Fredi Bobic

"Die Frage lautet: Wer ist sportlich unverzichtbar?"



Zusammen mit Präsident Gerd Mäuser plant Fredi Bobic im Trainingslager in Belek die Zukunft des VfB Stuttgart. Dabei geht es um Strukturen und um Finanzen. „Die ganz großen Verträge sind nicht mehr möglich“, sagt der Sportdirektor, der selbst verlängern will.

Herr Bobic, im Trainingslager ist Halbzeit. Ihr Zwischenfazit?
In der kurzen Phase im Winter ist es wichtig, dass wir optimale Bedingungen antreffen. Unser Hotel ist gut, der Trainingsplatz ist sehr gut, das Wetter passt bis auf das Unwetter am Wochenende auch. Schade ist nur, dass wir in Shinji Okazaki und Christian Gentner zwei verletzte Spieler haben. Aber das gehört eben auch dazu. Ich habe es noch nie erlebt, dass sich bei dieser hohen Belastung kein Spieler verletzt.


Am Montag kam Präsident Gerd Mäuser nach Belek. Werden Sie hier noch Ihren neuen Vertrag unterschreiben?
Wir werden Gespräche führen, einen ­Abschluss wird es hier aber nicht geben.

Was ist Ihnen in diesen Gesprächen besonders wichtig?
Wir werden alles besprechen, was die Mannschaft betrifft, was wir mit ihr vorhaben. Aber das sind Dinge, die intern bleiben.

Es ist ja kein Geheimnis: Wie immer geht es auch um die Finanzen.
Es gibt alle möglichen Kriterien, und da geht es auch um die Position des Sportdirektors. Um die Einflussnahme und um die finanziellen Möglichkeiten, die ich künftig haben werde.

Sie machen keinen Hehl daraus, dass Sie nicht zufrieden sind, wie es bisher läuft.
Als ich beim VfB antrat, war einiges aufzuarbeiten. Das eine oder andere Mal war ich überrascht, wie die finanzielle Lage sich ­dargestellt hat.

Das hat den VfB eher gehemmt als befördert?
Als Verein muss man sich immer weiter nach vorn orientieren. Auch der VfB muss sich ständig bewegen. Man kann in der Gesamtstruktur des Vereins immer wieder Dinge anschieben. Das betrifft die Lizenzspieler, aber auch die zweite Mannschaft, die Jugend oder auch den Scoutingbereich.

Das Scouting haben Sie bereits erweitert. Was soll in dem Bereich noch besser werden?
Ich hatte von Anfang an andere Vorstellungen, wie im Scouting gearbeitet werden soll. Da ist unser Weg noch nicht abgeschlossen, da müssen wir uns auch regional besser aufstellen. Schauen Sie, der FC Barcelona hat 26 Scouts, die nur für die Talentsuche in Katalonien zuständig sind. Nicht, dass wir uns mit Barça vergleichen wollen. Aber mit einem festen Scout, zwei Freien und einigen Trainern, die für uns in der Region scouten, ­müssen wir noch deutlich zulegen.

In André Weis, Antonio Rüdiger, Alexander Riemann, Raphael Holzhauser und Christoph Hemlein sind fünf Talente aus der U-23-Mannschaft in Belek dabei.
Und jeder lernt hier auf höchstem Niveau hinzu. Nehmen Sie Antonio Rüdiger. Er hat A-Junioren gespielt, dritte Liga, jetzt ist er bei den Profis dabei. Bei ihm sieht man die Entwicklungsschritte ganz deutlich. Aber ohne die erfahrenen Spieler geht es eben auch nicht.

Die dicken Verträge von Routiniers wie Khalid Boulahrouz, Pawel Pogrebnjak und Matthieu Delpierre laufen im Sommer aus. Wird sich der VfB von Ihnen trennen?
Jeder hat noch Chancen. Dass Verträge auslaufen, kann auch positiv für sie sein, weil sie sich dann mehr reinhängen. Wir beobachten alle ganz genau. Die Frage, die für uns entscheidend ist, lautet: Wer ist sportlich unverzichtbar? Und wie Sie sagen: Es klopfen ja schon einige junge Spieler an. Unabhängig davon ist aber klar: Die ganz großen Verträge sind künftig nicht mehr möglich. Aber wenn einer eine oder zwei Millionen Euro im Jahr verdient, geht es ihm auch noch gut.

Und wer sich nicht darauf einlässt?
Es kommt immer auf die sportliche Perspektive an. Die steht über allem anderen. Dazu kommt: Als Spieler muss ich brennen, da muss ich immer spielen wollen, das muss meine Motivation sein. Als ich in meiner aktiven Zeit von Borussia Dortmund zu Hannover 96 gewechselt bin, habe ich auch finanzielle Einbußen in Kauf genommen. Aber ich wollte Fußball spielen, nur darum geht es doch.

Das Transferfenster ist bis Ende Januar offen. Bedient sich der VfB noch irgendwo?
Da ist die Lage unverändert. Wir beobachten den Markt. Wenn wir meinen, ein Spieler passt ideal zu uns und ist bezahlbar, werden wir etwas unternehmen.

Die Spielerschwemme aus Brasilien und Argentinien ist abgeebbt. Ist das kein interessanter Markt mehr?
Für die Bundesliga trifft das sicher zu. In Brasilien bekommen die Spieler inzwischen Verträge, von denen sie in Deutschland nur träumen könnten. Da ist mit Blick auf die WM 2014 und Olympia 2016 ein Boom entstanden. Aber wir haben schon viele Booms ­gehabt, und dann hat es bum gemacht.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


Mummi [Linked Image]