08.04.2015 | LEVERKUSEN
Aus der Traum – Tolle Werkself scheidet aus

Welch ein Kampf über 120 Minuten, welche leidenschaftliche Hingabe, welche unglaubliche Dramatik: Bayer 04 hat das Halbfinale im DFB-Pokal auf die knappste aller Möglichkeiten verpasst. Die Werkself unterlag dem FC Bayern München mit 3:5 im Elfmeterschießen, nachdem es in regulärer Spielzeit wie Verlängerung keine Treffer gegeben hatte. Ein verschossener Versuch von Josip Drmic entschied das Spiel der Nerven. Bayer 04 war dem Titelverteidiger nicht nur gleichwertig, sondern besaß sogar die Mehrzahl der Chancen.

„Das ist extrem bitter und wieder brutal, so zu verlieren. Wir hätten hier viel mehr verdient gehabt, aber haben es versäumt, in den 120 Minuten ein Tor zu erzielen“, sagte Torhüter Bernd Leno. Der Keeper war ebenso geknickt wie Rudi Völler. „Es war ein packender Pokalfight, unwahrscheinlich spannend, mit Chancen auf beiden Seiten. Wir haben jetzt das zweite Mal kurz hintereinander so verloren, auch wenn wir besser geschossen haben als in Madrid“, sagte der Sportchef. "Die Mannschaft hat alles gegeben und großartig gespielt. Ich bin mir sicher, dass wir für diese Leistungen noch belohnt werden in dieser Saison", sagte Roger Schmidt.

Der Trainer hatte seine Formation im Vergleich zum HSV-Spiel auf zwei Positionen verändert. Roberto Hilbert und Emir Spahic kehrten ins Team zurück, Tin Jedvaj und Kyriakos Papadopoulos saßen ebenso auf der Bank wie Hakan Calhanoglu. Die Bayern setzten wie schon zuletzt in Dortmund auf die drei Innenverteidiger Benatia, Boateng und Dante, flankiert von Rafinha und Bernat.

Die hohe Erwartungshaltung und Vorfreude des Publikums war förmlich mit Händen zu greifen, als Schiedsrichter Zwayer das prickelnde Duell eröffnete. Nach nicht mal zwei Minuten der erste flotte Vorstoß der Werkself: Geburtstagskind Karim Bellarabi, am Spieltag 25 geworden, spielte Doppelpass mit Gonzalo Castro und ging rechts durch, nach seiner Hereingabe bekam Julian Brandt den Ball aber nicht sauber zum Abschluss unter Kontrolle.

Bayer 04 dominierte den Beginn. Höchst aufmerksam in der Arbeit gegen den Ball, immer auf schnelles Umschalten aus, vor allem Wendell hatte da einige gute Szenen. Castro wurde von Lahm touchiert und zu Fall gebracht, der Elfmeterpfiff blieb aber aus (12.). Ein Kopfball von Kießling nach Flanke Hilbert flog deutlich über Neuers Kasten (16.). Die Hausherren so selbstbewusst und mutig, wie sich schon vor dem Spiel gegeben hatten, die Bayern hingegen fanden in den ersten halben Stunde offensiv überhaupt nicht statt.

Leno pariert sensationell

Und doch besaßen die Münchner auf einmal die Chance zur Führung. Nach einer Linksflanke von Bernat stand Müller völlig blank am rechten Fünfmetereck, aber Bernd Leno – bis dahin null gefordert – parierte sensationell (40.). Andreas Köpke, Torwarttrainer der Nationalmannschaft, dürfte diese überragende Aktion auf der Tribüne der BayArena registriert haben.

Den Schlusspunkt in der ersten Hälfte setzte noch mal die Werkself, doch Bellarabi knallte die Kugel nach Brandts Flanke volley drüber (45.). „Wir haben uns gut gehalten, ich bin sehr zufrieden mit dem Team“, sagte Bayer 04-Geschäftsführer Michael Schade zur Pause.

Gleich nach Wiederbeginn die nächste gefährliche Szene der Leverkusener, doch Brandt suchte nach einem Konter selbst den Abschluss und übersah dabei den rechts mitgelaufenen Hilbert (47.). Auf der Gegenseite strich ein Kopfball von Götze am Tor vorbei (52.). Kurz darauf musste Wendell nach einem Zusammenprall per Kopf mit Götze benommen auf der Bahre vom Platz, der Brasilianer kam nach kurzer Behandlungsphase aber wieder (56.).

