2:2 in Madrid - Borussia verpasst den Sieg um wenige
Sekunden - Reus und Götze zwei Mal mit der Führung


Borussia Dortmund bleibt in der "Todesgruppe D" der UEFA Champions League weiter ungeschlagen und hält Kurs Richtung Achtelfinale. Der Tabellenführer bestand am vierten Spieltag auch die Prüfung im Estadio Santiago Bernabeu und entführte beim 2:2 (2:1) gegen Real einen wertvollen Punkt aus Madrid. Die Madrilenen glichen erst in der 89. Minute aus, nachdem Reus und Götze Borussia zwei Mal in Führung gebracht hatten.

Etwa 75.000 Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Estadio Santiago Bernabeu trauten ihren Augen nicht. Mit Fußball wie aus dem Lehrbuch und Toren von Reus (28.) und Götze (45.) - oder war es ein Eigentor von Arbeloa? - lag Borussia zur Pause bei einem in der Entstehung irregulären Gegentreffer von Pepe (34.) zur Pause mit 2:1 vorn. Die Führung hielt bis zur 89. Minute - dann traf Özil per Freistoß.

Ausgangslage:
"Die Situation ist komfortabel, aber auch trügerisch", kommentierte BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball die Ausgangslage vor dem vierten Spieltag. Ein Sieg in Madrid würde die Schwarzgelben vorzeitig ins Achtelfinale bringen, jedes andere Ergebnis die Brisanz vor dem Auswärtsspiel am 21. November in Amsterdam erhöhen. Real hatte die letzten sieben Heimspiele in der Königsklasse allesamt gewonnen, der BVB wiederum keins der letzten vier Gastspiele für sich entscheiden können (Marseille, Piräus, London, Manchester; letzter Sieg im März 2003 in Mailand).

Personalien:
Real musste unter anderem auf Khedira und Benzema verzichten, die im Hinspiel noch dabei waren. Borussia begann in der Formation, die in Freiburg (2:0) und gegen Stuttgart (0:0) ohne Gegentor geblieben war und mit einer Änderung gegenüber dem Hinspiel (2:1): Gündogan spielte anstelle von Bender, der nach zweiwöchiger Verletzungspause aber wieder zum Kader zählte. Kehl konnte nach seinem am Samstag im Spiel gegen Stuttgart erlittenen Anbruch des Nasenbeins mit einer Spezialmaske spielen. Von den 20 Spielern, die mitgereist waren nach Madrid, mussten Kirch und Bittencourt auf die Tribüne.

Taktik:
Beide Mannschaften begegneten sich in identischer Grundordnung (4-2-3-1). Dortmund war darauf bedacht, die Flügelspieler di Maria und Ronaldo sowie Sturmspitze Higuain als Anspielstationen zuzudecken, störte früh und konsequent, betrieb dabei hohen Aufwand und schaltete nach Balleroberung blitzschnell um. Die Borussen verstanden es, das Spielfeld eng zu machen und beeindruckten die Spanier mit ihrem Spiel gegen den Ball.

Spielverlauf & Analyse:
"Für uns wird das die größte Herausforderung, der wir uns bislang stellen mussten", hatte Mats Hummels vor dem Spiel geäußert. Mit höchster Konzentration, mit Hingabe und mit mannschaftlicher Geschlossenheit stellten sich die Schwarzgelben dieser Aufgabe und spielten 45 Minuten lang den fast perfekten Fußball.

Nachdem Higuain nach 80 Sekunden und einem langen Ball aus dem Mittelfeld frei vor dem Tor von Weidenfeller auftauchte, der die Situation aber artistisch klären konnte, begegnete Borussia den hoch favorisierten Madrilen auf Augenhöhe und verstand es immer wieder, nicht nur für Entlastung zu sorgen, sondern auch Nadelstiche zu setzen.

