Kicker: „ Klopp plappert nach“

Leverkusens Geschäftsführer WOLFGANG HOLZHÄUSER (61) über Platz zwei, über den Titel und einen Satz des BVB-Trainers.


kicker: Kalle Rummenigge forderte am vergangenen Montag im kicker vom FC Bayern den Titel. Was fordern Sie?

Wolfgang Holzhäuser: Eigentlich müsste ich auch sagen: den Titel! Denn wenn man Zweiter geworden ist, muss man normalerweise mehr wollen. Für mich sind die Bayern Favorit Nr. 1, und auch Dortmund wird sicher die Euphorie aus dieser Saison mitnehmen. Aber wenn die schwächeln sollten – dann sind wir da. Das erwarte ich zumindest.

kicker: Jürgen Klopp sagte, es sei schwieriger, mit Hannover 96 Vierter zu werden als Zweiter mit Bayer. Hat er recht?

Holzhäuser: Da plappert der gute Jürgen Klopp eine der vielen Plattitüden seines Chefs Watzke in Richtung Bayer 04 nach. Natürlich ist die Leistung der Hannoveraner beachtlich. Aber solche Vergleiche sind unsinnig. Immerhin haben wir nach der Konsolidierung vor fünf Jahren zielstrebig auf die Champions League hingearbeitet – und das mit einer sehr jungen, talentierten Mannschaft. Und mit Erfolg. Aber ich glaube, dass er nicht die Arbeit von uns ins Abseits stellen, sondern vielmehr die sicher gute Arbeit in Hannover würdigen wollte.

kicker: Klopp sagt auch, der BVB sei weniger Titelverteidiger als Herausforderer des FC Bayern und Ihres Klubs. Stapelt er tief?

Holzhäuser: Mag sein, dass er Druck aufbauen will. Tatsache ist für mich, dass die Bayern ohne den „Vorlauf“ WM oder EM der große Favorit sind. Aber auch wir wollen ein Wörtchen bei der Titelvergabe mitreden. Und sollte die Borussia keinen so guten Lauf haben wie in diesem Jahr und die Bayern nicht so stark sein – dann sind wir da.

kicker: Rudi Völler erwartet vom neuen Trainer, dass er „noch ein bisschen mehr aus dem Kader herausholt“. Was erwarten Sie von Robin Dutt?

Holzhäuser: Ich habe meinem Sportdirektor nichts hinzuzufügen. Wo Rudi recht hat, hat er recht.

kicker: Können Sie verstehen, dass Bayer-Fans sauer sind, dass niemals ein Verantwortlicher sagt: „Wir wollen Meister werden!“?

Holzhäuser: Ich weiß nicht, ob die Fans deshalb sauer sind. Grundsätzlich gilt für mich, dass ich immer das höchste Ziel anstrebe – also Meister werden will. Natürlich wollen wir Meister werden – wenn die Bayern uns denn lassen.

kicker: Sie wollen Arturo Vidal halten, obwohl dessen Vertrag nur noch ein Jahr läuft und er 2012 ablösefrei gehen kann. Bestehen Chancen, ihn länger zu halten?

Holzhäuser: Ja, natürlich. Wir haben Arturo Vidal ein Angebot gemacht, das für unsere Verhältnisse außergewöhnlich ist. Er ist ja auch ein außergewöhnlicher Spieler. Aber er ist auch ein Spieler, der noch nicht sein ganzes Potenzial abgerufen hat. Bei uns könnte er sich noch weiterentwickeln. Das ist eine große Chance für ihn. Wir haben Arturo gesagt, er soll jetzt erst mal die Copa America spielen. Dann werden wir weitersehen.

kicker: Wie ist der Stand bei René Adler?

Holzhäuser: Mit René Adler sind wir auf einem positiven Weg. Vielleicht werden wir uns in den nächsten zwei, drei Wochen einig. Die von seinem Berater geforderten Summen sind natürlich utopisch. So ist das Geschäft eben. Aber ich denke, dass wir uns einigen werden.

kicker: Mit André Schürrle kommt ein Top-Offensivspieler. Wie froh sind Sie, ihn bereits so früh verpflichtet zu haben?

Holzhäuser: Sehr froh! Ich war schon immer stolz auf unsere Scouting-Abteilung. Zu Recht, wie sich jetzt wieder einmal gezeigt hat. Und André Schürrle hat in der gesamten Saison gezeigt, dass er sein Geld wert ist. Wahrscheinlich wäre er heute noch erheblich teurer.

kicker: Was erwarten Sie sich von Michael Ballack, der große Probleme mit Jupp Heynckes hatte?

Holzhäuser: Gerade für die Champions League brauchen wir international erfahrene Spieler, die Präsenz auf dem Platz zeigen. Ich bin sicher, dass Michael Ballack der Mannschaft noch mal einen Schub geben wird. Deswegen gehe ich auch davon aus, dass Robin Dutt sich die Chance Ballack nicht entgehen lässt.

kicker: Fünf Jahre – der lange Weg zurück in die Champions League. Sind Sie am Ziel angelangt?

Holzhäuser: Es verschafft mir schon innere Genugtuung, dass unser Plan, finanzielle Konsolidierung bei trotzdem kontinuierlich steigendem Erfolg, so aufgegangen ist. Wir sind auch sehr früh den Weg der „jungen Wilden“ gegangen – und waren dabei oft nah dran.

kicker: Anfang Juli steht die Verhandlung beim Schiedsgericht in der Sache 50+1 an. Sie waren an der Entstehung der Regelung stark beteiligt. Wie stehen Sie heute dazu?

Holzhäuser: Manchmal erschrecke ich über die offensichtliche Unwissenheit des einen oder anderen Protagonisten. Ein totaler Wegfall der Regelung war nach meiner Kenntnis vom Kollegen Kind nie angestrebt. Das wäre auch ein falsches Zeichen, weil die Regelung hat sicher Ihren Zweck erfüllt hat. Aber die Zeit ist nun mal weitergegangen. Es sollte ein Kompromiss möglich sein, der der DFL auch unterhalb der derzeitigen Grenze mehr Möglichkeiten der Steuerung im Sinne des Wettbewerbes gibt und andererseits den Vereinen mehr Spielraum. Jedenfalls sind mir 51 % kontrolliert lieber als 49 % unkontrolliert.

kicker: Die UEFA hat das „Financial Fair Play“ eingeführt. Ihre Meinung?

Holzhäuser: Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Auf der einen Seite ist es sicher zu begrüßen, dass die UEFA dieses verrückte Finanzgebaren im Sinne eines fairen Wettbewerbes in den Griff kriegen will, anderseits lässt mich das Gefühl nicht los, dass es nur darum geht, den ohne Zweifel vorhandenen Wettbewerbsvorteil der englischen Klubs auszuschalten. Das wäre dann zu kurz gedacht. Richtig ist, dass die Klubs nur das ausgeben sollen, was sie auch durch den Fußball verdienen. Das schließt dann aber nicht nur unkontrollierte Gelder von irgendwelchen Oligarchen, sondern auch andere direkte oder auch indirekte Hilfen von Dritten wie zum Beispiel Subventionen, Beihilfen, Bürgschaften, Steuervorteile etc. der öffentlichen Hand ein. Grundsätzlich stehe ich aber voll hinter der UEFA.

INTERVIEW: FRANK LUßEM

Quelle: kicker-Printausgabe vom 23.05.11