Bellarabi mit Führung auf dem Fuß

Nach einem Kopfball von Lewandowski war der Ball zwar drin, doch Zwayer hatte zuvor einen Schubser des Polen gegen Toprak gesehen – diesmal Glück für die Werkself (60.). Das Spiel nahm jetzt zu an Intensität und knackigen Zweikämpfen. Und es gab Riesenchancen. Nach dem besten Angriff der gesamten Partie über Kießling und Brandt stand Bellarabi allein vor Neuer, scheiterte aber am exzellenten Welttorhüter. Und gleich im Gegenzug rettete Leno fantastisch gegen Lewandowski (65.).

Dann erneut die Chance für Bellarabi, doch dessen strammen Flachschuss entschärfte wieder Neuer (78.). Das Spiel hielt jetzt kaum noch einen auf den Sitzen. Kurz vor Schluss der regulären Spielzeit musste Spahic angeschlagen vom Feld, Papadopoulos kam rein (90.). Und die Werkself drehte wieder mächtig am Weiterkommen, doch nach Bellarabis scharfer Hereingabe brachte Rafinha soeben noch eine Fußspitze an den Ball und Brandt spitzelte ihn deshalb mit langem Bein knapp am Pfosten vorbei (90.+1). Den Kopfball von Bender parierte Neuer (90.+4). Abpfiff – es ging in die Verlängerung.

Kampf auf Biegen und Brechen

Die Bayern mit der ersten dicken Möglichkeit: Nach Rafinhas Flanke trifft Götze allein vor Leno nur das Außennetz (98.). Puh, das war ein Hochkaräter für die Gäste. Es blieb ein Kampf auf Biegen und Brechen mit zwei Kontrahenten, die sich nicht das Schwarze unterm Fingernagel gönnten – und doch absolut im Rahmen der Fairness agierten.

Brandt hat die letzte Chance

Alle agierten jetzt am Rand der Erschöpfung, jeder lief, was die Füße hergaben, der pure Wille war gefragt. Bernats Linksschuss wehrte Leno mit der Faust ab (114.). Der Knaller von Brandt nach Zuspiel von Drmic rauscht am kurzen Eck vorbei (118.). Wie in Madrid mussten auch hier die Elfmeter entscheiden. Auch Rudi Völler nahm auf dem Spielfeld Einfluss, der Sportchef redete auf Bernd Leno ein.

Das Spiel der Nerven fand vor der Nordtribüne statt. Thomas Müller eröffnete – 1:0. Dann Josip Drmic, Neuer hält. Lewandowski – 2:0. Jetzt wuchs der Druck auf Lars Bender, doch er trifft sicher und verkürzt – 1:2. Xabi Alonso – 3:1. Dann Gonzalo Castro – nur noch 2:3, wieder alles drin. Doch Götze erzielt das 4:2. Hakan Calhanoglu verkürzt noch mal auf 3:4. Doch Thiago verwandelt den Matchball vom Punkt – 5:3, das Aus für die Werkself, die große Ernüchterung in der BayArena.

Für Bayer 04 geht es in der Bundesliga am Samstag, 11. April, um 15.30 Uhr mit dem Spiel in der Coface-Arena beim FSV Mainz 05 weiter.


Die Statistik:

Bayer 04: Leno – Hilbert, Toprak, Spahic (90. Papadopoulos), Wendell – Bender, Rolfes (99. Calhanoglu) – Bellarabi, Castro, Brandt – Kießling (90.+4 Drmic)

Bayern München: Neuer – Benatia (34. Rode), Boateng (117. Badstuber), Dante – Rafinha, Lahm (68. Thiago), Xabi Alonso, Bernat – Müller, Lewandowski, Götze

Tore im Elfmeterschießen: Bender, Castro, Calhanoglu für Bayer 04 (Drmic verschoss); Müller, Lewandowski, Xabi Alonso, Götze und Thiago für München

Schiedsrichter: Zwayer (Berlin)

Gelbe Karten: Bender, Toprak, Papadopoulos, Jedvaj – Dante, Thiago

Zuschauer: 30.210

Quelle: Bayer04.de