Die Pfiffe des Heimpublikums waren die größtmögliche Form von Anerkennung, die sich Borussia erarbeitete, aber auch erspielte. Beispielsweise in der neunten Minute, als Reus den aufrückenden Schmelzer sah, den Ball genau in dessen Lauf legte, Schmelzer von halblinks in den Strafraum eindrang, Casillas per Fußabwehr klären konnte - und dies genau auf Lewandowski, der jedoch vom Elfmeterpunkt verzog.

Aus dem Fußball-Lehrbuch entsprang jener Angriff aus Minute 13: Nach einem abgewehrten Freistoß trieb Gündogan die Kugel nach vorne, passte auf den linken Flügel zu Götze, der Di Maria verlud, quer spielte auf Großkreutz, der aus 13 Metern halblinker Position jedoch an Casillas scheiterte.

In der Phase, als Real das Spiel etwas besser in den Griff zu bekommen schien, schlug Borussia zu: Piszczek spielte in Bedrängnis einen langen Ball auf Lewandowski, der mit dem Kopf in den Lauf von Reus verlängerte. Der ließ Arbeloa stehen und Casillas mit einem knallharten Schuss ins Torwarteck schlecht aussehen (28.). Zum ersten Mal an diesem Abend waren die 5.000 BVB-Fans aus dem Häuschen. Zum vierten Mal hintereinander ging Borussia gegen Real in Führung.

Real reagierte mit einem Doppelwechsel: Modric und Higuain blieben in der Kabine, Essien und Callejon kamen. Letzter überwand kurz nach Wiederbeginn auch Weidenfeller, doch die Fahne des Assistenten war zum Glück oben - Abseits.



Das war ein Vorgeschmack darauf, was kommen würde in dieser zweiten Halbzeit. Stürmische Attacken von Real rollten aufs Tor zu, Callejon verzog in Minute 48 knapp, und nicht immer gingen die Madrilen auf dem Rasen fair zur Sache.

Es entwickelte sich ein atemberaubendes Match. Di Maria, von Schmelzer im ersten Durchgang fast komplett zugedeckt, kam nun häufig gemeinsam mit Callejon über links, Ronaldo orientierte sich in die Spitze. Dieses "linke Spiel" von Mourinho trug Früchte, und Callejon war kaum zu packen, fand aber bei einer Großchance (aus dem nicht geahndeten Abseits kommend) in Minute 60 im wieder einmal glänzend aufgelegten Weidenfeller seinen Meister.

Danach aber konnte der BVB das Spiel wieder etwas beruhigen und sich auch mal aus der Umklammerung lösen. Um die Defensive zu stärken, kam kurz vor Anbruch der Schlussviertelstunde Bender für Reus ins Spiel. Der starke Gündogan wechselte eine Position weiter nach vorn. Wobei "vorn" relativ war, da sich das Geschehen doch zumeist in der Hälfte der Schwarzgelben abspielte, zumal für Außenverteidiger Arbeloa mit Kaka eine weitere Offensivkraft kam (77.). Weltklasse war Weidenfellers Parade gegen Ronaldo, nachdem Hummels den Ball zuvor an Kaka verloren hatte (79.).

Real schraubte die Torschussbilanz fünf Minuten vor dem Ende auf 17:8. Und bei Schuss Nummer 19 (Callejon) war auch Weidenfeller geschlagen, doch Großkreutz stand goldrichtig und klärte auf der Torlinie (86.). Powerplay in Bernabeu. Dann die 89. Minute. Freistoß aus 20 Metern für Real. Alle rechneten mit Ronaldo. Doch Özil trat an und hob den Ball über die Mauer an den rechten Innenpfosten - keine Chance für Weidenfeller. Bitter!

Wie schon beim 3:2 gegen ManCity hatte Real spät ausgeglichen - doch diesmal hätte der Gast beinahe noch einmal zugeschlagen, doch Perisic´ Kopfball ging knapp vorbei (90.+3).

Ausblick:
Am Samstag gastiert der BVB im Kampf um Bundesligapunkte beim FC Augsburg. Die Nicht-Nationalspieler haben dann ausnahmsweise keine "englische Woche", ehe es am 17. November mit einem Heimspiel gegen Greuther Fürth weitergeht.

bvb.de