Serdar Tasci

Der neue Kapitän setzt erste Akzente



Die beiden Szenen vom vergangenen Samstag lassen Serdar Tasci nur selten los. Immer wieder tauchen die Bilder von den Gegentoren beim 2:2 in Leverkusen vor seinem geistigen Auge auf. Beide Male war Tasci direkt beteiligt, einmal kam er unverschuldet in eine Notlage, einmal hat er sich ein wenig ungeschickt verhalten, und beide Male sah er nicht gut aus. Das ist, was hängen bleibt. Bei den Fans. Und bei Serdar Tasci (24) selbst. „Ich habe mir die Szenen immer wieder angeschaut und mir Gedanken gemacht“, sagt der Innenverteidiger der Roten.

Beim 0:1 konnte Simon Rolfes unbedrängt im Strafraum Maß nehmen – der wohl entscheidende Fehler. „Da standen wir nicht eng genug beim Mann“, sagt Tasci. Von Torwart Sven Ulreich prallte der Ball ab, Stefan Kießling bugsierte ihn vor Tasci über die Linie.

Vor dem 1:2 kam der Ball zu Lars Bender, Tasci orientierte sich zum Mann, es kam zu einem Körperkontakt, was Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer als Foulspiel wertete. Den Elfmeter verwandelte Simon Rolfes. „Den muss man nicht pfeifen“, sagt Serdar Tasci, „aber ich hätte mich in dieser Situation ­sicher cleverer anstellen können. Ich hätte nicht in den Zweikampf gehen müssen, sondern hinter Bender stehen bleiben können.“

Tasci sucht für sich noch den richtigen Weg

Hätte, wenn und aber. Es spricht für Tasci, dass er sich diese Gedanken macht und selbstkritisch mit seiner Leistung umgeht. Das hat er in den vergangenen Jahren auch getan. Als Kapitän steht er nun noch mehr in der Pflicht. Da reicht es nicht, die Spielführerbinde über den Platz zu tragen, bei der Seitenwahl anwesend zu sein und die Siegprämien mit dem Verein auszuhandeln. Kapitän ist mehr. In einem Wort: Verantwortung.

Die Frage ist nur: Wie füllt man diese Rolle am besten aus – am besten im Sinne der Mannschaft?

Serdar Tasci sucht für sich noch den richtigen Weg. Bitte, er ist ja erst seit Anfang Januar im Amt, als Nachfolger von Cacau, der den Langzeitverletzten Matthieu Delpierre vertreten hatte. Da muss er sich langsam vorantasten, die Möglichkeiten seines Amts ausloten. Seit sechs Jahren ist er jetzt Profi beimVfB. In dieser Zeit hat er sich von seinen Vorgängern Cacau, Delpierre, Thomas Hitzlsperger und Fernando Meira das eine oder andere abgeschaut. Am nachhaltigsten geprägt hat ihn Meira: „Er hat viel mit uns jungen Spielern gesprochen und uns Tipps gegeben. Das hat geholfen, um uns leichter in der Mannschaft zu akklimatisieren.“ Auch Tasci vertraut auf die Kraft des Wortes: „Wir reden viel miteinander, erst im Spielerrat, danach mit den Kollegen. Und wenn wir die Notwendigkeit sehen, trommeln wir die ganze Mannschaft zusammen und bereden alles im großen Rahmen.“

Eine Bewährungsprobe für VfB-Frontmann

So wie am vergangenen Freitag. Es war die erste große Amtshandlung des neuen Kapitäns Tasci, das erste sichtbare Zeichen nach außen. Vor dem Training setzte sich die Mannschaft zusammen, ohne Trainer Bruno Labbadia und ohne Manager Fredi Bobic. Es war kein konspiratives Treffen, die beiden wussten davon und hießen das Treffen auch gut. „Wir fordern ja, dass jeder mehr Verantwortung übernimmt“, sagt Bobic.

Natürlich ging es um die Standardsituationen, die zuletzt zu viele Gegentore zur Folge hatten. „Das war ein Riesenthema, auch in der Mannschaft“, sagt Tasci, „mir ist wichtig, dass möglichst jeder seine Meinung sagt.“ Am Ende stand die Erkenntnis, dass die sture Zuteilung auf Gegenspieler kein Allheilmittel ist, sondern auch der Raum verteidigt werden sollte. „In Leverkusen haben wir es geändert, und es ist aufgegangen“, sagt Tasci.

Es ging bei der Sitzung aber auch um die Art und Weise, wie der VfB sein Spiel anlegt. Zu Saisonbeginn hatte die Roten noch ausgezeichnet, dass sie in der Defensive kompakt standen, schnell nach vorn umschalteten und Konter setzten. Das hatten sie zuletzt vernachlässigt. Vielleicht auch, weil Bruno Labbadia zu sehr die spielerische Komponente betont hatte. „Wir waren in der Hinrunde schon weiter und hätten den nächsten Schritt in unserer Entwicklung gehen können“, sagte er. Die Mannschaft ist ihn nicht gegangen, sie war offensichtlich überfordert. „Vielleicht haben wir uns gegen Ende der Hinrunde zu sehr auf das spielerische Element verlassen“, bestätigt Tasci, „aber in den Köpfen war immer drin, dass uns eine gefestigte Defensive stark gemacht hat.“ Deshalb war es höchste Zeit für die Sitzung. „In Leverkusen sind wir wieder gut gestanden, haben wenig Lücken gehabt“, sagt Tasci und betont: „Den Trainer mussten wir davon nicht überzeugen. Das ist ja auch seine Spielphilosophie.“

Wie weit die Korrekturen tragen, werden die Spiele im DFB-Pokal gegen Bayern München am Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF, Sky) und in der Liga gegen Hertha BSC am Samstag (15.30 Uhr) zeigen. „Das ist eine wichtige Woche für uns, weil sie die Weichen stellen kann für den Rest der Saison“, sagt Tasci. Es ist eine Bewährungsprobe für die Mannschaft, aber auch für ihren Frontmann Serdar Tasci.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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