Bayer Leverkusen
Aufräumarbeiten

Bayer Leverkusen (RP). Dem Schock von Dresden folgt bei Bayer 04 die Aufarbeitung der gemachten Fehler – bei der Videoanalyse wie am Kopfball-Pendel. Robin Dutt wehrt sich gegen die Forderung nach hektischen Aktivitäten auf dem Transfermarkt.

Das Kopfball-Pendel schien schon auf dem Weg ins Museum. Ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Als deutsche Fußballer noch wie Hans-Peter Briegel daherwalzten, Gras fressen die Leitlinie der Sportler-Ernährung und der Libero die zentrale Figur in taktischen Überlegungen darstellten. In Leverkusen erlebte besagtes Pendel gestern eine überraschende Renaissance.

Auf Geheiß von Robin Dutt. Nachdem viele seiner Spieler bei der Pokalblamage in Dresden das Kopfballspiel eher als Wahl- denn als Pflichtfach belegt hatten, sah sich der Bayer-Trainer gestern Morgen zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme angeregt.

"Wir müssen das Kopfballspiel diskutieren", hatte Dutt unmittelbar nach dem Rätsel von Dresden angekündigt und damit drei Gegentoren nach hohen Bällen erwartungsgemäß Rechnung getragen. Lars Bender, Michal Kadlec und Ömer Toprak kamen in den Genuss dieser Übung.

Das Trio sowie Michael Ballack, Simon Rolfes, Stefan Kießling und Manuel Friedrich waren die einzigen, die zum Wochenstart an der frischen Luft trainierten, der Rest des Teams werkelte in den Trainingsräumen der BayArena. Nachdem die Emotionalität des Nachgangs der unfassbaren Ereignisse gewichen sei, gehe es nun "schon wieder sehr sachorientiert" an die Analyse heran, teilte Dutt mit. "Der Trainer ist der erste, der zur Sachlichkeit zurückkehren sollte." Erste Erkenntnis: Übernatürliche Erklärungsmuster werden ausgeschlossen. "Im Fußball lässt sich immer alles erklären", sagt Dutt.

Bei der Aufarbeitung der Minuten 63 bis 120 im Dresdner Dauerregen bestand Leverkusens Trainer nach eigener Aussage nicht auf alleinige Deutungshoheit. "Ich habe die Spieler zu Wort kommen lassen. Ihre Analysen haben sich aber nah an der orientiert, die ich auch hatte." Selbstkritisch seien sie, seine Spieler, sagt Dutt. Wobei er dieses Faktum nicht als besonders hervorhebenswert verstanden haben möchte. "Es gibt auch keine großen Chancen, nicht selbstkritisch zu sein nach so einer Leistung."

Die Floskel vom "Mund abputzen" machte gestern bei Bayer 04 die Runde. Wobei das Tuch in Standardgröße diesmal nicht ausreichen dürfte, um all das aufzufangen, womit man sich beim Auftritt am Samstag bekleckert hatte. Dabei bot die Werkself eine Stunde lang eine Augenweide für Fans einer flexiblen Interpretation des ballbesitzorientierten Fußballs, doch der mentale wie körperliche Eindruck danach machte Dutt brutal klar, dass das mit dem Scheitern und Leverkusen vielleicht doch keine Anekdote aus Opas Zeiten ist, mit der die heutigen Akteure nichts mehr zu tun haben.

Eine erste Entscheidung mit Blick auf den Bundesligstart in Mainz scheint der 46-Jährige bereits getroffen zu haben: David Yelldell bleibt wohl im Tor. Eine Maßnahme, die zumindest den restlichen Akteuren ein womöglich willkommenes Alibi nimmt. "Beim Torhüter anzufangen, würde bedeuten, das Pferd von der falschen Seite aufzuzäumen", sagt Dutt. Ob Bayer dennoch nach einer neuen Nummer eins Ausschau hält?

Einer von der Qualität René Adlers? Und was ist nach Dresden mit der Frage nach einem Innenverteidiger? "Ich glaube, man sollte sich in der Kaderplanung nicht aus der Emotion von Tagesereignissen leiten lassen", sagt Dutt. Im neuen Mainzer Stadion wird sich zeigen, ob seine Mannschaft es schafft, Dresden als Tagesereignis abtun zu können.

Immerhin wollte Dutt dem Nackenschlag auch eine gute Sache abgewinnen: "Das kann die Situation für unseren nächsten Gegner noch gefährlicher machen."

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