Wohin geht die Reise beim Halleschen FC?

Claus-Dieter Wollitz, Stefan Böger, Thomas Brdaric oder Tomislav Stipic – die Liste potentieller Köhler-Nachfolger beim Halleschen FC ist lang. Fakt ist: Der Neuzugang soll anders sein als sein Vorgänger. Sven Köhlers sportliche Kompetenz ist unbestritten. Doch gerade in Krisenzeiten sorgten seine öffentlichen Äußerungen oft für Kopfschütteln. Auch vereinsintern wurde er dafür immer wieder kritisiert. Zudem wirkte die Mannschaft in den letzten Monaten teilweise unkonzentriert, mitunter auch unmotiviert.

Nach einer beeindruckenden Serie im März und April stand der Klassenerhalt des Halleschen FC frühzeitig fest. Von den letzten sechs Punktspielen wurde dann nur noch eins gewonnen. Da mit dem Landespokalsieg auch das zweite Saisonziel erreicht wurde, geriet die Entwicklung zur Randnotiz. Für die Mentalität der Mannschaft spricht sie jedoch nicht. Im Vorstand wurde das kritisch zur Kenntnis genommen. In der neuen Saison zeigte sich das gleiche Bild.

Die Mannschaft - Motivation und Konzentration fehlen


Der Hallesche FC spielte selten schlecht. Aber in den entscheidenden Momenten fehlte immer wieder die Konzentration – oder der letzte Wille. Nach der Niederlage in Dresden erklärte Köhler: "Die Dresdner haben den Willen gezeigt, das Spiel noch zu gewinnen. Ich hätte mir von meiner Mannschaft gewünscht, dass sie mit der gleichen Leidenschaft verteidigt." Ein Satz, der im Präsidium die Alarmglocken schrillen ließ.

Die Spielverläufe gegen Dresden und Münster waren denkbar ungünstig für Sven Köhler. Doch neben seinen Aussagen wirkten auch seine Wechsel hilflos. Nun steht der Verein als 19. tief im Tabellenkeller. In zwei Wochen kommt mit dem VfB Stuttgart II der Letzte. Der Vergleich wird vereinsintern bereits als Schicksalsspiel gesehen – auch deshalb beschlossen die Verantwortlichen zu handeln.

Transfers: "Wir haben nur Mitläufer gekauft"

Offiziell hat man bis zum 18. September Zeit, einen neuen Trainer zu finden. Solange kann Interimstrainer Benjamin Duray, der nicht über die Fußball-Lehrer-Lizenz verfügt, die Mannschaft betreuen. Wahrscheinlich wird der neue Trainer aber noch in dieser Woche präsentiert. Schließlich soll er Zeit haben, die Mannschaft kennenzulernen. Der Neue soll ein Motivator sein, der das vorhandene Potenzial aus der Mannschaft herauskitzelt. Das gelang Sven Köhler zuletzt nicht mehr.

Ob die Mannschaft jedoch tatsächlich dieses Potential hat, scheint indes fraglich. Manager Ralph Kühne verteidigt die Qualität der Mannschaft. Dagegen erklärte Vize-Präsident Jörg Sitte am Sonnabend vor einer Handvoll Journalisten: "Wir haben nur Mitläufer verpflichtet." Die meisten Neuzugänge konnten die Erwartungen bisher nicht erfüllen. Einzig im Tor hat sich der Hallesche FC mit Fabian Bredlow verbessert. Lange war der Verein noch auf der Suche nach Verstärkungen. Da aber Trainer und Manager gemeinsam über Neuzugänge entscheiden, wurde die Suche nach Köhlers Rauswurf kurzerhand beendet.

Etat im oberen Mittelfeld der Liga

Die Transferpolitik ist eines der großen Probleme beim Halleschen FC. Im Sommer kassierte der Club einige Absagen – selbst von Spielern, die aus niedrigeren Ligen kamen. Vom Verein wird das immer wieder mit fehlenden finanziellen Mitteln begründet. Das ist offenbar aber nur die halbe Wahrheit. Der Etat für die Profis des Vereins liegt mit 3,4 Millionen Euro im oberen Mittelfeld der 3. Liga. Im Osten hat nur Dynamo Dresden wesentlich mehr zur Verfügung. Nach Informationen der Lausitzer Rundschau planen die Sachsen mit 3,8 Millionen Euro für ihre erste Mannschaft. Rostock, Cottbus und Chemnitz bewegen sich demnach in etwa auf einem Level mit dem HFC. Aue hat mit ca. 2,9 Millionen etwas weniger, Magdeburg und Erfurt rangieren mit ca. 2,4 Millionen am Ende der Rangliste. Trotzdem wechselte Tugay Uzan von Union Berlin II im Sommer lieber zu Rot-Weiß Erfurt. Ähnliche Beispiele gibt es genug.

Dem HFC blieb meist nur die zweite oder dritte Wahl. Dem Verein fehlt es also nicht primär an Geld, sondern eher an Verhandlungsgeschick und, so scheint es, an Netzwerk, um sich aus einem größeren Spielerpool bedienen zu können. Auch die Außendarstellung der Verantwortlichen könnte einen Einfluss auf die geringen Erfolge auf dem Transfermarkt haben. Vor allem der Umgang mit Spielern, die nicht mehr gewollt sind, dürfte sich auch bei anderen Mannschaften herumgesprochen haben. Jüngstes Beispiel war die Posse um Torhüter Pierre Kleinheider, bei der sich Spieler und Berater, aber auch Ralph Kühne nicht mit Ruhm bekleckerten.

Strukturelle Entwicklung - Huhn oder Ei?

Neben Außendarstellung und unglücklicher Transferpolitik hat der Hallesche FC auch strukturelle Probleme, die die 3. Liga alljährlich zum Überlebenskampf machen. Der Gesamtetat des Vereins bewegte sich in den vergangenen Jahren konstant bei 5,5 Millionen Euro. Von den Verantwortlichen wurde dies immer wieder als Ende der Fahnenstange bezeichnet. Zudem wurde mit einer wirtschaftlich schwierigen Region argumentiert. Im Gegenzug werden von außen immer wieder die wenig professionellen Strukturen im Vereinsumfeld moniert. Das Präsidium arbeitet ehrenamtlich. Manager Ralph Kühne ist erst seit einem halben Jahr fest beim Verein angestellt.

Auch in der Geschäftsstelle wird viel mit Herzblut und ehrenamtlichen Engagement gearbeitet. Die Zahl der festangestellten Mitarbeiter (6) ist für die Liga aber unterdurchschnittlich. Das Vereinsmarketing ist recht überschaubar, genau wie Aktivitäten bei der Mitgliedergewinnung. Nun ist es ein bisschen wie beim Huhn und dem Ei – was war eigentlich zuerst da? Kann sich der Verein strukturell nicht entwickeln, weil kein Geld für neue Mitarbeiter da ist. Oder fehlt die Wirtschaftskraft, weil es keine Strukturen gibt um zum Bespiel neue, überregionale Sponsoren zu akquirieren?

Diese Fragen wird der Hallesche FC für sich beantworten müssen, will er sich langfristig in der 3. Liga oder darüber hinaus etablieren. In den kommenden Wochen steht aber, wie so oft in den letzten Jahren, nur das Tagesgeschäft im Vordergrund. Denn zunächst braucht der Verein einen neuen Trainer, der es schafft, die Spieler zu motivieren – und dann einen Sieg im "Schicksalsspiel" gegen den VfB Stuttgart II. Und für den Rest der Saison geht es dann vermutlich "nur noch" um den Klassenerhalt.

Quelle: MDR