Dortmund erlöst Sahin von Liverpool

Es kommt zu 99 Prozent, wie es kommen musste. Nuri Sahin (24) kehrt zu seinem alten Verein Borussia Dortmund zurück. Weil man ihn beim FC Liverpool hintergangen hat, weil Trainer Brendan Rogers ihn belogen hat, als er sagte: „Du wirst bei mir die Nummer sechs.“

Von wegen. Liverpool – das Spiel des Tabellenachten der englischen Premier League gleicht dem eines aufgescheuchten Hühnerhaufens – war ein großer Irrtum. Auch weil Rogers den besten Bundesligaspieler der Meistersaison 2010/2011 hin und herschob. Nach links, nach vorne, auf die 8, auf die 10 - überall hin, nur nicht auf die 6. Superstar Steven Gerrard soll auf Sahin eifersüchtig gewesen sein. Wenn Sahin spielte, bekam er kaum Bälle.

Inzwischen riss der Kontakt zu Ex-Trainer Jürgen Klopp nach Dortmund nicht ab. Bei ihm fand Sahin immer ein väterliches Ohr. Und auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte im Gespräch mit SPORT BILD, ein Wiedersehen andeutend: „Sahin fühlt sich nur wohl, wenn eine Mannschaft um ihn herum gebaut wird. Wenn er den anderen vertrauen kann. Er ist ein phantastischer Kerl, charakterlich eine Eins. Und ein Superfußballer.“

Den erhoffte sich auch Real Madrids Trainer José Mourinho, als er Sahin im Frühjahr 2011 persönlich überredete, für die festgeschriebene Ablösesumme von zehn Millionen nach Spanien zu wechseln. Aber gerade von einer leichten Knieverletzung genesen, verletzte sich der in Lüdenscheid aufgewachsene Türke erneut, konnte im Meisterjahr von Real Madrid den Rückstand nicht mehr aufholen.

Obwohl Arsenals Trainer Arsene Wenger lockte und auch Manchester Uniteds Trainer Alex Ferguson, riet Mourinho, Sahin fast freundschaftlich verbunden, er sollte zu Liverpool gehen, weil er mit Trainer Rogers bei Chelsea zusammengearbeitet hatte und weil der ein guter Trainer sei (mit Wenger und Ferguson war er verfeindet). Auch Reals Vizekapitän Xabi Alsonso riet Sahin zu Liverpool: „Ich habe von 2004 bis 2009 dort fünf wunderbare Jahre verbracht. Die Leute nehmen die Neuen sehr freundlich auf.“ Auch das war zwar gut gemeint, aber ein Irrtum.

Mourinho versprach Sahin, dass er mit der Spielpraxis aus der Premier League nach einem Jahr wieder zurückkommen darf. Liverpool übernahm sogar das volle Gehalt und noch eine hohe Leihgebühr, so scharf waren sie auf den Spielgestalter.

Sahin hatte an seinem letzten Tag in Madrid Tränen in den Augen, als die Mannschaft auf Geheiß von Iker Casillas in der Kabine aufstand und für ihn zum Abschied die Liverpool-Hymne sang: „You never walk alone.“ Sogar die Stimme von Mourinho – der Mann kann sogar singen – war deutlich hörbar. Und dann war Sahin doch sehr schnell allein.

In Dortmund herrscht auf Sahins Position mit Ilkay Gündogan, Sven Bender, Sebastian Kehl und Moritz Leitner mittlerweile ein Überangebot an Top-Spielern. Kommt Sahin noch dazu, würde Dortmund den Bayern trotz zwölf Punkten Rückstand in der Rückrunde doch noch gewaltig Widerstand leisten.

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