Borussia hat einen guten Namen in England:
Zweimal im Halbfinale die Insel "erobert"


Am 5. April 1966 war die Geburtsstunde der "terrible twins", der schrecklichen Zwillinge, wie die britischen Zeitungen tags darauf fast ungläubig titelten. Was war geschehen? Borussia hatte an jenem regenverhangenen Abend beim damaligen Aushängeschild des englischen Fußballs, Westham United, im Halbfinal-Hinspiel des Europapokals der Pokalsieger einen 0:1-Rückstand durch ein Tor von Peters (52.) innerhalb von 100 Sekunden in der 86. und 87. Spielminute in einen 2:1-Sieg der Dortmunder umgewandelt.

Dafür verantwortlich waren Siegfried Held und Lothar "Emma" Emmerich. Diese kongeniale Sturm-Duo der Westfalen düpierte Englands Stolz zweimal, und zwar in gleicher Manier: Der blonde Sigi startete wie immer auf der linken Seite, zog unweigerlich einen Spurt an, den eigentlich nur Windhunde in dieser Geschwindigkeit zu laufen vermögen, in der Mitte lauerte "Emma", ein hungriger Stürmer mit einer mörderischen "linken Klebe", die jeden Fleischerhund vertrieben hätte. Dieses Mal rutschte er jeweils mit dem nassen Leder in die Maschen des Westham-Gehäuses.

Das Rückspiel (14.4.66 - 3:1) war nur noch Formsache, der Rest ist bekannt: Der BVB gewann im Glasgower Hampdenpark am 5. Mai 1966 durch einen 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen den ruhmreichen FC Liverpool.

31 Jahre später, am 24.4.1997, zog der BVB wieder in einem europäischen Semifinale in England eine Supershow ab. In Old Trafford, wo Manchester United zuhause ist, siegten die Schwarz-Gelben - nach dem 1:0-Hinspiel-Erfolg (9.4.97 - Tor durch Tretschok) durch einen frühen Treffer von Lars Ricken (8.) beim haushohen Favoriten und erreichten das UEFA-Champions-League-Finale, das am 28. Mai 1997 bekanntermaßen in München gegen Juventus Turin mit 3:1 gewonnen wurde.

Die Art und Weise, wie die Borussen sich dem unglaublichen Druck der Briten entgegenstemmten, zollte den Besuchern nach Ende der Partie "standing ovations" ab. Herausragender Akteur, der "Turm in der Schlacht", war Jürgen Kohler, dessen Einsatz bis kurz vor Spielbeginn fraglich gewesen war. Doch der "Kokser", ein gnadenloser Zerstörer, schmiss sich in jeden nur auf ihn zu kommenden Ball - selbst sein Hinterteil half, eine sichere ManUtd-Chance zunichte zu machen. So war im doppelten Sinne des Wortes für die mit Nationalspielern gespickte Elf von Sir Fergusson letztlich "der Arsch ab", das Finale verpasst. Borussia hatte sich großartig verkauft!

Es gab allerdings auch Auftritte gegen englische Mannschaften auf höchster europäischer Ebene, die nicht von Erfolg gekrönt waren. Am 17. Oktober 1956 kreuzten die Dortmunder erstmals im Landesmeister-Wettbewerb bei Manchester United auf. Die "Busby-Boys", eine Ansammlung junger Nationalspieler, waren in blendender Form, schraubten das Ergebnis schnell auf 3:0 hoch, und es sah so aus, als ob die Borussen ähnlich wie Standard Lüttich, der damalige belgische Meister, mit 0:10 untergehen würden. Aber weit gefehlt. Die Männer vom Borsigplatz krempelten in der zweiten Halbzeit die Ärmel hoch, kamen durch Adi Preißler und Helmut Kapitulski auf 2:3 heran und brachten den großen Favoriten mächtig ins Wanken.

Es blieb beim 2:3 - das Rückspiel in der Roten Erde endete 0:0, übrigens das erste Flutlicht-Heimspiel des BVB, notiert am 21. November 1956! Acht Jahre später gab es im damaligen Messepokal gegen Manchester City zwei böse "Klatschen": 1:6 am 11.11.64 und 0:4 dort am 2.12.64.

Partien gegen Engländer in der Neuzeit fanden bis dato zweimal in der 1. Gruppenphase der Champions League statt. In der Saison 2001/2002 spielte der BVB gegen Liverpool 0:0 (19.9.) und auswärts 0:2 (30.10.), in der Saison darauf verlor man bei Arsenal London 0:2 (17.9.), gewann dann aber daheim mit 2:1 (30.10.) durch Treffer von Gilberto (Eigentor) und Tomas Rosicky per Foulelfmeter.

Borussia hat einen guten Namen in England, denn die Schwarz-Gelben stehen für unbändigen Kampfeswillen, gepaart mit feiner Technik. Begründet wurde dies in der 50er Jahren, als die Westfalen zu zahlreichen Einladungen ihre stets beste Visitenkarte abgaben. Wie schrieb Kapitän Adi Preißler in den Vereinsnachrichten vom November 1957 so treffend: "Ich sehe solche Spiele als einen wertvollen Faktor zur Steigerung der Spiellust. Sie dienen außerdem der Steigerung der Anpassung der Spielstärke deutscher Mannschaften an das internationale Niveau."

bvb.de