „Beim 1:2 sah Marco Engelhardt am Ende der Fehlerkette ganz dumm aus. Aber wenn unsere Stürmer Verantwortung übernommen und das Solo des Chemnitzers Alexander Nandzik gleich im Ansatz unterbunden hätten, wäre dieses Gegentor vermeidbar gewesen.“

Auf die Frage, an welchen Baustellen er nach seinen Erkenntnissen aus Chemnitz denn zuerst arbeiten müsse, um so einen Auftritt am Sonnabend gegen Fortuna Köln nicht noch einmal erleben zu müssen, meinte der Trainer: „Die gesamte Mannschaft ist eine Baustelle.“ Doch schon im nächsten Satz relativierte Böger. „Eigentlich ist Baustelle nicht das richtige Wort.“ Schließlich seien die Prioritäten in den gut sieben Wochen seit seinem Amtsantritt bei den Rot-Weißen andere gewesen. „Es war erfreulich, dass wir so erfolgreich punkten konnten, um uns aus der Abstiegszone zu befreien. Das war unser kurzfristiges Ziel. Nun gilt es bis Weihnachten, die Mannschaft so zu stabilisieren, dass wir einen gesicherten Tabellenplatz erreichen. Aber das wird nicht klappen, wenn nicht jeder einzelne Profi begreift, dass er dafür Wochenende für Wochenende ans Limit gehen muss“, sagt Böger.

25 Spieler beim Training

Für ihn ist das auch nicht das Problem einzelner Mannschaftsteile, sondern des individuellen Verhaltens jedes Einzelnen. „Egal, ob Stürmer, rechter Läufer oder linker Läufer und wer noch alles. Es muss in Fleisch und Blut übergehen, dass jeder dem Gegner überall auf dem Feld wehtun muss, wenn wir erfolgreich sein wollen“, sagt Böger.

Dafür kann er momentan aus einem ganz besonderen Fundus schöpfen. Gleich 25 Spieler hatte er am Dienstag auf dem Trainingsplatz um sich versammelt. Wenn man bedenkt, dass immer nur 18 Kicker für ein Drittligaspiel auf dem Protokoll stehen dürfen, ist das eine mehr als komfortable Situation für einen Drittligisten. Schließlich bedeutet das, dass sich pro Spiel gleich sieben Profis mit einem Sitzplatz auf der Tribüne anfreunden müssen. Die Sonderfälle des fast ausschließlich trainierenden Torwarts Pierre Kleinheider und des langzeitverletzten Patrick Mouaya einmal ausgenommen. Bögers Vorgänger Sven Köhler wird sich kaum erinnern können, wann ihm dieser Luxus während seiner Zeit beim Halleschen FC einmal vergönnt war.

Böger genießt diese Situation. „Ich bin froh, dass ich so viele Spieler zur Verfügung habe. Mit zwei kompletten Mannschaften trainieren zu können, ist optimal für einen Trainer. Deshalb muss ich an dieser Stelle einmal der gesamten medizinischen Abteilung ein Kompliment machen. Da wird ausgezeichnete Arbeit geleistet“, so der Cheftrainer.

Und wie zur Bestätigung von Bögers Einschätzung kam in diesem Moment Patrick Mouaya in Zivilkleidung auf den Übungsplatz und berichtete seinem Chef, welche Fortschritte er an diesem Tag auf die Speedcourt von Mannschaftsarzt Thomas Bartels gemacht hat. Bleiben Sperren und Verletzungen aus, stehen bald 26 Spieler auf dem Trainingsplatz.

Quelle: MZ